Am 1. Januar ist das neue Bürgergeld eingeführt worden. Es ersetzt Hartz IV und das Sozialgeld. Sozialverbände gehen die bisherigen Erhöhungen der Regelsätze nicht weit genug. Sie fordern deutlich mehr Geld für Hilfsbedürftige..

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Am 1. Januar ist das neue Bürgergeld in Kraft getreten. Die Sätze sind gegenüber den bisherigen Sozialleistungen um rund 50 Euro gestiegen. Nach Plänen der Bundesregierung soll künftig die zu erwartende Preisentwicklung zeitnäher in die Berechnung der Grundsicherung einfließen.

 

Sozialverbänden gehen diese Pläne nicht weit genug. Sie fordern angesichts der hohen Inflation baldige und noch stärkere Erhöhungen der Regelsätze.

Wer fordert eine Erhöhung des Bürgergeldes?

Für den Paritätischen Wohlfahrtsverband ist das Bürgergeld „deutlich zu niedrig“. Der Verband fordert einen „armutsfesten Regelsatz“. Die Leistungen müssten auf mindestens 725 Euro angehoben werden, „um wirksam vor Armut zu schützen“. Aufgrund der stark gestiegenen Preise, insbesondere für Lebensmittel, könne der Lebensunterhalt mit dem derzeitigen Regelsatz von 502 Euro nicht mehr bestritten werden.

Gibt es weitere Forderungen?

Eine weitere „notwendige Maßnahme“ sei das „Herausnehmen der Kosten für den Haushaltsstrom aus dem Regelsatz“, so der Paritätische Wohlfahrtsverband weiter. Er sollte aufgrund des „inflationären Anstiegs der Strompreise“ zu den Kosten der Unterkunft hinzugerechnet werden.

Der Wohlfahrtsverband „mahnt die Politik zur Eile“. Angesichts der „Notlage der Betroffenen sei keine Zeit zu verlieren“. Mit der Einführung des Bürgergelds habe sich für Betroffene nicht viel im Alltag verändert, argumentieren die Sozialverbände. „Ein grundlegender Bruch mit Hartz IV ist nicht vollzogen worden“, sagt Ulrich Schneider Hauptgeschäftsführer vom Paritätischen Gesamtverband.

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Plant die Bundesregierung für 2024 eine Erhöhung der Regelsätze?

Das steht noch nicht endgültig fest. Im aktuellen 14. Existenzminimumbericht wird angesichts der Preisentwicklung für 2024 eine weitere Erhöhung der Regelsätze beim Bürgergeld vorgeschlagen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist allerdings gegen eine weitere Erhöhung der Sozialausgaben – so etwa gegen höhere Familienleistungen im Zuge der geplanten Kindergrundsicherung.

Welche Berechnungen stellt der 14. Existenzminimumbericht an?

Der Existenzminimumbericht wird alle zwei Jahre vom Statistischen Bundesamt in Deutschland erstellt und wurde am 2. November 2022 vom Bundeskabinett beschlossen.

Der Bericht ermittelt die Lebenshaltungskosten, die notwendig sind, um das Existenzminimum einer Person oder einer Familie zu decken. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für die Berechnung von Sozialleistungen und staatlichen Unterstützungsleistungen wie dem Bürgergeld.

Konkret wird in dem Bericht ein sogenanntes Regelbedarfsniveau für Alleinstehende von 6024 Euro für das Jahr 2023 bzw. 6444 Euro für das Jahr 2024 angenommen. Bei Ehepaaren wird ein Niveau von 11 592 Euro im Jahr 2024 prognostiziert.

Auf den Monat gerechnet bedeutet das für das kommende Jahr: Für Alleinstehende soll der Regelsatz von 502 Euro im Jahr 2023 auf 537 im Jahr 2024 steigen. Für erwachsene Partner soll der Regelsatz von 451 Euro im Jahr 2023 auf 483 Euro im Jahr 2024 steigen.

Wie hoch sind die derzeitigen Regelsätze des Bürgergeldes?

Wie hoch die Regelsätze beim Bürgergeld sind, zeigt die folgende Übersicht:

· 502 Euro: für Alleinstehende

· 451 Euro: für eheliche oder nichteheliche Partner einer Lebensgemeinschaft

· 420 Euro: für Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren

· 348 Euro: für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren

· 318 Euro: für Kinder bis einschließlich 5 Jahren

Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?

Das Bürgergeld-Gesetz sieht vor, dass der Anspruch auf Bürgergeld besteht:

· bei Bedürftigkeit

· bei grundsätzlicher Erwerbsfähigkeit

· oft im Anschluss an Leistungen auf das Arbeitslosengeld I

· Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte, wird künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Dafür müssen keine neuen Anträge gestellt werden. Infrage kommt das Bürgergeld auch für Menschen, deren Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht.

Werden Vermögen und Wohnung beim Bürgergeld angerechnet?

Ja. Die Angemessenheit der Wohnung wird erst nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten geprüft. Bis dahin werden die tatsächlichen Kosten der Wohnung übernommen. Die Karenzzeit gilt nicht für Heizkosten, die von Beginn an in „angemessenem Umfang“ gewährt werden.

In den ersten 12 Monaten bleibt zudem Vermögen bis zu 40 000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft geschützt. Für jede weitere Person der Gemeinschaft erhöht sich dieser Freibetrag um jeweils 15 000 Euro.

Was gilt nach der Karenzzeit beim Vermögen?

Nach der Karenzzeit gilt ein Vermögensfreibetrag von 15 000 Euro für jede Person der Bedarfsgemeinschaft. Auch Rücklagen für die Altersvorsorge Selbstständiger und selbst genutztes Wohneigentum sollen besser geschützt werden.

Info: Was ist das Bürgergeld?

Hartz IV und Bürgergeld
18 Jahre nach dem Start von Hartz IV soll das Bürgergeld im neuen Jahr die bisherigen Regeln für Arbeitslose in Deutschland ablösen. Im November beschlossen Bundestag und Bundesrat nach langem Ringen das Gesetz, das als wichtigste Sozialreform der Ampelkoalition gilt.

Bürgergeld-Gesetz
Mit dem sogenannten Bürgergeld-Gesetz („Zwölftes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz“) vom 16. Dezember 2022 ist das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) geändert worden. Das Bürgergeld hat damit die bisherigen Hartz-IV-Regelungen abgelöst.

Arbeitslosengeld II
Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 ist schließlich die im SGB II geregelte Grundsicherung für Arbeitsuchende – also Arbeitslosengeld II und Sozialgeld– in Bürgergeld umbenannt worden.