Die neue Grundsteuer C, die Eigentümer unbebauter, aber baureifer Grundstücke ab 2025 stärker belasten soll, kommt in Tübingen zum 1. Januar. Doch Stuttgart sowie der Großteil der Städte und Gemeinden scheuen das neue Instrument noch. Warum?

Baden-Württemberg: Florian Dürr (fid)

In der Landeshauptstadt Stuttgart beobachtet man die neue Grundsteuer C auf sogenannte „Enkelgrundstücke“ erst einmal aus der Entfernung: mit einem Blick nach Tübingen, Wendlingen oder Merdingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald), wo ab 1. Januar die Eigentümer unbebauter, aber baureifer Grundstücke mit einer höheren Steuerlast rechnen müssen, als wenn sie ihre Bauplätze bebauen würden. Jene drei Kommunen sind die bislang einzigen in Baden-Württemberg, die bereits 2025 mit der Grundsteuer C an den Start gehen wollen.

 

Tübingen hatte die neue Grundsteuer C im November endgültig besiegelt

Lang und breit habe man die optionale Steuer in der Stadtverwaltung diskutiert, berichtete Stuttgarts Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) im November unserer Zeitung. Doch am Ende sei man zu dem Ergebnis gekommen, die Entwicklung der neuen Steuer im kommenden Jahr erst einmal abzuwarten. „Vielleicht müssen wir dann darüber sprechen“, so Fuhrmann. Tübingen hingegen hat das neue Instrument im November durch eine Abstimmung im Gemeinderat endgültig besiegelt.

Oberbürgermeister Boris Palmer will damit den finanziellen Druck auf die Eigentümer jener „Enkelgrundstücke“ erhöhen. „Ich hoffe, dass das vielen zu teuer ist“, sagt der Ex-Grüne. Die Botschaft: „Wenn Sie bebauen, halbieren Sie Ihre Steuerlast.“ Denn sobald Wohnraum auf den Flächen entsteht, ist für die Eigentümer nur noch die Grundsteuer B fällig – mit einem halb so hohen Hebesatz wie bei der Grundsteuer C.

Angebot, um gegen Bauplatz-Spekulationen vorzugehen

Aber drei Kommunen von insgesamt 1101 in Baden-Württemberg? War die Grundsteuer C, die Städte und Gemeinden optional erheben können, bei dieser geringen Nachfrage im Zuge der Grundsteuerreform überhaupt nötig? Ja, lautet die Antwort der Grünen-Fraktion im Landtag, der die neue Steuer ein besonderes Anliegen war. Die höheren Abgaben für unbebaute, aber baureife Grundstücke solle ein Angebot an die Kommunen sein, um Wohnraum zu schaffen und gegen Bauplatz-Spekulationen vorzugehen.

„Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr Kommunen die neue Grundsteuer nutzen werden“, sagte der Landtagsabgeordnete Markus Rösler (Grüne) im November und erklärte: „Die aktuelle Zurückhaltung hängt damit zusammen, dass die Gemeinden mit der Einführung der neuen Grundsteuer jetzt und 2025 übergangsweise viel Arbeit und Rückfragen zu bewältigen haben.“

Bürgermeister aus Kreis Calw: „Am Ende trifft es vielleicht die Falschen“

Denn ab Januar wird im Zuge der Grundsteuerreform auch die Grundsteuer B neu berechnet. Laut Rösler gibt es bereits jetzt Gemeinden im Südwesten, die die Einführung der optionalen Grundsteuer C zu einem späteren Zeitpunkt prüfen. Baden-Württemberg sei ein dicht besiedeltes Bundesland, so Rösler: „Fläche ist zum knappen Gut geworden.“ Daher dürften Bauplätze in Städten und Gemeinden nicht über lange Zeiträume ungenutzt bleiben.

Doch die Zurückhaltung so vieler Kommunen bei der Grundsteuer C hat noch weitere Gründe, wie Volker Schuler, der Bürgermeister von Ebhausen, einer Gemeinde im Kreis Calw, im November erklärte: „Durch die Grundsteuerreform steigt die Steuerbelastung für unbebaute Grundstücke bei uns ohnehin schon um das Fünffache. Wenn wir es mit der Grundsteuer C noch teurer machen, ähnelt das irgendwann einer Enteignung.“ Manche hätten zwar einen Bauplatz, aber seien sonst nicht weiter vermögend. „Am Ende trifft es vielleicht die Falschen. Und die, die es sich leisten können, lassen die Grundstücke einfach weiter unbebaut“, sagt Schuler.

Und dann sind mit einer neuen Steuer zusätzliche Unsicherheiten verbunden, wie Susanne Nusser vom Städtetag Baden-Württemberg erklärte: „Da wird es vermutlich Klagen von Eigentümern geben.“

Dieser Text erschien erstmals am 20. November 2024.