Der frühere ZDF-Moderator Peter Hahne predigt in einer Kirche in Waiblingen über christliche Orientierung – und teilt dabei kräftig gegen Politik und Medien aus.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

So voll wie beim Gottesdienst am Sonntagmorgen dürfte die evangelische Pauluskirche in Hegnach wohl nur selten sein. Wenige Plätze waren frei geblieben, als der umstrittene Pfarrer Bernhard Elser den nicht weniger umstrittenen Gastprediger – einen Freund der Familie – begrüßte: den früheren ZDF-Moderator und Buchautor Peter Hahne. Letzterer wird schon seit Längerem dafür kritisiert, dass er politisch immer weiter nach rechts gerückt ist.

 

Der 72-Jährige sorgte nun mit seiner über einstündigen Predigt unter dem Titel „Nur die Wahrheit zählt“ für Aufmerksamkeit. Hahne sprach dabei über christliche Orientierung in einer aus seiner Sicht zunehmend haltlosen Gesellschaft – und nutzte die Kanzel dabei auch für gesellschafts- und parteipolitische Kritik; etwa an der CDU, den Medien, der Genderpolitik sowie dem deutschen Bildungssystem. Und das, obwohl – oder gerade weil – am Nachmittag noch sein Vortrag im Gemeindehaus zum Thema „Wege aus der Krise“ auf dem Programm stand, für den er „Klartext und Hardcore“ angekündigt hatte.

Hegnachs Pfarrer Bernhard Elser

Peter Hahne: Was brauchen wir da noch Jesus?

Früh in seiner Predigt schlug Hahne einen politischen Ton an. In Anspielung auf die Zehn Gebote sagte der studierte Theologe und Journalist: „Faxen Sie die ins Adenauer-Haus zur CDU. Du sollst nicht lügen.“ Damit spielte er auf aktuelle Diskussionen rund um den Koalitionsvertrag und das geplante „Anti-Lügen-Gesetz“ an. In sarkastischem Ton fragte er weiter: „Dass ausgerechnet die CDU uns jetzt das Lügen verbieten will – was brauchen wir da noch, Jesus?“ Die Parteizentrale der Christdemokraten sei auf Wunsch Helmut Kohls bewusst in Form eines Schiffes gebaut, Angela Merkel habe gar vom Schlachtschiff für die Erneuerung Deutschlands gesprochen. Ob sie die Titanic damit meinten?, fragte Hahne.

Er zitierte den Physiker Werner Heisenberg, der gesagt habe, die Welt funktioniere zwar großartig, treibe aber ohne Anker und Kompass hilflos dahin. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann sie an einem Eisberg oder an einer Klippe zerschellen werde. So sei es auch heute noch mit den Parteien, meinte Hahne. „Alle wollten für uns Anker sein, alle wollten für uns Kompass sein, alle wollten für uns Wahrheit sein. Kreuzt unsere Partei an, und es geht euch gut.“

Den wahren Kompass finde man seiner Ansicht nach jedoch nicht in politischen Programmen, sondern einzig im christlichen Glauben. Das Wort Gottes und Jesus Christus seien Anker und Kompass. Es fehle nicht an neuen Ideen, sondern an klarer Orientierung – und die stehe in der Bibel. Dass die Christliche Polizeigewerkschaft am Arbeitsplatz keine Bibeln mehr verteilen dürfe und dies auch an manchen Schulen im Land nicht mehr geschehe, sei „eine Pleite“.

Peter Hahne: „Schwurbeleien in der Bundespressekonferenz“

In der Bibel stünden „keine Fake News“ und „keine Verschwörungstheorien“, sondern sie enthalte „Worte mit Ewigkeitswert“, so Hahne. In einer Spitze gegen Politik und Medien sagte er weiter: „Wenn Sie Schwurbeleien, Verschwörungstheorien und Fake News hören wollen, gehen Sie in die Bundespressekonferenz und fahren Sie nach Berlin.“

Neben biblischen Botschaften enthielt seine Predigt auch etliche polemische Seitenhiebe. Schüler wüssten heute mehr über Ramadan als über die christliche Fastenzeit, beklagte Hahne. Er äußerte sich auch zur Debatte um Geschlechtervielfalt und verwies auf die Schöpfungsgeschichte. Er kritisierte, dass man in der westlichen Welt bereit sei, die erste Seite der Bibel – in der stehe, Gott habe den Menschen als Mann und Frau geschaffen – einfach zu ignorieren. Muslime könnten so viel „Idiotie“ gar nicht ernst nehmen, sagte Hahne sinngemäß. Sein verstorbener Kollege Peter Scholl-Latour habe gesagt: „Ich habe keine Angst vor der Stärke des Islams, sondern vor einer Schwäche des Christentums“, zitierte Hahne und befand: „Das ist haarscharf unsere Gegenwart.“

Ist Peter Hahne Mahner oder Star-Comedian?

Mit der öffentlichen Kritik an seinen als rechtspopulistisch eingeordneten Äußerungen ging Hahne demonstrativ gelassen um. So hatte etwa Literaturkritiker Denis Scheck ihn als „Star-Comedian der deutschen Stammtische“ bezeichnet, als einen, der sich „beim Denken und Schreiben gern rechts überholt“. Hahne: „Sie wären doch nicht hier, wenn ich nicht umstritten wäre.“

Auch die staatlichen Corona-Maßnahmen nahm Hahne ins Visier. Bezogen auf die „G-Regeln“, die während der Corona-Pandemie galten, sagte Hahne: „Man glaubt es kaum, was wir Deutschland, dem Volk, den Alten und Sterbenden und unseren Kindern angetan haben – ein Verbrechen.“ Damit stellte er die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen pauschal infrage – eine Aussage, die bei manchen Zuhörern zustimmendes Nicken, bei anderen jedoch Kopfschütteln hervorrief.

Applaus erhielt er von großen Teilen des Publikums für anerkennende Worte für den Hegnacher Gemeindepfarrer Bernhard Elser, der selbst in der Vergangenheit mehrfach in der Kritik gestanden hat, etwa wegen eines Videos, in dem er Impfdruck mit Zuständen während der NS-Zeit verglich – ein Vergleich, den die Evangelische Landeskirche deutlich verurteilte. Hahne spielte auf diese Debatte an: Welcher andere Pfarrer könne schon von sich behaupten, medial und weltweit als „Nazi-Vergleichszieher“, „Gemeindespalter“, „Ultra-Evangelikaler“ oder „Querprediger“ in die Geschichte eingegangen zu sein: „Das ist doch ein Ritterschlag nach dem anderen“, so Hahne. Nicht nur dieser Satz in Hahnes Auftritt dürfte die Erwartungen seiner Fans erfüllt haben – und die seiner Kritiker.

Übrigens: An der Einladung Peter Hahnes zur Predigt und Vortrag ist laut Waiblingens Dekan Ulrich Erhardt formal nichts auszusetzen: Eine Pfarrerin oder der Pfarrer könne im Rahmen der geltenden Gottesdienstordnung die „gottesdienstlichen Räume anderen ordinierten Pfarrerinnen oder Pfarrern oder solchen nicht ordinierten Personen, von denen eine schrift- und bekenntnismäßige Verkündigung erwartet werden kann, zur öffentlichen Wortverkündigung überlassen“. Das stehe so im Pfarrdienstrecht, erklärt der Dekan auf Nachfrage. Er selbst habe Hahnes Predigt am Sonntag nicht besucht.