Zehn Monate nach der Flutkatastrophe kehrt die Wieslauftalbahn zurück. Moderner und barrierefrei – das „Wiesel“ rollt wieder durchs Tal. Ein Aufbruch mit Symbolkraft, gefeiert mit politischer Prominenz.
Die Flut kam im Juni vergangenen Jahres mit brutaler Wucht, zerstörte Gleise, Fahrzeuge und Infrastruktur im Wieslauftal. Doch am Dienstagnachmittag feierte das Tal ein kleines Wunder: Die Wieslauftalbahn, liebevoll „Wiesel“ genannt, ist zurück – und das schneller als es viele für möglich hielten. Moderner, komfortabler und erstmals vollständig barrierefrei, nimmt sie wieder Fahrt auf – ein Hoffnungssignal auf Schienen.
Wie das Landratsamt mitteilt, wurde das 11,5 Kilometer lange Streckennetz in Rekordzeit instand gesetzt. Auch die Fahrzeuge selbst – teilweise Totalschäden – wurden ersetzt oder repariert. Der Startschuss für den Betrieb fiel mit politischem Beistand: Innenminister Thomas Strobl (CDU), Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), Landrat Richard Sigel und zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung begleiteten die erste Fahrt von Schorndorf bis Miedelsbach.
Wieslauftalbahn: Modernisierung und Zukunftsversprechen nach Flut
„Unser Wiesel ist zurück – besser als je zuvor“, betonte Landrat Sigel stolz bei der Eröffnung. Mit Blick auf die zerstörte Infrastruktur und den Investitionsstau der vergangenen Jahre sei die Katastrophe auch ein Weckruf gewesen. Die Folge: Generalüberholung der Technik, neue Fahrzeuge und ein Zukunftsversprechen für die Region. Insgesamt flossen Millionenbeträge – getragen von Versicherungen, Landesmitteln und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn (ZVVW).
Flut und Wiederaufbau – ein Kraftakt mit Symbolkraft
Rund ein Drittel der Strecke war unpassierbar, sechs Fahrzeuge unbrauchbar, die Werkstatthalle in Rudersberg schwer beschädigt. Vier Regioshuttles des Typs NE 81 wurden als wirtschaftlicher Totalschaden eingestuft und an die Schwäbische Alb-Bahn verkauft. Doch was verloren ging, wurde in Windeseile ersetzt: neue gebrauchte Fahrzeuge, bessere Technik, barrierefreier Komfort – ein Bahnangebot auf dem neuesten Stand.
Innenminister Strobl erinnerte an den Ausnahmezustand im Sommer 2024: „Viele Ehrenamtliche haben tagelang gegen das Wasser gekämpft – unser ganzer Respekt gilt ihnen.“ Rund 600 Millionen Euro Schaden seien kreisweit entstanden. Umso größer sei die Bedeutung dieses Bahn-Starts: „Mein Grundsatz war: wenig versprechen, alles halten. Dass das Wiesel heute wieder fährt, ist ein Versprechen, das eingelöst wurde.“
Förderungen, Versicherungen und viel Teamgeist
Das Comeback des Wiesels war indes kein Selbstläufer. Wie Verkehrsminister Winfried Hermann betonte, war es eine Mischung aus schnellem Handeln, gegenseitiger Unterstützung und kluger Planung. Das Land Baden-Württemberg steuerte 25 Millionen Euro bei – weitere 17 Millionen Euro an EU-Fördermitteln stehen in Aussicht. Die Versicherungen übernahmen den Großteil der Schäden, darunter auch die erwarteten Kosten für zwei noch in Weiden begutachtete Regio-Shuttles – pro Stück bis zu 2,2 Millionen Euro.
Baulich begann der Wiederaufbau im Herbst 2024. Trotz angespannter Lage in der Bauwirtschaft gelang es, das Projekt zügig voranzutreiben. Ein milder Winter spielte der Planung in die Karten, der Abtransport der beschädigten Züge war im November abgeschlossen. Am 14. April geht die Strecke nun bis Rudersberg Bahnhof in Betrieb – die Verlängerung bis Oberndorf ist bis spätestens Schuljahresbeginn im September geplant.
Zukunft auf Schienen – mit Herz und Historie
Die neuen gebrauchten Fahrzeuge – Typen VT 451 und 452 – bieten Klimatisierung, mehr Komfort und Platz. Ergänzt werden sie durch zwei Mietfahrzeuge. Insgesamt stehen vier modernisierte Triebwagen bereit, langfristig sollen alle auf der Strecke eingesetzt werden. Die Finanzierung stemmen Landkreis (65 Prozent), Stadt Schorndorf und Gemeinde Rudersberg (je 17,5 Prozent).
Ein Zug des Wiesels bietet 70 Sitzplätze, ergänzt durch Mehrzweckflächen für Fahrräder oder Rollstühle. Bis zum vollständigen Betrieb fährt ergänzend ein Gelenkbus im Halbstundentakt – eine flexible Übergangslösung, wie das Landratsamt mitteilt.
Ein Jubiläum mit Rückenwind – am 28. Juni wird gefeiert
2025 markiert nicht nur die Rückkehr des Wiesels, sondern auch ein Jubiläum: Vor 30 Jahren wurde die Wieslauftalbahn gerettet – damals drohte ihr das Aus durch die Deutsche Bundesbahn. Mit Gründung des ZVVW und Wiederaufnahme des Betriebs am 1. Januar 1995 begann ein neues Kapitel regionaler Mobilität. Die diesjährige Wiederaufnahme nach zehn Monaten Zwangspause fällt daher nicht zufällig mit einem Jubiläumsfest zusammen: Am 28. Juni wird in Rudersberg gefeiert – und das Wiesel steht dabei im Zentrum.
„Wohl kaum jemand hätte im Sommer geglaubt, dass wir heute hier stehen“, sagte Schorndorfs Oberbürgermeister Bernd Hornikel. „Doch mit vereinten Kräften haben wir es geschafft.“ Auch Rudersbergs Bürgermeister Raimon Ahrens zeigte sich bewegt: „Dieser Wiederaufbau gibt uns Kraft für kommende Herausforderungen.“