Der umstrittene AfD-Abgeordnete Maximilian Krah spricht vor Parteifreunden im Nürtinger Stadtteil Roßdorf. Die Öffentlichkeit bleibt ausgeschlossen. Gleichzeitig ruft das Bündnis „Nürtingen ist bunt“ zu einer Gegenveranstaltung auf.

Am Mittwochabend glich der Nürtinger Stadtteil Roßdorf einer Festung. Weiträumig hatte die Polizei das Veranstaltungsgelände beim Sportgelände abgeriegelt. Mehrfach mussten Besucher Fragen der Beamten beantworten, bevor man weitergelassen wurde. Der Grund: Der umstrittene AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah sprach im Waldheim. Besondere Brisanz erhält der Krah-Besuch dadurch, dass wenige Tage zuvor eine mutmaßliche chinesische Agentin verhaftet wurde. Sie soll in Kontakt zu dem bereits im April verhafteten Ex-Mitarbeiter von Krah gestanden haben. Das Bündnis „Nürtingen ist bunt“ hat anlässlich der Langen Nacht der Demokratie neben der AfD-Versammlung zur Gegenveranstaltung eingeladen.

 

Spionageaffäre schlägt hohe Welle

Was ist geschehen? Es sind Szenen wie aus einem Thriller. Ein Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof setzt am Montag einen Haftbefehl gegen die chinesische Staatsangehörige Yaqi X. in Vollzug. Die Beschuldigte wird umgehend von Beamten des Bundeskriminalamtes in Leipzig gefasst, ihre Wohnung und der Arbeitsplatz durchsucht. Der Vorwurf: Über ihren Arbeitsplatz am Flughafen Leipzig/Halle ist sie an Informationen zu Flügen, Fracht und Passagieren des Flughafens gekommen. Diese soll sie an einen Mitarbeiter des chinesischen Geheimdienstes weitergegeben haben. Und was hat der AfD-Abgeordnete Maximilian Krah damit zu tun? Sein Ex-Mitarbeiter Jian G. sitzt weiter in Untersuchungshaft. Der Vorwurf lautet auf Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall. Ferner soll Jian G. chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben. Die beiden mutmaßlichen Agenten sollen in Kontakt zueinander gestanden haben. Yaqi X. soll Jian G. Informationen über Waffentransporte zugespielt haben.

Nun hat die AfD grundsätzlich keine Scheu vor Nähe zu autokratischen Staaten. Das Bekanntwerden der Ereignisse um Maximilian Krah ist aber selbst der AfD-Parteispitze peinlich gewesen. Kurz vor der Europawahl musste der Spitzenkandidat zum Rapport nach Berlin reisen. Krah selbst streitet direkte Verbindungen zum chinesischen Staat derweil ab.

Ob sich Krah am Abend in Nürtingen dazu noch geäußert hat, blieb Pressevertretern unbekannt. Nach einem Interview für einen Fernsehsender stand der in sozialen Medien äußerst aktive Politiker für Fotos mit seinen Fans bereit, bevor er ins Veranstaltungsgebäude ging. Pressevertreter waren bei der als „Bürgerdialog“ angekündigten Veranstaltung nicht erwünscht. Die Besucher wurden am Eingang nach ihrer Parteimitgliedschaft gefragt. Somit entpuppte sich der „Bürgerdialog“, zu dem öffentlich in den sozialen Medien eingeladen worden war, als eine geschlossene Parteiveranstaltung.

Bei der Gegenveranstaltung geht es bunt und offen zu

Was hinter der Geheimniskrämerei in Verbindung mit dem Etikettenschwindel „Bürgerdialog“ steckt, ist schleierhaft. Zur Begründung des Ausschlusses von Pressevertretern erklärte ein Parteimitglied, dass man mit der Berichterstattung lokaler Medien in der Vergangenheit nicht zufrieden gewesen sei.

Offener ging es nebenan zu. Das Bündnis „Nürtingen ist bunt“ hat zu einer Gegenveranstaltung eingeladen, an der mehrere Hundert Menschen teilnahmen. Unter ihnen waren Vertreter der Lokalpolitik und der Zivilgesellschaft. Es gab dort Spiele, Musik und gegrillte Würste für jedermann – ob mit oder ohne ein Parteibuch.