In Bad Cannstatt soll eine Umweltspur für Busse und Radfahrende eingerichtet werden. Dafür fällt eine Autospur weg. Ob der Verkehrsversuch noch 2024 kommt, ist aber ungewiss.
Der knapp 100 Meter lange Tunnel zwischen der Kreuzung Mercedesstraße und dem Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt ist ein Nadelöhr und seit Jahren ein ungelöstes Problem für Stadt- und Verkehrsplaner. Autofahrer kriechen stadtauswärts im Schneckentempo im abendlichen Berufsverkehr durch die finstere Röhre. In dem Stau bleiben natürlich auch die Busse der Stuttgarter Straßenbahnen AG stecken. Berühmtestes „Opfer“ war der Expressbus X 1, der fast fünf Jahre lang zwischen Bad Cannstatt und der City pendelte und in der Röhre regelmäßig stecken blieb. Doch auch für Radfahrer und Passanten ist viel zu wenig Platz auf dem schmalen Gehweg.
Mehrheit für Umweltspur
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat im Mai dieses Jahres mehrheitlich beschlossen, dies zu ändern. Eine Kfz-Spur stadtauswärts soll zu einer sogenannten Umweltspur für SSB-Busse und Fahrradfahrer umgewandelt werden, allerdings zunächst nur als Verkehrsversuch. Laut Verkehrsplaner Andreas Hemmerich soll nach einem Jahr Bilanz gezogen werden. Neben einer Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs soll auch die Sicherheit für Radfahrer in diesem Bereich erhöht werden. Knapp 20 Unfälle wurden an der Einmündung Kleemannstraße/König-Karl-Straße in den letzten fünf Jahren registriert.
Die Umweltspur sollte noch – ohne bauliche Maßnahmen und nur mit Beschilderung und Fahrbahnmarkierungen – in diesem Jahr umgesetzt werden. „Das Tiefbauamt ist dabei, den Verkehrsversuch in den kommenden Monaten einzurichten“, sagt Stadtsprecher Oliver Hillinger. Doch die Umsetzung habe sich durch die Koordination mit anderen Baustellen verzögert, sodass eine Realisierung auch erst im Frühjahr 2025 möglich sein könnte. „Der genaue Starttermin ist von derzeit laufenden und anstehenden Baumaßnahmen im Umfeld sowie der Witterung abhängig“, so Oliver Hillinger. An den Plänen selbst habe sich nichts geändert.
CDU übt Kritik an Umweltspur
Der Verkehrsversuch stößt auf große Ablehnung seitens des bürgerliche Lagers im Gemeinderat. Vor allem die CDU prognostiziert einen „Verkehrsinfarkt“ für Bad Cannstatt und hält vor allem auch den Zeitpunkt für den Verkehrsversuch für falsch. „Wir wissen noch gar nicht, wie viele Fahrzeuge täglich vom Rosensteintunnel über die neue Rampe und die König-Karls-Brücke in Richtung Wilhelmsplatz fahren“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Beate Bulle-Schmid. Für die Cannstatter Stadträtin steht fest, dass durch die Wegnahme einer Kfz-Spur aus „einem Flaschenhals ein Nadelöhr“ werde und enorme Rückstaus zu chaotischen Zuständen auf der Kreuzung König-Karl-/Mercedesstraße führen werden.
Radverkehr stärken
Die Stadt werde die Verkehrsentwicklung in diesem Abschnitt natürlich beobachten und gegebenenfalls reagieren, so Verkehrsplaner Hemmerich. Allerdings habe die Stadt schon das Ziel, die Hauptradroute 1 zwischen dem Mineralbad Leuze und Fellbach stadtein- und stadtauswärts zu einer Radschnellverbindung auszubauen. Unter anderem soll bereits im kommenden Jahr der Radweg auf der König-Karls-Brücke verbreitert werden.