Eine rechtspopulistisch ausgerichtete Veranstaltung soll Anfang September in der Stuttgarter Liederhalle stattfinden. Kann die Stadt diesen sogenannten Bürgergipfel untersagen?

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Dieser Tage ist bekannt geworden, dass am 7. September eine Versammlung rechtspopulistischer Akteure in der Liederhalle einen „Bürgergipfel“ veranstalten will. Mit dabei sind unter anderem die Ex-AfD-Chefin Frauke Petry, der rechtspopulistische Publizist Roland Tichy und der Jurist Ulrich Vosgerau, der beim Potsdamer Geheimtreffen im Herbst 2023 dabeigewesen sein soll.

 

Die Veranstaltung verspricht den Teilnehmenden „Weniger Politik. Weniger Ideologie. Weniger Kollektivismus. Mehr Vernunft. Mehr Verantwortung. Mehr Freiheit.“ Wessen Freiheit und Verantwortung gemeint ist, bleibt freilich offen. Es soll eine Möglichkeit geben, dass alle kollektiv ein Abschlussstatement erarbeiten – den Teilnehmenden wird eine Mitbestimmung daran in Aussicht gestellt. Wer dabei sein will, muss sich das etwas kosten lassen: Der Eintritt kostet 150 Euro.

Die Fraktion Linke/SÖS fordert: „Keine Räume für Rechtsextreme!“

Das Treffen ist offenbar schon seit längerem geplant und bei der Stadt die Halle dafür gebucht. „Aber wir haben erst vergangene Woche davon erfahren“, sagt der Linken-Stadtrat Luigi Pantisano. Die Fraktion Linke/SÖS hat nun einen Antrag unter der Überschrift „Keine Räume für Rechtsextreme, rechte Medienmacher und Klimawandelleugner! „Bürgergipfel“ in der Liederhalle absagen!“ an die Verwaltung gestellt. Darin fordern die Kommunalpolitikerinnen und -Politiker im Stuttgarter Gemeinderat nicht nur, dass man den Vertrag mit der Agentur Gorus Media, die den „Gipfel“ angemeldet hat, kündigen soll. „Es kann nicht sein, dass Veranstaltungen, bei denen Personen sprechen, die teils tief in rechtsextreme Strukturen verstrickt sind, von der Kommune Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommen“, heißt es in dem Antrag.

Bei der ersten Anfrage waren Rednerinnen und Redner noch nicht genannt

Die Fraktion Linke/SÖS will auch, dass die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart künftig keine Räume mehr an besagte Gruppen vermieten soll. Außerdem solle eine Zusage für eine Raumbuchung künftig erst erteilt werden, wenn klar sei, was sich dahinter verberge. Der Hintergrund der dritten Forderung: Bei der ersten Anfrage hatte die Gorus Media offenbar noch keine Rednerliste oder ein Konzept der inhaltlichen Ausrichtung des sogenannten Bürgergipfels eingereicht. Das habe man erst im Juli erfahren, sagt Jörg Klopfer, der Sprecher der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart.

Die Zusage der Vermietung sei „kein Gütesiegel“ der Stadt“, sagt deren Sprecher Harald Knitter – sprich die Vermietung bedeute nicht, dass man mit den Inhalten einverstanden sei. Aber es sei eben nicht möglich, die Veranstaltung zu verbieten. „Solange die Veranstaltung nicht gegen geltendes Recht verstößt oder zu befürchten ist, dass dort Straftaten begangen werden“, könne die Stadt die Versammlung in der Halle nicht untersagen. Man sei im Austausch mit den Polizeibehörden gewesen, um das zu klären. Für ein Verbot reiche es auch nicht aus, dass jemand oder eine Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Erst, wenn die Organisation mit einem Verbot belegt sei, könnte man die Vermietung verhindern.

Luigi Pantisano und seine Mitstreitenden haben dafür kein Verständnis. „Die Stadt kann ein Zeichen setzen und sagen, das wollen wir nicht in der Mitte unserer Stadt“, meint er. Sonst seien die ganzen Erklärungen gegen Extremismus nichts wert. „Hier sind Tausende gegen Rechts auf die Straße gegangen“, fügt der Stadtrat hinzu. Zum Anlass einer Absage könnte man nehmen, dass die Veranstaltenden nicht transparent agiert hätten: „Sie haben am Anfang nicht gesagt, wer alles kommt.“ Die Argumente, es gebe keine Gründe für eine Kündigung, lässt er nicht gelten: „Man kann auch für Werte eintreten mit so einer Entscheidung“, sagt der Linken-Politiker.

Noch sind keine Demos gegen den „Bürgergipfel“ angemeldet

Er befürchtet, das Organisationen wie die des Bürgergipfels austesten, in welchen Städten sie mit ihren Veranstaltungen auftreten können. Und gibt für das Auftauchen in Stuttgart dem Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) eine Mitverantwortung: Mit manchen Aussagen zur Migration signalisiere der Rathauschef, dass es in Stuttgart einen Boden für rechtes Gedankengut gebe, so Pantisano.

Neben dem Linksbündnis im Gemeinderat hat auch „Stuttgart gegen Rechts“ sich schon wegen der Veranstaltung gewandt. Noch nichts gehört hat man hingegen vom Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart (AABS), das üblicherweise vor Veranstaltungen aus dem politisch rechten Spektrum zu Protesten aufruft. Aktuell seien noch keine Demos angemeldet, heißt es von der Stadt.