VfB Stuttgart gegen den 1. FC Heidenheim Der VfB steckt im Zwiespalt

Den Spielern des VfB Stuttgart gelingt nicht mehr alles, sie behalten aber – wie hier Jeff Chabot – den Kopf oben. Foto: Baumann

Die Stuttgarter müssen wieder einmal eine Liga-Enttäuschung verarbeiten und gleichzeitig positiv für das Pokalfinale bleiben. Wie kann das gelingen?

Sport: Carlos Ubina (cu)

Fabian Wohlgemuth strafft sich. Er streckt den Rücken durch und nimmt den Kopf hoch. Niemand soll an ihm vorbeikommen – im übertragenen Sinne. Auch, wenn die Reporterschar in Überzahl ist. Wie früher mag sich der Sportvorstand des VfB Stuttgart hierbei vorkommen, als er noch ein Abwehrspieler war. Ein Fels, an dem die gegnerischen Angriffe zerschellten. Jetzt dribbeln aber keine Stürmer mehr auf den 46-Jährigen zu, sondern es stürmen Fragen auf ihn ein. Denn wieder hat der VfB verloren, diesmal 0:1 gegen den 1. FC Heidenheim (Tor durch Mathias Honsak/89.). Der Fußball-Bundesligist liefert dabei keine Antworten mehr in Form von guten Resultaten und Wohlgemuth sieht seine Rolle als eine Art Mensch gewordenes Schutzschild für die Spieler und die Arbeit des Clubs.

 

„Der Frust ist jetzt natürlich massiv. Man kann der Mannschaft wirklich nicht den Vorwurf machen, dass sie es nicht versucht oder gewollt hätte. Wir sind in den vergangenen Wochen immer wieder angelaufen und haben uns ganz selten für unseren Aufwand belohnen können. Wir werden jetzt versuchen, das Emotionale schnellstmöglich hinter uns zu lassen und die Köpfe für die nächste Aufgabe klar zu kriegen“, sagt Wohlgemuth, der mit Sebastian Hoeneß eine Zweierkette bildet, um nach den zahlreichen Enttäuschungen die Saison nicht vollends in den Sand zu setzen.

Auch der Trainer stellt sich schützend vor die Mannschaft. Nachvollziehbar, da der VfB seit dem Erreichen des Pokalfinales in Berlin in der Liga immer gleich zwei Spiele in einem zu bestreiten hat. Immer geht es gegen einen hartnäckigen Kontrahenten um wichtige Punkte. Schließlich will man in der Tabelle nach oben. Gleichzeitig spielt aber stets die Pokalbegegnung mit dem Drittlisten Arminia Bielefeld im Olympiastadion am 24. Mai in den Köpfen mit – sowohl der Fans als auch der Funktionäre und Fußballer.

Wohlgemuth und Hoeneß versuchen es nach den Negativerlebnissen mit Blick auf den Saisonhöhepunkt mit einem entschiedenen Einerseits-andererseits. Sie stellen die positiven Aspekte des Spiels heraus, um das Team zu stärken. Sie setzen sich aber ebenso mit den kritischen Aspekten auseinander, um die Profis zu verbessern. Das eine tun, ohne das andere zu lassen. Oder: den außen formulierten Vorwurf der Schönfärberei aushalten und nach innen klare Kante zeigen. Denn seit Wochen ergibt sich die zwiespältige Situation, dass die sportliche Leitung auch zwei Spiele in einem coachen und analysieren muss. „So blöd es sich anhört, wir müssen im Grunde so weitermachen wie in den vergangenen Spielen“, sagt Hoeneß, „die Mannschaft zeigt Charakter, wir wollen nichts herschenken und die Ligasaison mit Stil und Anstand zu Ende bringen.“

Mittlerweile entsteht jedoch der Eindruck, dass der VfB die euphorisch begonnene Runde durch den Gewinn des DFB-Pokals und der damit verbundenen Europa-League-Teilnahme nur noch retten und nicht mehr krönen kann. Dabei hatte die Chance auf einen Titel die Stuttgarter zunächst wieder in einen emotionalen Ausnahmezustand versetzt, ähnlich wie der Champions-League-Einzug in der Vorsaison. Hoch geflogen ist die Hoeneß-Elf samt Anhang dadurch in den vergangenen Monaten – und entsprechend schwindelerregend erscheint nun die Fallhöhe, da die Zweifel am Leistungsvermögen und der Erfolgsstrategie wachsen.

Sechs Heimspiele nacheinander hat der VfB verloren und in der Rückrunde nur zwölf Punkte gesammelt. Dadurch sind die Stuttgarter vom fünften Rang zum Abschluss der Hinrunde ins Mittelmaß abgerutscht und Hoeneß muss sich die Frage gefallen lassen, ob seine Mannschaft das Siegen verlernt hat. Hat sie nicht, nach Überzeugung des 42-Jährigen. „Siege in der Bundesliga sind aber keine Selbstverständlichkeit“, sagt der Trainer. Auch nicht gegen Abstiegskandidaten.

Etwas muss dennoch nach dem bitteren Aus in der Königsklasse passiert sein, da ohne die Zusatzbelastung durch den Europapokal vieles besser werden sollte. Gezieltere Vorbereitungen, mehr Zeit für Trainingsinhalte, ausgeruhtere Spieler, der Fokus auf nur noch zwei Wettbewerbe. Diese Faktoren sollten helfen, den VfB näher an sein Saisonziel zu bringen – die Qualifikation für das internationale Geschäft. Über die Liga wohlgemerkt. Das ist der Anspruch.

In Wirklichkeit präsentiert sich der VfB aber nicht mehr wie ein Europapokalanwärter. Dem Spiel fehlt es immer wieder an Tempo und Tiefe. Dazu mangelt es hier mal an Effizienz vorne und dort mal an Konsequenz hinten. Die Frische, die sich nach den englischen Wochen einstellen sollte, war zwar in einigen Partien spür- und sichtbar, in Ergebnissen jedoch weniger messbar. Die Ursachenforschung fällt somit schwer, da es nicht den einen Grund für die Ergebniskrise beim VfB gibt – in Summe machen die kleinen Defizite aber viel aus. Wohlgemuth und Hoeneß, die zwei Bodyguards, wissen das und versuchen sich in ihren Bewertungen von den Resultaten zu lösen. Ein schwieriges Unterfangen, wenn am Ende abgerechnet wird.

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