Der Prototyp der neuen Züge für die Strecke zwischen Dettenhausen und Böblingen ist fertig. Im Werk des Herstellers CAF im spanischen Saragossa hat sich eine Delegation vom Zweckverband Schönbuchbahn den Leichttriebwagen angeschaut.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Saragossa - Tobias Brenner ist am schnellsten: Der SPD-Kreisrat aus Herrenberg stellt sich als Erster auf die Position des Lokführers und lächelt selig. Aber Roland Bernhard holt ihn kurz danach ein. Zwei Daumen reckt der Böblinger Landrat in die Höhe und signalisiert durch die Frontscheibe der neuen Schönbuchbahn seine Begeisterung. Im Werk des Herstellers CAF in Saragossa wird der Zug behandelt, als wäre er ein Star. Alle Mitglieder einer Delegation vom Zweckverband der Verbindung zwischen Dettenhausen im Kreis Tübingen und Böblingen zücken ihre Handys für Selfies mit dem Prototypen. Wolfgang Lahl, der Bürgermeister von Weil im Schönbuch, lässt sich – ebenfalls recht selig lächelnd – von zwei Mitreisenden vor der Bahn ablichten.

 

Von der Planung zum Produkt

„Bislang waren es immer nur Pläne, jetzt kann man das Ergebnis sehen“, erklärt der Landrat die Inspektionsreise nach Spanien. Für die Schönbuchbahn hat der Zweckverband keinen Zug von der Stange gekauft, sondern ein eigenes Modell mit den Experten von CAF entwickelt. „Die Leichttriebwagen haben eine Pionierfunktion“, sagt Roland Bernhard. Denn sie sind eine Mischung aus einem Regionalzug und einer S-Bahn und wie für die Nebenstrecken geschaffen, die Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wiederbeleben will. Während ein Regionalzug einen langen Bremsweg hat, muss die Schönbuchbahn beispielsweise so schnell bremsen können wie eine Straßenbahn, gleichzeitig aber auch mit 100 Kilometern pro Stunde viel schneller fahren können.

Dass die dreigliedrigen Züge in Handarbeit hergestellt werden, sehen die Delegationsmitglieder in Saragossa. An Straßenbahnen für Utrecht und Oslo wird dort gerade auch gearbeitet. Aus Stahl entsteht der Rohkasten; das Dach, in dem später die gesamte Elektrik und Technik untergebracht wird, ist aus Aluminium gegossen. Neun Züge hat der Zweckverband für die Schönbuchbahn bestellt, einer kostet 5,6 Millionen Euro. Sie werden im zweiten Halbjahr 2021 ausgeliefert. Wenn sie auf der Schiene sind, übernimmt Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles, was CAF ausgeschrieben bedeutet, auch die Instandhaltung der Fahrzeuge. Und Roland Bernhard hat in Spanien schon eine Nachbestellung in Aussicht gestellt.

Waggons wirken einladend

„Nobel, richtig nobel“, schwärmt der Freie-Wähler-Kreisrat Wilfried Dölker, nachdem er den Innenraum begutachtet hat. Die Sitze sind extra breit, wie in der ersten Klasse, ihre Bezüge besonders strapazierfähig und leicht austauschbar. Bei den Türen hat es genug Raum für Fahrräder, es gibt keinen Wald aus Haltestangen. Die Waggons verfügen über 94 Sitzplätze und Platz für 212 Passagiere. Während der 23 Minuten dauernden Fahrt können sie sich ins WLAN einloggen oder ihr Telefon an einer der Steckdosen laden. „Die Bahn ist wirklich gelungen“, findet Bürgermeister Wolfgang Lahl. Er hofft nur, dass die Fahrgäste nach der langen Bauzeit dann wieder auf die Schienen zurückkehren.