Politik der Bürgerbeteiligung Mehrheit wünscht sich Fortsetzung von Kretschmanns Politikstil

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) führte neue Formen der Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg ein. Unter anderem zu G9 und zur Oper wurden zuletzt Bürger gehört. Foto: picture alliance/dpa

Eine Umfrage der Uni Hohenheim zeigt: Viele Menschen wünschen sich eine Fortsetzung des Politikstils von Winfried Kretschmann. Was sagt CDU-Spitzenkandidat Hagel dazu?

Entscheider/Institutionen: Annika Grah (ang)

Noch windet sich Winfried Kretschmann, wenn es um Bilanzen seiner bald 15-jährigen Regierungszeit geht. Doch wenige Monate vor der Landtagswahl rutscht ihm das ein oder andere Fazit schon selbst heraus: „Ich glaube, dass das eines der wichtigsten Dinge war, die ich als Regierungschef in Gang setzen konnte“, sagte er am Dienstag etwa über die von ihm eingeführte „Politik des Gehörtwerdens“.

 

Unter dem Titel hatte Kretschmann als Lehre aus den Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 nach seinem Amtsantritt 2011 neue Beteiligungsformate installiert. Herzstück ist die sogenannte dialogische Bürgerbeteiligung wie Bürgerforen.

Kretschmann zog Lehren aus dem Streit um S 21

Die Idee erhielt in den vergangenen Jahren immer viel Zuspruch. Das zeigen Untersuchungen von Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim, der seit 2021 in jährlichen Forsa-Umfragen wissen will, wie die Bürgerinnen und Bürger dazu stehen. Auch in der aktuellen Umfrage, bei der rund 2500 Baden-Württemberger befragt wurden, zeigt sich ein klares Urteil. 84 Prozent der Befragten finden die Idee der „Politik des Gehörtwerdens“ grundsätzlich „sehr gut oder eher gut“. Selbst zwei Drittel der befragten AfD-Anhänger sprechen sich für die Idee aus. „Das hat man selten, dass eine politische Maßnahme so positiv und parteiübergreifend positiv bewertet wird“, sagt Brettschneider.

Kretschmann warnt: „Gehört, nicht erhört werden“

Zuletzt war eingeführt worden, dass sogenannte Bürgerforen auch bei wichtigen Gesetzesvorhaben durchgeführt werden. Ein Gesetz, wo das so gehandhabt wurde, ist das Nichtraucherschutzgesetz, an dem die Landesregierung gerade feilt. Doch genau hier zeigen sich die Tücken: Denn dem Bürgerforum gingen die Ideen der Landesregierung nicht weit genug. Wie damit umgegangen wird, ist noch offen. Für Kretschmann ist das Teil des Prozesses. „Gehört werden heißt nicht immer erhört werden“, lautet sein Mantra. Entscheiden würden am Ende immer die verfassungsmäßigen Organe.

Doch tatsächlich stößt das, wie die Umfrage zeigt, manchen Menschen auf. Ein Drittel der Befragten beurteilt die Umsetzung der Politik des Gehörtwerdens als schlecht. Nur ein Viertel findet die Idee gut oder sehr gut umgesetzt. Knapp die Hälfte der Befragten ist unentschlossen. Am schlechtesten fällt das Urteil der Befragten mit Neigung zur AfD aus. 75 Prozent halten die Umsetzung für schlecht. Auch bei Anhängern der Grünen sind nur 36 Prozent überzeugt, dass die Politik gut umgesetzt wird.

Und was sagt Spitzenkandidat Manuel Hagel?

Vor allem die Befürworter direkter Demokratie, so die Erklärung von Brettschneider, seien mit der Umsetzung unzufrieden. Sie wünschten sich wohl mehr Einfluss. Darüber hinaus seien die unzufrieden, die sich zwar dialogische Beteiligung wünschen, aber die Möglichkeiten auf Landesebene nicht kennen. „Da müsste schon viel mehr getan werden“, sagt Brettschneider.

Und in Zukunft? Fast alle Befragten (97 Prozent) hätten gern, dass die nächste Landesregierung die „Politik des Gehörtwerdens“ fortsetzt.

CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel würde das Instrument fortsetzen. Foto: Marijan Murat/dpa

Selbst bei einem Farbenwechsel an der Regierungsspitze stünde dem wohl nichts entgegen. CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel hielte es für klug, den eingeschlagenen Weg auch über diese Legislatur hinaus fortzusetzen, sagt er. „Wer frühzeitig miteinander spricht, löst Konflikte und findet kreative Lösungen“, so Hagel. „Richtig gemacht, verbindet das Tempo mit Qualität und sorgt dafür, dass Beschlüsse nicht nur gefasst, sondern auch umgesetzt werden.“

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