Intercity Stuttgart-Zürich Direktzüge in die Schweiz sind bedroht
Seit Monaten ist der Intercity zwischen Stuttgart und Zürich eine Pannenverbindung. Auch eine Notfall-Reserve rettet sie nicht. Droht der Gäubahn der Verlust ihrer Fernzüge?
Seit Monaten ist der Intercity zwischen Stuttgart und Zürich eine Pannenverbindung. Auch eine Notfall-Reserve rettet sie nicht. Droht der Gäubahn der Verlust ihrer Fernzüge?
Wer aktuell versucht, die Strecke Stuttgart-Zürich mit dem Intercity zurückzulegen, erlebt einige Überraschungen. So staunten Fahrgäste des verspäteten IC 187 in Singen Anfang der Woche nicht schlecht, warum ihr am frühen Nachmittag in Stuttgart gestarteter Zug nicht nach Zürich weiterfuhr. „Schnee und Eis“ – so lautete in der DB-Fahrplanauskunft die Begründung. Was im Oktober bei 409 Metern Meereshöhe von Zürich doch verwundert. So wird dies im Eisenbahnforum Drehscheibe-Online berichtet.
Vermutlich hat sich ein gestresster Disponent bei der Angabe schlicht vertippt. Aber auch das ist symptomatisch für das seit Monaten anhaltende Chaos auf der Verbindung. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sind dazu übergangenen, die permanenten Ausfälle lapidar zu begründen: „Ereignis Deutschland“.
Im Kanton Schaffhausen ist nun die Geduld am Ende. Zwar gibt es schon seit Juni einen von der DB gestellten, permanent bereitstehenden Ersatzzug, der auf der Schweizer Strecke zwischen Schaffhausen und Zürich einspringen soll, falls der deutsche IC überfällig ist. Doch so oft, wie er gebraucht würde, kann er gar nicht in den Fahrplan einscheren.
Der Kanton Schaffhausen fordert deshalb, die Verbindung komplett zu kappen – und damit das Schicksal einer traditionsreichen, aber seit Jahren von deutscher Seite massiv vernachlässigten Verbindung zu besiegeln. Der Schweizer Inlandsverkehr dürfe nicht länger unter dem Versagen im Ausland leiden. „Die grenzüberschreitenden Zugläufe sind auf die Verbindungen Stuttgart–Singen und Singen–Zürich aufzuteilen und die Züge ab Singen pünktlich verkehren zu lassen“, heißt es in einem Brief an die SBB-Chefetage. Man sei nicht länger gewillt, sich mit Versprechungen für künftige Verbesserungen vertrösten zu lassen.
Die Deutsche Bahn verweist in ihrer Stellungnahme lediglich auf den bereits existierenden Reservezug zwischen Schaffhausen und Zürich, für den die DB auch das Personal stelle. „Mögliche weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Pünktlichkeit vereinbaren DB und SBB in enger Abstimmung,“ sagt sie.
Einen Präzedenzfall gibt es: In Basel müssen deutsche ICE, die früher bis in die Schweiz hinein verkehrten, bereits seit einiger Zeit ihre Fahrt beenden, um den Schweizer Fahrplan nicht durcheinander zu bringen. Ob die Deutschen im Falle eines von der Schweiz erzwungenen Endes der Verbindung Stuttgart-Zürich die Linie wenigstens nach Konstanz weiterführen würden, ist ungewiss.
Spätestens im Frühjahr 2027, wenn der Gäubahnanschluss wegen Stuttgart 21 gekappt wird, enden und beginnen alle Züge am Stuttgarter Stadtrand in Vaihingen. Voraussichtlich für fünf Jahre ist dann die Strecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof unterbrochen – bis der geplante Pfaffensteigtunnel den Anschluss wieder herstellt.
Es scheint fraglich, ob ein Fernverkehr, der womöglich gleich an beiden Enden amputiert würde, noch tragfähig wäre. Andernfalls droht die einst international bedeutende Gäubahn zur reinen Nahverkehrsstrecke zu werden.
Wer die auf dem Eisenbahnportal Drehscheibe-Online gesammelten Fahrgastschicksale zum Maßstab nimmt, verliert jedenfalls den Glauben an die Zukunft der Fernzüge nach Zürich. Seitdem die Deutsche Bahn die sehr zuverlässig verkehrenden, in der Schweiz gebauten Doppelstock-IC durch Züge des französischen Produzenten Alstom ersetzt habe, funktioniere die Verbindung nicht mehr, schreibt ein regelmäßiger Fahrgast: „Der Gäubahn-IC fährt seit dem Einsatz des Twindexx IC 2 durchgehend äußerst unzuverlässig, quält sich hinter S-Bahnen gleich kurz hinter Stuttgart umher, kann die Haltezeiten während normaler Fahrgastfrequenzen nicht halten und handelt sich selbst regelmäßig Störungen ein.“
Nach dem Wechsel der Fahrzeuge sei die IC-Linie Stuttgart-Zürich innerhalb weniger Tage von der pünktlichsten Linie von DB Fernverkehr zur unpünktlichsten geworden, schreibt ein anderer Nutzer mit Zugang zu Fahrplandaten: „Vor allem die nordfahrenden IC kommen nur auf eine Monatspünktlickeit im Bereich von circa zehn bis maximal circa 40 Prozent.“ Die Schweiz gebe inzwischen ihrer S-Bahn nach Zürich Vorrang und lasse den IC hinterherbummeln.
Die DB, so ein anderer Beobachter, versuche dabei ihre Verantwortung zu verschleiern. Wenn ein Zug aus Deutschland so spät in Zürich ankomme, dass er nicht pünktlich zurückfahren könne, gebe die DB-Fahrplanauskunft als Grund „Verspätung aus dem Ausland“ an: „Man erweckt den Anschein, als sei die Sache in der Schweiz entstanden“. Es sei erstaunlich, dass sich die SBB bisher nicht gegen diese Darstellung wehrten.