Zwei Stunden vor dem EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien feierte Esslingen seine traditionsreiche Schwörzeremonie. Ging es im vergangenen Jahr noch maßgeblich um soziale Fragen, standen in diesem Jahr weltpolitische und militärische im Vordergrund. Warum?
Das Schwörfest in Esslingen ist eigentlich ein sehr lokales Fest: Mitten in der mittelalterlichen Kulisse des Schwörhofs verpflichten sich Gemeinderat und der Oberbürgermeister, sich für das Wohl der Stadt einzusetzen. Der Schwur geht auf eine jahrhundertealte Tradition zurück und wird nur in wenigen Städten Deutschlands abgelegt. Er hat keine juristische Bedeutung, gilt aber als wichtiges Symbol der Verbundenheit zwischen Gemeinderat, Stadtverwaltung, Oberbürgermeister sowie Bürgerinnen und Bürgern.
Zu dieser Zeremonie wird auch immer ein auswärtiger Hauptredner eingeladen. Im vergangenen Jahr ging es maßgeblich um soziale Fragen. In diesem Jahr war es Fregattenkapitän Tilmann von der Lühe von der Fregatte Baden-Württemberg, der die so genannte Schwörrede hielt. Wenig verwunderlich sprach von der Lühe über die Marine, ihre Einsätze und die Bedeutung für die Sicherheit Deutschlands. Allerdings zogen sich die Themen Krieg und Frieden, Bedrohungen und globale Umbrüche durch die gesamte Veranstaltung, Wörter wie „Einsatz“, „Feinde“ und „bekämpfen“ kamen in den Reden mehrfach vor.
Außer der Schwörrede gab es eine Reihe anderer Reden. Das Programm war umfangreicher als in den vergangenen Jahren: Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) sprach, der scheidende Landrat der Landkreises Heinz Eininger (CDU) sprach, der Bundestagsabgeordnete Markus Grübel (CDU) kam zu Wort und der CDU-Fraktionschef Tim Hauser hielt eine Rede. Letzterer in der Rolle desjenigen, der in Vertretung aller anderen den Schwur sprach. Hier ist es immer ein Vertreter aus dem Gemeinderat, der in jedem Jahr aus einer anderen Fraktion. Der einzige Part beim Auftakt zum Schwörfest, in dem es nicht um die große Politik ging, gehörte einem Mann des Theaters: Philipp Falser umschrieb in einer unterhaltsamen und künstlerischen Rede die Bedeutung Esslingens .
Bereits vor Beginn des Schwörfestes war es politisch aufgeladen. Zunächst wurden drei Vereine ausgeschlossen. Sie stehen unter dem Verdacht, verfassungsfeindlich zu sein. Betroffen sind Vereine des islamistischen, türkisch-rechts- und kurdisch-linksextremen Spektrums.
Ärger gab es außerdem, weil einige Ratsmitglieder nicht einverstanden waren mit der Wahl des Schwörredners. Sie sagten ihre Teilnahme an dem traditionsreichen Ereignis ab, weil sie in der Wahl des Fregattenkapitäns als Hauptredner ein falsches Signal in Kriegszeiten sahen.
Nach der Zeremonie ging es zum Fußball ins Alte Rathaus
Kurz vor Beginn des Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Spanien endete die Zeremonie. Die Mitglieder des Gemeinderats und die vier Bürgermeister trafen sich anschließend zur Live-Übertragung des Spiels im Alten Rathaus.
Jahr für Jahr lockt das Schwörfest viele tausend Besucherinnen und Besucher an, und etliche hundert Menschen sind an seiner Organisation beteiligt: Das Schwörfest in Esslingen ist das größte Bürgerfest im Landkreis. Es gilt als Fest von Esslingerinnen und Esslingern für Esslingerinnen und Esslinger.