Transparency International zu Parteispenden „Ein Limit wäre sinnvoll“

Wahlplakate kosten die Parteien viel Geld, insbesondere wenn sie fortlaufend zerstört werden. Deshalb sind Spenden willkommen. Foto: Ortmann

Andreas Polk von Transparency International sieht die Finanzierung von Parteien durch private Geldgeschenke kritisch. Die Polarisierung des Bundestagswahlkampfs animiere Firmen und private Gönner. Letztlich gehe es dabei immer um Lobbyismus, sagt er im Interview mit der Stuttgarter Zeitung.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Herr Polk, die Parteien verbuchen gerade Großspenden in rekordverdächtiger Höhe. Wie erklären Sie sich das?

 

Das Spendenaufkommen ist aktuell gar nicht so extrem, wie es auf den ersten Blick erscheint. Aber: es gibt zwei neue Akteure im parteipolitischen Betrieb, die kräftig Spenden anziehen. Dazu kommt, dass die Grünen als etablierte Partei für Spender attraktiv sind. Und was die FDP angeht, die schon immer viele Großspenden verbuchen konnte, so herrscht im Kreis ihrer Gönner offenbar eine gewisse Besorgnis, dass sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte. Insgesamt hat das steigende Spendenaufkommen sicher auch etwas mit der Polarisierung des Wahlkampfes zu tun.

Was sind die Motive, für Parteien zu spenden?

Aus wissenschaftlicher Sicht unterscheiden wir drei Motive. Zum einen der Versuch, Parteipositionen zu beeinflussen – also das, was man das Kaufen von Politik nennen könnte. Hier gibt es Fälle mit Geschmäckle wie die Mövenpick-Spende an die FDP vor vielen Jahren. Insgesamt scheint das in Deutschland aber keine große Rolle zu spielen. Das zweite Motiv ist ideologisch: Spender möchten die Partei unterstützen, die ihnen programmatisch am nächsten steht, in der Hoffnung, das Wahlergebnis so zu beeinflussen. Beispielhaft sind hier die Familie Quandt oder Carsten Maschmeyer. Von ihnen gibt es regelmäßig Spenden an die Union und die FDP. Ähnliches sieht man auch bei manchen Wirtschaftsverbänden und Unternehmen. Ein weiteres Motiv ist: Zugang zu Parteien zu bekommen – eine Spende öffnet Türen. Letzten Endes geht es bei allen drei Motiven auch um Lobbyismus.

Wie hat sich das Spendenverhalten verändert?

Manche Unternehmen haben erklärt, keine Parteispenden mehr leisten zu wollen. Was neu ist, sind sehr hohe Einzelspenden von Privatpersonen an die neuen Parteien an den demokratischen Rändern. Das gab es selten, bevor AfD und BSW eine Rolle spielten. Diese Parteien verdanken ihren Aufbau zu einem Gutteil solchen Spenden. Man muss sich das einmal klarmachen: Alleine in diesem Wahlkampf stammt fast ein Drittel der 2024/25 getätigten Großspenden von nur vier einzelnen Personen an das BSW und die AfD. Das ist eine starke Verzerrung des Parteienwettbewerbs. Ein neuer Trend ist auch, dass Parteien an den Rändern neue Vehikel benutzen, um möglicherweise Parteispender zu verschleiern. Das BSW hat dazu eigens einen Verein gegründet, die Werteunion ebenfalls. Diese Vereine sammeln Geld ein und spenden das dann das an die Parteien. Damit wird eventuell vertuscht, woher das Geld eigentlich kommt. Das ist riskant für die Demokratie. Diese Praxis könnte strategischer Korruption Wege eröffnen – und damit der Einflussnahme autoritärer Staaten.

Herrscht genug Transparenz bei Parteispenden?

Die Limits für Veröffentlichungspflichten sollten gesenkt werden. Transparency International fordert, Großspenden schon ab 10 000 Euro zu veröffentlichen und die Namen von Spendern ab 2000 Euro in den Rechenschaftsberichten zu nennen. Die Veröffentlichung kleinerer Spenden in den Rechenschaftsberichten erfolgt mit zwei Jahren Verzögerung – sehr spät. Ein Problem ist auch, dass die Bundestagspräsidentin die Regeln überwacht. Das halte ich für sehr kritisch. Das sollte man externen Sachverständigen überlassen. Man könnte generell fragen: Warum sind Parteispenden überhaupt erlaubt? Insgesamt schaden sie nicht der Integrität der Abgeordneten. Aber sie verzerren unter Umständen den Wettbewerb unter den Parteien. Deshalb wäre eine Obergrenze sinnvoll.

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