Die AfD war am Wochenende nicht in Cannstatt. Ein dennoch geplanter Demonstrationszug gegen Rechts wurde von der Polizei mit großem Einsatz verhindert.

Samstagnachmittag in Bad Cannstatt. Von der Ecke Eisenbahnstraße/Bahnhofstraße klingt von einem Infostand Musik herüber. „Das ist ja nicht mal links, was ich sag. Wir sind ja nicht mal linksradikal“ skandiert der Rapper der Band Kafvka aus der Konserve. Zumindest sind die meisten, die sich um 15.30 Uhr rund um den Bahnhofsvorplatz aufhalten, entschieden gegen rechts.

 

Zwar findet der Landesparteitag der AfD nun doch nicht an diesem Wochenende statt, sondern in zwei Wochen und an der Messe, statt in Bad Cannstatt, die geplante Gegendemonstration des Stuttgarter Aktionsbündnisses gegen Rechts unter dem Motto „Cannstatt nazifrei! Klare Kante gegen Rechts!“, soll dennoch stattfinden. Man will feiern, dass die Partei-Veranstaltung verschoben werden musste und ein Zeichen der Solidarität setzen.

Polizei verliest Auflagen per Lautsprecher

Die Stimmung ist friedlich. Im Schatten steht ein gutes Dutzend Polizisten in voller Montur bereit. Man ahnt, dass im Hintergrund weitere Kollegen warten, aber nichts deutet auf Konfliktpotenzial hin. Die rund 200 Demonstrierenden lauschen den ersten Rednern. Der Weg zur Verlegung des Parteitags wird nachgezeichnet. Die Bedeutung des Protests für den Stadtteil hervorgehoben. Zum einen sei es wichtig, hier, wo besonders viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen, zum anderen sei es ein Erfolg, dass die AfD nun nicht in unmittelbarer Nähe zur Automobilindustrie tagen könne. Im Juni hatte die Partei die umstrittene Arbeitnehmervertretung Zentrum von ihrer Unvereinbarkeitsliste gestrichen. Sie suche die Nähe zur Industrie, so eine Rednerin.

Es folgt die Information, die Polizei habe Versammlungsleiterin Janka Kluge angezeigt, weil diese nicht die geltenden Auflagen verlesen habe, ehe die LKW-Bühne freigegeben wurde. Während des nächsten Redebeitrags verliest die Polizei die Auflagen selbst: über ihre Lautsprecher. In Fahrzeugnähe sind die Redner nicht mehr zu verstehen. Wenig später tritt Kluge ans Mikro und verliest die Auflagen ebenfalls: Keine Glasflaschen, Keine Pflastersteine zum Beschweren an Infoständen, die zulässige Dicke für Transparent-Stangen und Bannerlänge.

Polizei gibt den Weg zum Kurpark nicht frei

Laut Plan soll es im Anschluss durch die Stadt zum Kurpark gehen. Zu einer Abschlusskundgebungen und einem informellen Ausklang. Störungsfrei bildet sich ein Demonstrationszug vor der Frösnerstraße. Allerdings gibt die Polizei den Weg nicht frei. Beamte positionieren sich rund um die Demonstrierenden. Es heißt, wegen Verstößen gegen die Auflagen könne der Zug nicht starten. Seitenbanner überschritten die erlaubte Länge. Auch würden die Abstände zwischen den Transparenten nicht eingehalten.

Da die Menschen notgedrungen dicht beisammen stehen, sind die geforderten 1,20 Meter auch gar nicht möglich. Polizei und Demonstranten stehen sich gegenüber. Die Sonne brennt. Wiederholt werden über Lautsprecher die Auflagen verlesen. Im Bahnhof ist der Zugang zum Platz von der Polizei abgeriegelt.

Abschlusskundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz

Gegen 16.40 Uhr scheint es eine Einigung zu geben. Die beanstandeten Banner sind inzwischen teilweise eingerollt. Herbert Rau vom Deeskalationsteam der Polizei verkündet, man werde den Zug nun starten lassen und sehen, ob die Auflagen eingehalten würden. Stattdessen ziehen die Beamten im nächsten Moment ihre Helme auf. Verstärkung rückt an. Angeblich sind Vermummte entdeckt worden. Ein Zugriff erfolgt. Pfefferspray kommt zum Einsatz. Es wird geschlagen, ein Banner beschlagnahmt. Ein Demonstrant verhaftet. Dann geht das Warten weiter.

Schließlich machen die Veranstalter einen Rückzieher. Man werde die Abschlusskundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz abhalten. Von der Polizei eingekesselt ist das möglich. Gegen 17.30 Uhr dürfen die Versammelten mit zusammengerollten Transparenten und in kleinen Grüppchen durch die Polizeireihen abrücken.