Das Justiz- und Integrationsministerium des Landes plant in Stuttgart die Einrichtung von bis zu zwei Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge (Lea). Dazu sollen Bürohäuser in Obertürkheim und Weilimdorf umgebaut werden. Der Bezirksbeirat Obertürkheim hat sich deutlich gegen die Lea ausgesprochen, die Belastung durch Geflüchtete sei schon jetzt hoch. Nun gibt es auch eine Reaktion aus Weilimdorf.
Räume für bis zu 1300 Flüchtlinge
Die Beiräte dort äußern in ihrem am Montag an Ministerin Marion Gentges (CDU) gesendeten Brief Bedenken und stellen Forderungen. Grundsätzlich, heißt es, erkenne man die Verpflichtung zur Unterbringung an. Man erwarte, dass Kriterien und Gründe für die Standortwahl im Vergleich mit anderen Optionen im Land genannt werden. Außerdem wird „der direkte Dialog mit der Bevölkerung und dem Bezirksbeirat“ sowie eine „transparente Kommunikation“ gefordert.
Das beratende Gremium hatte sich auf Einladung von Bezirksvorsteher Julian Schahl in der Sommerpause getroffen. Der habe über den Stand des Prüfverfahrens informiert, so Grünen-Sprecherin Barbara Graf. Genaues wisse man nicht, auch weil die vom Land angekündigte Bauvoranfrage für die bis zu 1300 Plätze noch nicht gestellt wurde.
Land braucht mehr Plätze
Das Land ist unter Druck, wegen des anhaltenden Flüchtlingszustroms weitere Lea-Plätze zu schaffen, Stuttgart liegt bei der Flüchtlingsaufnahme im Minus. Sollte es zu einer Lea in Weilimdorf kommen, fordert der Bezirksbeirat eine Anrechnung des Lea-Privilegs – der wegen der Lea geringeren sonstigen Zuweisung – allein auf den Bezirk. In Weilimdorf sind laut einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des Stuttgarter FDP-Abgeordneten Friedrich Haag 1077 Geflüchtete in von der Stadt angemieteten Räumen untergebracht, davon laut Beirat fast 700 in einem Hotel in der Holderäckerstraße, das rund 300 Meter von der geplanten Lea entfernt liege. Die Anrechnung allein auf den Bezirk, der damit außerhalb der Lea keine weiteren Flüchtlinge unterzubringen hätte, müsste nicht vom Land, sondern vom Gemeinderat entschieden werden. Insgesamt sind in Stuttgart durch die Stadt aktuell rund 10 000 Flüchtlinge untergebracht.
Haag (FDP) befürchtet mehr Straftaten
Der Oppositionspolitiker Haag wirft der Landesregierung bei der Flüchtlingsunterbringung eine „Politik mit der Brechstange“ vor, sollte diese eine Lea gegen den Willen der Stadt einrichten. Rechtlich wäre das möglich. Haag sieht Stuttgart für eine Landeserstaufnahmeeinrichtung „maximal ungeeignet“ und führt die Sicherheitslage als „Risiko“ an. Die Kriminalitätsstatistik zeige, dass Gewaltstraftaten in Stuttgart durch Asylbewerber und Flüchtlinge von 2022 auf 2023 um gut 17 Prozent gestiegen seien. Von 1190 Fällen wurden laut Statistik 142 (11,9 Prozent) 2023 von dieser Gruppe begangen.