VfB Stuttgart beim FC Bayern Warum die Kane-Show eine Nummer zu groß ist für den VfB

Schon wieder zappelt der Ball im Netz. Bayerns Harry Kane erzielt hier sein drittes Tor gegen den VfB-Torwart Alexander Nübel. Foto: imago//Bernd Feil

Die Stuttgarter verlieren in München mit 0:4. Dabei erzielt der englische Torjäger drei Tore. Das Unheil nimmt in der letzten halben Stunde seinen Lauf, was für Sebastian Hoeneß Fragen aufwirft.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Kurz nach dem Schlusspfiff kreuzten sich die Wege von Alexander Nübel und Harry Kane noch einmal. Der Torwart des VfB Stuttgart trottete enttäuschend aus seinem Kasten und der Torjäger des FC Bayern kam ihm im Mittelkreis entgegen, um den Gästespieler abzuklatschen. Sportlich fair einerseits, freudestrahlend andererseits. Der Engländer hatte gegen Nübel drei Treffer (57./60./80.) in der Fußball-Bundesliga erzielt und war damit beim 4:0 der Münchner in der Allianz-Arena der entscheidende Mann gewesen. Das vierte Tor gelang Kingsley Coman (89.).

 

Das alles geschah innerhalb von einer halben Stunde, nachdem Josha Vagnoman die große Chance vergeben hatte, den VfB in Führung zu bringen (54.). Das war der Moment gewesen, auf den die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß gelauert hatte. Doch der Schuss ging über das Gehäuse von Manuel Neuer. „Da lag das Ding, das den Ausschlag hätte geben können“, meinte Hoeneß, der jedoch mitansehen musste, wie seine Elf kurz darauf in Rückstand geriet – durch einen bayerischen Doppelschlag.

Erst traf Kane aus etwa 25 Meter, danach war er aus kurzer Distanz erfolgreich. Beim 1:0 stellte sich die Frage, ob Nübel den Ball nicht hätte halten können. Der Schlussmann war an dem Flachschuss mit der Hand dran und ordnete hinterher den Ball selbst als „nicht ganz unhaltbar“ ein. Dennoch verhinderte der vom Rekordmeister ausgeliehene Nübel eine höhere Pleite, da er mehrfach stark parierte. „Nach dem ersten Tor hatten wir keine Chance mehr“, sagte der 28-jährige Nationalkeeper im Anschluss.

Für Hoeneß waren die vier Gegentore in 30 Minuten allerdings zu viel. „Das fühlt sich nicht gut an. Deshalb werden wir auch nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte der Coach. Vor dem Champions-League-Spiel am Dienstagabend bei Juventus Turin soll eine klare Analyse die Köpfe der Spieler wieder frei bekommen. Dabei will Hoeneß jedoch nicht die erste Stunde des Südgipfels vergessen, in welcher der VfB den Favoriten durchaus forderte.

Mit zahlreichen langen Pässen, um dem Pressing der Münchner zu entgehen. Nicht das typische Stuttgarter Spiel, aber ein geeignetes Mittel gegen die Münchner, die in vielen Situationen Manndeckung praktizieren. Nur: viele Bälle wurden in der Angriffsreihe des VfB nicht behauptet. Ermedin Demirovic und Deniz Undav bekamen kaum einen Stich und Jamie Leweling hatte auch nur wenige gute Szenen. „Um in München etwas zu holen, musst du effektiv sein“, sagte Fabian Wohlgemuth. Der Sportvorstand vermisste jedoch nicht nur die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor, sondern ebenso „etwas Überzeugung, Konsequenz und Entschlossenheit“.

Faktoren, die den VfB in der Vorsaison ausgezeichnet hatten – die er nun aber nur noch teilweise an den Tag legt. Was diesmal auch an den Einwechselspielern festzumachen ist. Maximilian Mittelstädt und Enzo Millot, eigentlich Stammkräfte, wurden als Erste nach dem Rückstand ins Spiel gebracht. Danach noch Nick Woltemade und El Bilal Touré für die Offensive. Passiert ist nichts.

Das war auf der Gegenseite anders, was die Verhältnisse zwischen den beiden Teams wieder in einem normalen Licht erscheinen lässt. Die Bayern sind unter dem neuen Trainer Vincent Kompany erstarkt. Fußballerisch und physisch. „Man hat gemerkt, mit welcher Power der FC Bayern spielt“, sagte Hoeneß. Und Undav meinte: „Bayern war diesmal einfach in allen Belangen besser.“

Profiteur war in erster Linie Kane, der zum siebten Mal drei oder mehr Tore für die Münchner erzielte. Insgesamt hat er jetzt acht Saisontore und 15 Scorerpunkte in der Bundesliga. Nach einer kurzen Durststrecke. „Ich habe immer an mich und meine Fähigkeiten geglaubt, daran ändern auch ein paar torlose Spiele nichts“, sagte Kane, der sich nach dem Hattrick den Spielball schnappte und seinem Sohn schenkte.

Die Bayern bleiben mit dem Erfolg an der Tabellenspitze. Der VfB hängt mit neun Punkten erst mal auf Rang neun fest. Noch immer ist das ordentlich, erhöht aber den Druck vor dem nächsten Heimspiel gegen Holstein Kiel. Ein Sieg gegen den Aufsteiger erscheint als Pflicht, wollen sich die Stuttgarter wieder nach oben orientieren. Davor ist jedoch eine weitaus attraktivere Herausforderung zu bewältigen – in Turin bei der Alten Dame.

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