Durch die Digitalisierung sind die Menschen besser erreichbar, schneller informiert und intensiver vernetzt. Dennoch fühlen sich viele Menschen von der digitalen Welt überfordert und gestresst. Warum das so ist und wie ein gesunder Umgang durch digitalen Detox funktioniert, zeigen wir Ihnen hier.

Inhalt:

Die Welt wird immer digitaler und spätestens seit der weltweiten Corona-Pandemie ist die Digitalisierung auch in den letzten Gesellschaftsbereichen angekommen. Allerdings finden immer mehr Menschen den Umgang mit digitalen Medien bedenklich. Das Hauptproblem ist dabei digitaler Stress und mangelnde Aufklärung.

 

Was ist digitaler Stress?

Unter Stress versteht man körperliche und psychische Reaktionen (1) auf äußere Belastungen. Digitaler Stress (auch Technostress genannt) bezeichnet dabei einen ungesunden Umgang mit digitalen Technologien, der Stresswahrnehmungen auslöst. Ständige Erreichbarkeit erhöht den Druck, schnell zu reagieren, und eine hohe Informationsflut erzeugt das Bedürfnis, mehr Informationen zu konsumieren als verarbeitet werden können. Gleichzeitig wird die Angst geschürt, etwas zu verpassen (Fear of missing out (2)).

Befragungen von Arbeitnehmern (3) zeigen, dass digitale Technologien das Stressniveau auch am Arbeitsplatz deutlich erhöhen. Ein Ergebnis einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung (4), zeigt allerdings, dass der digitale Stress vor allem in Unternehmen zu nimmt, deren Digitalisierungsgrad über der eigentlichen Kompetenz des Unternehmens liegen. Ist also der Arbeitgeber mit der Digitalisierung überfordert, ist es der Arbeitnehmer auch.

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Was ist Digital Detox und wie funktioniert es? (5 Gründe)

Digital Detox bedeutet nicht, dass man über mehrere Wochen komplett auf Smartphone, Laptop, Fernsehen und soziale Medien verzichtet, nur um danach seine Zeit wieder von morgens bis abends vor dem Handy und Rechner zu verbringen. Mit Digital Detox ist eher das neue Erlernen eines bewussten und gesunden Umgangs mit digitalen Medien gemeint. Dass ein achtsamer Umgang mit Smartphone, Laptop und sozialen Medien wichtig ist, hat nämlich Gründe:

1. Das Business hinter den digitalen Medien

Die Motivation der meisten digitalen Plattformen ist es, dass Nutzer so viel Zeit wie nur möglich auf ihnen verbringen. Klicks und Verweildauer sind dabei die Währung im digitalen Business und ganz oben steht deswegen das Wecken von Bedürfnissen und Emotionen bei den Nutzern. Nicht ohne Grund entsperren wir laut einer Studie der Universität Bonn am Tag etwa alle 18 Minuten das Handy. Bei so einem Verhalten fällt es schwer, sich einer Aufgabe voll zu widmen. Digital Detox ist deswegen vor allem auch für die eigene Produktivität hilfreich.

2. Stress nimmt individuell zu

Eine Studie der American Psychological Association (APA) zeigt, dass die Häufigkeit des Checkens des Handys sich auch direkt auf die Stresswahrnehmung auswirkt. Zwei Drittel der Befragten gaben sogar zu, dass Offline-Zeiten bzw. ein digitaler Detox wichtig für die mentale Gesundheit ist.

Allerdings sind Stresswahrnehmungen auf digitalen Medien individuell. Social-Media-Plattformen zum Beispiel sind zwar bekannt dafür, durch ihre Gestaltung Stress bei den Nutzern auszulösen, dennoch sind der Charakter des Nutzers und die konsumierten Inhalte entscheidend für die ausgelöste Stresswahrnehmung und weniger die Plattform selbst. Das Ergebnis einer Studie des PEW Research Centers war zum Beispiel, dass vor allem stressvolle Ereignisse auf Social Media in Kombination mit mitfühlenden Nutzern die Stresswahrnehmung erhöhen. Wer Social Media ausschließlich zur Kommunikation mit Freunden benutzt, auf den kann die Nutzung sogar beruhigend wirken. Für ein richtiges digitales Detoxen ist also der eigene Charakter und die eigene individuelle Nutzung der digitalen Medien ausschlaggebend.

3. Die Konzentration nimmt ab

Das Internet verleitet allgemein dazu, sich nicht mehr so gut auf eine Sache konzentrieren zu können, da die äußeren Reize im Netz immer verlockender werden. Ein Ergebnis der Metastudie "The online brain" der World Psychiatric Association ist, dass sich das sogar in der Offline-Welt mit einer kürzeren Aufmerksamkeit bemerkbar macht.

4. Informationen werden schlechter verarbeitet

Das Gedächtnis leidet: Wenn das Gehirn keine Pausen zwischen den vielen neuen Informationen hat, können diese schlechter verarbeitet werden. Studien (5) zeigen außerdem, dass Menschen durch den vereinfachten Zugang zu nahezu allen Informationen, sich weniger die Informationen selbst merken, als wo sie diese wiederfinden.

5. Stresskreislauf - Technostress macht süchtig

Die digitalen Plattformen befeuern mit Likes, Kommentaren und Push-Nachrichten das Belohnungssystem und digitale Inhalte versuchen in der unübersichtlichen Masse durch das Auslösen von Emotionen herauszustechen, um geklickt zu werden. Das alles erzeugt Stress, der sogar süchtig macht. Eine Untersuchung des Stressverhaltens unter 444 Facebook-Nutzern (6) hat zum Beispiel gezeigt, dass, je stressvoller die Nutzung der Plattform für die Nutzer ist, desto eher wechseln diese nur zu einem anderen Feature der Plattform, statt die Plattform zu schließen oder offline zu gehen. Digital Detox mit bewussten Offline-Zeiten wird dann allerdings immer wichtiger.

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10 Tipps für den Digital Detox

Man muss sich nicht gleich rastlos, gestresst und überfordert fühlen, um eine digitale Entgiftung zu machen. Auch um herauszufinden, wie (un)gesund der eigene Umgang mit digitalen Medien ist, können Offline-Zeiten und ein achtsamer Umgang neue und spannende Erkenntnisse über das eigene Verhalten bringen. Die folgenden 10 Tipps verhelfen zu einer gesünderen Handhabung der digitalen Welt.

1. Achtsamkeit - Routinen erkennen

Achtsamkeit bei der eigenen Nutzung von digitalen Medien ist der erste Schritt, um zu erkennen, welche Mechanismen das eigene Verhalten hat. Wann und wie oft benutzen Sie Smartphone und Co? Wie beginnen und beenden Sie Ihren Tag? Wie oft schauen Sie in Ihr Postfach, aufs Handy oder in Apps und warum? Wie konsumieren Sie Informationen? Lesen Sie ganze Artikel oder "scannen" Sie diese nur nach relevanten Informationen? Wenn Sie sich bei der gewohnten Nutzung Ihrer digitalen Medien regelmäßig fragen "Warum mache ich das?", dann werden Sie mit der Zeit ein immer besseres Gespür dafür bekommen, was für Sie gesund ist und was nicht. Mit Achtsamkeit lassen sich auch sehr gut ungesunde Routinen erkennen. In vielen Situationen ist der Blick auf das Handy zum Beispiel eher ein Reflex, als eine Notwendigkeit.

2. Handyfreie Räume

Handyfreie Bereiche in der Wohnung sind ein guter Schritt beim digitalen Detox, um mehr Offline-Zeit zu etablieren. Am besten geeignet sind dabei das Schlafzimmer und der Esstisch. Damit sich das Smartphone nicht in das Schlafzimmer einschleicht, können Sie sich auch einen analogen Wecker anschaffen und beim Essen sollten Sie das Handy am besten gar nicht erst bei sich tragen. So profitieren dann auch die Schlafqualität und die Beziehungen.

3. Analoge Zeiten einplanen

Ein oder zwei Stunden ohne "digitalen Lärm", zum Beispiel vor dem Zubettgehen, nach der Arbeit oder nach dem Aufstehen, helfen besser abzuschalten und in einen anderen Tagesabschnitt zu kommen. Entspannen Sie in der Zeit und lesen Sie ein Buch, gehen Sie spazieren oder machen Sie Sport. Sie können auch einen ganzen Offline-Tag planen und den Tag mit der Familie oder Freunden verbringen.

4. Nicht sofort auf Nachrichten reagieren

Für viele Menschen ist vor allem die ständige Erreichbarkeit ein Problem, da sich dadurch der Druck aufbaut, schnell auf Nachrichten reagieren müssen. Laut einer Studie der LMU-München erwarten sogar 57 Prozent der Handynutzer eine Reaktion auf Nachrichten innerhalb weniger Minuten.

Wenn Sie allerdings immer sofort auf Nachrichten antworten, erwarten die Leute das auch in Zukunft von Ihnen. Das erzeugt dann noch einmal zusätzlichen Druck. Lesen Sie E-Mails nur einmal am Tag und passen Sie die Einstellungen an Ihrem Handy an, indem Sie die Benachrichtigungen für neue Nachrichten ausschalten. Zusätzlich können Sie auch die Lesebestätigungen deaktivieren, das senkt die Erwartungen der anderen und verringert den Druck zu antworten zusätzlich.

Lassen Sie es drauf ankommen und wenn Sie immer noch merken, dass die Erwartungen für Ihre Reaktionszeit auf Nachrichten von anderen zu hoch ist, sollten Sie das Thema ansprechen. Niemand muss ständig erreichbar sein. Freunde, Familie und Kollegen werden das verstehen.

5. Nachrichten ausschalten

Automatisierte Nachrichten trudeln aus allen Ecken der digitalen Welt in die Postfächer und auf die Handybildschirme. Für den digitalen Detox sollten Sie alle Verteiler und Nachrichtenarten Ihrer Geräte überdenken. Brauchen Sie wirklich eine Nachricht, wenn ein Bekannter seit langem wieder ein Bild postet? Wollen Sie wirklich alle Newsletter in Ihrem Postfach bekommen? Wie sieht es mit den Push-Nachrichten in Ihrem Browser aus? Hinterfragen Sie alle Nachrichten und roten Punkte auf Ihrem Handy. Oft sind solche Nachrichten-Einstellungen versteckt. Nehmen Sie sich die Zeit, Sie werden sehen, wieviel Ruhe so auf Ihren Geräten einkehrt.

6. Weniger Apps und mehr Browser

Es gibt für alles eine App, allerdings sind Apps allgemein sehr aufdringlich mit Nachrichten und Erinnerungen. Wenn Ihre Apps zu viel Aufmerksamkeit von Ihnen fordern, können Sie diese auch deinstallieren und auf die Browser-Alternativen zurückgreifen. Weniger Apps bedeuten gleich mehr Ruhe.

7. Flugmodus oder Ausschalten

Das Handy in den Flugmodus zu stellen oder ganz auszuschalten ist natürlich die effektivste Möglichkeit, um Offline-Zeiten zu etablieren und einzuhalten. Wem es besonders schwerfällt, das Handy aus der Hand zu legen, der kann sich mit dieser zusätzlichen Hürde gut selbst austricksen.

8. Digital-Detox-Apps

Wem die Achtsamkeit beim Umgang mit den digitalen Medien schwerfällt, der kann auch mit Apps den Digital Detox vereinfachen. Die Funktionen „Bildschirmzeit“ im iPhone oder „Digitales Wohlbefinden“ auf Android-Geräten zeichnen auf, wie häufig das Smartphone und die einzelnen Apps genutzt werden. Am Ende gibt es einen Tages- oder Wochenbericht, an dem man sich gut orientieren und seine Nutzung für die Zukunft besser anpassen kann. Zusätzlich können Sie auch die maximale Nutzungsdauer der einzelnen Apps pro Tag einstellen. Wenn Sie die Apps dann länger verwenden, werden Sie darauf hingewiesen. Viele Geräte besitzen auch einen Konzentrationsmodus, wodurch sich die Nutzung des Handys einschränken lässt.

9. Smartphone und Laptop aufräumen

Für weniger Ablenkung sollten Sie Ihre digitalen Geräte aufräumen. Apps und Programme, die schnell ablenken, können Sie in Unterordner packen. Räumen Sie zusätzlich auch Ihren Desktop und Ihre Lesezeichen auf. Je mehr Klicks auf dem Weg zur Ablenkung auf Sie warten, desto größer wird die Hürde für die Ablenkung selbst.

10. Die richtigen Alternativen finden

Überlegen Sie sich für Ihre Offline-Zeiten vor allem auch Alternativen, die Ihnen guttun und Spaß machen. Wenn die Offline-Zeiten angenehm sind, ist auch das Verlangen nach digitaler Bespaßung beim digitalen detoxen geringer. Was machen Sie sonst noch gerne? Tun Sie sich etwas Gutes, Sie haben es sich verdient!

Fazit - Bewusst digital sein

Keine Innovation brachte so viel Veränderung in so kurzer Zeit wie die Digitalisierung. Vernetzung, Automatisierung und immer besser werdende Algorithmen bringen zahlreiche Vorteile für den Alltag der Nutzer. Digitale Medien können das Leben positiv beeinflussen, wenn man sie richtig verwendet. Digital Detox hilft Menschen bei einem gesunden Umgang mit Technologie, indem man ungesunde Muster bei der Nutzung digitaler Medien besser erkennt und durch gesunde Angewohnheiten ersetzt.