Der Bezirksbeirat Mitte fordert nach Ablauf des Dreijahresvertrages eine neue Nutzung für den Karlsplatz im Dezember und schon dieses Jahr kürzere Betriebszeiten.

Der Winterhütte auf dem Stuttgarter Karlsplatz, in der vom 15. November bis Silvester bis in die Nacht hinein Party gefeiert werden soll, droht das Aus. Der Bezirksbeirat Mitte hat am Montagabend einmal mehr wegen der langen Öffnungszeiten, der Lärmemissionen und der Konkurrenz zu den etablierten Gastrobetrieben Kritik am feuchtfröhlichen Betrieb in dem temporär aufgestellten Holzgebäude geübt, wo es nach eigenen Angaben „die perfekte Mischung aus Luxus, Charme, Gemütlichkeit und Extravaganz“ gibt. Das neu zusammengestellte Gremium hat mit der ökosozialen Mehrheit dem Vermieter des Platzes, der Märkte Stuttgart GmbH in Person von Geschäftsführer Thomas Lehmann, nahegelegt, den nach seiner Aussage nur auf drei Jahre angelegten Mietvertrag für die Fläche nicht zu verlängern und sich stattdessen eine verträglichere Bespielung des historischen Platzes einfallen zu lassen.

 

Stadt muss über Forderung des Bezirksbeirats entscheiden

Als Sofortmaßnahme empfahl der Bezirksbeirat in seiner Vorberatung der Stadtverwaltung zudem, den laut der Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) viel zu spät eingegangenen Genehmigungsantrag der Firma Event Deluxe GmbH auf die verhältnismäßig geringen Öffnungszeiten des Weihnachtsmarkts zu beschränken. Dieser schließt sonntags bis donnerstags um 21 Uhr und freitags sowie samstags um 22 Uhr. Die Stadtverwaltung muss nun entscheiden, ob sie der Forderung des Bürgergremiums nachkommt oder die in den vergangenen zwei Jahren großzügig gewährten Betriebszeiten für die Hütte (bis 24 Uhr sowie am Wochenende bis ein Uhr) erneut genehmigt.

Wenn nicht, hätte der Betreiber ein Problem. Denn in Erwartung der Genehmigung des Vertrags wie auch im vorigen Jahr hat er im Internet längst seinen Reservierungskalender geöffnet. Viele Tage sind bereits komplett ausgebucht. Eine Stornierungswelle dürfte der verantwortliche Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) schon nicht verantworten wollen, weil das Wohl der Gastronomie der Rathausspitze ein besonderes Anliegen ist. Ärgern dürfte sich allerdings der Betreiber der kleinen Hütte vor der Markthalle. Weil diese Fläche zum Weihnachtsmarkt gehöre, sei die Looß Kulinarisches GmbH & Co. KG an dessen frühe Schließzeiten gebunden, sagt Markus Christen, der Abteilungsleiter der städtischen Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. Mit der Folge, dass die Hütte nun nicht weiterbetrieben werde.

Marcus Christen hat gute Laune

Während Christen für den jüngsten Weihnachtsmarkt im Rathaus noch viel Kritik wegen der Verlängerung der Öffnungszeiten gegen die Interessen vieler Marktbeschicker geerntet hatte, durfte er nun im Bezirksbeirat in bewährter Manier brillieren. Die Vorbereitungen für den im In- und Ausland beliebten Weihnachtsmarkt liefen wie geplant. Lediglich zwei Baustellen am Marktplatz führten zu Einschränkungen. Für die dort angestammten Standbetreiber habe man aber Flächen mitten auf dem Marktplatz gefunden, so Christen.

Einen vergleichbar geruhsamen Abend hätte Lehmann sicher auch gerne im Rathaus verbracht. Aber mit der Bespielung des vom Land angemieteten Karlsplatzes ist die Kommunalpolitik nicht erst seit vergangenem Winter unglücklich. Neben dem Umstand, dass der Flohmarkt während der attraktiven Adventszeit wegen des Partyzelts räumlich eingeschränkt wird, stinkt das Dieselaggregat des Holzkonstrukts laut Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle zum Himmel. Und dass der Flohmarktgastronom am vergangenen Samstag aufgefordert worden sein soll, Platz wegen des noch gar nicht genehmigten Hüttenaufbaus zu schaffen, hat ihre Laune nicht verbessert. SPD-Bezirksbeirat Heinrich-Hermann Huth, selbst Gastronom, hält wenig davon, dass man ihm und den Kollegen während der umsatzstarken Zeit „ins Handwerk pfuscht“.

„Wintertraum“ ist ein Mysterium

Lehmann vermochte dem Gremium nicht schlüssig zu erklären, welcher Umstand dazu geführt hat, dass letztlich der Bietigheimer Hüttenbauer und -betreiber Reinhard Lieb unter vielen Interessenten zur Bespielung des Platzes in der attraktivsten Zeit ausgewählt wurde. Und dies neben den Betreibern des Finnischen Dorfes wohlgemerkt, dessen Daseinsberechtigung sich nach Aussage von Christen und Lehmann offenbar aus einer uralten Vereinbarung mit dem Land speise.

Nichts Genaues weiß man auch mehr im Rathaus über den Dauervertrag zwischen den Betreibern des „Wintertraums“ auf der Planie und dem Finanzministerium. Die ehemalige Eislaufbahn, aus energetischen Gründen nun als Rollschuhbahn betrieben, dient seit vielen Jahren als Legitimation für eine stattliche Anzahl von Trink- und Essbuden, die nicht nur schon lange vor dem Beginn des Weihnachtsmarktes am 20. November Umsatz generieren, sondern das auch täglich länger, bis 22.30 Uhr, praktizieren dürfen. Marcus Christen hat in der Sitzung am Montagabend deutlich gemacht, dass das nicht im Sinne seines Arbeitgebers sei.

Kienzle bringt Alternativen ins Spiel

Lehmann hat wiederum betont, dass die Märkte GmbH die Event-Deluxe-Partyhütte auf dem Karlsplatz vor allem aus zwei Gründen gut finde: weil man damit 20 000 Euro Miete generiere (die Finnen zahlen 9000 Euro) und damit die Kosten für die Beleuchtung finanzieren könne – und weil es an schlüssigen Alternativen zur Bespielung nach der Aufgabe des Antikzelts mangele. Das ließ sich Bezirksvorsteherin Kienzle nicht zweimal sagen: Sie brachte sofort das Architekturforum, die Kunstakademie und die Künstler bei den Wagenhallen ins Spiel. Womöglich kann sich aber dort auch der Weihnachtsmarkt ausdehnen. Das soll bis zum Frühjahr geklärt werden.