Eigentlich war der sogenannte Schwabenkongress der rechtsextremen Reconquista 21 in Ludwigsburg angekündigt – auch Martin Sellner war unterwegs in die Region. Seit Freitagnachmittag haben sich die Ereignisse jedoch überschlagen.

Ludwigsburg : Emanuel Hege (ehe)

Seit Wochen sind Stadtverwaltung, Kirchen und linke Gruppen in Ludwigsburg alarmiert. Grund ist ein geplantes Vernetzungstreffen der rechtsextremen Gruppe Reconquista 21, das am Samstag in Ludwigsburg hätte stattfinden sollen.

 

Wichtige Persönlichkeiten der Identitären Bewegung wie Paul Klemm von dem in Teilen verbotenen Magazins Compact und der Vordenker der Remigration, Martin Sellner, sollten als Redner auftreten. Im Laufe des Samstags stellte sich nun heraus, dass der sogenannte Schwabenkongress nicht in Ludwigsburg, sondern in Nürtingen geplant war – das Treffen wurde jedoch verhindert.

Wirt lässt Veranstaltung platzen

Laut Recherchen dieser Zeitung hat die Polizei wohl erst in den vergangenen Tagen die Pläne der Rechtsextremen offenlegen und verhindern können. Der Schwabenkongress der Reconquista 21 war demnach in einem Sportheim im Nürtinger Stadtgebiet geplant.

Erst am Freitagnachmittag soll die Polizei mit dem verantwortlichen Wirt gesprochen haben, der die Veranstaltung daraufhin platzen ließ. Von einer Quelle ist zu hören, dass die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative, die Veranstaltung bei dem Wirt angemeldet haben soll. Ein Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Reutlingen will diese Information weder bestätigen noch dementieren.

Bekannt ist zudem, dass die Stadt Nürtingen kurz vor der geplanten Veranstaltung ein Aufenthaltsverbot gegen drei bekannte Personen der rechtsextremen Szene verhängt hat. „Wir haben von der Polizei entsprechende Hinweise bekommen , dass es zur Verbreitung volksverhetzender Inhalte kommen könnte“, sagte Peter Herrle, Leiter des Ordnungsamts Nürtingen. Mindestens eine dieser Personen sei am Samstagmittag im Stadtgebiet angetroffen worden, so die Polizei – es wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Ein Video des YouTube-Kanal Compact-TV zeigt, dass Paul Klemm von Einsatzkräften der Polizei bis außerhalb der Stadtgrenze begleitet wurde.

Ob Martin Sellner vor Ort war, ist nicht bekannt. In einem Video, das am Samstagmorgen auf dem Messenger-Dienst Telegram erschienen ist, zeigt sich Sellner auf dem Weg zu einem „patriotischen Treffen“ in der Region.

Paul Klemm spricht in dem Video davon, dass die Veranstalter nach Chemnitz ausgewichen seien, wo das Treffen wie geplant stattgefunden haben soll. Das Polizeipräsidium Reutlingen und das Polizeipräsidium Ludwigsburg haben ihre Einsätze am Samstagnachmittag für beendet erklärt.

Was steckt hinter Reconquista 21

Allgemeines
Die R 21 ist der Identitären Bewegung zuzuordnen und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung vertreten die Identitären islamfeindliche, rassistische und demokratiefeindliche Positionen. Diese werden popkulturell aufbereitet, um ein junges Publikum zu erreichen. Übrigens gibt es enge Verbindungen zwischen R 21 und der Jungen Alternativen, die Jugendorganisation der AfD.

Aktionen
Die Gruppe veranstaltet regelmäßig Aktivistenwochenenden mit Wanderungen und Kampfsportübungen. Ansonsten machen die Aktivisten vor allem mit Plakataktionen auf ihre Ziele aufmerksam. Beispielsweise entrollten sie ein Banner auf einer Kreissporthalle in Albstadt, in die Geflüchtete einziehen sollten. In Stuttgart zündeten sie Rauchbomben auf einem Dach des Inselbades in Untertürkheim. Die Aktionen ziehen regelmäßig Ermittlungen, Prozesse und Verurteilungen nach sich.