Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

In den Analysen zum Mauerfall taucht sie nur selten auf, dennoch war die so genannte Cocom-Liste, mit deren Hilfe der Westen den Export von High-Tech in die sozialistischen Staaten zu verhindern versuchte, ein entscheidender Faktor für den Kollaps der DDR. Hochtechnologie konnte nur mit vielen Tricks ins Land geschafft werden. Aus eigener Kraft schaffte die DDR den Anschluss nicht mehr.

 

Paradebeispiel ist die Produktion eigener Mikrochips, die vom damaligen Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker als Beleg für die technische Potenz des Landes hervorgehoben wurde. Als im September 1988 das Kombinat Carl Zeiss Jena einen Ein-Megabit-Chip präsentierte, war das Land finanziell und technologisch bis an die Grenzen seine Möglichkeiten gegangen.

Doch schon am Tag als der Chip Honecker vorgestellt wurde, war die vermeintliche Errungenschaft hoffnungslos überholt. Der japanische Marktführer Toshiba hatte zwei Jahre zuvor mit der Massenproduktion solcher Chips begonnen – zu Schleuderpreisen. Chips mit vier Megabit waren in Sicht. Auf dem Weltmarkt war das DDR-Produkt chancenlos und für die Binnenwirtschaft zu teuer.

Honecker wollte sich Zustimmung erkaufen

Insgeheim wusste die DDR-Führung, wie brüchig ihr Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung war. Sie versuchte sich deren Stillhalten buchstäblich zu erkaufen. Doch dafür brauchte es den stetigen Strom westlicher Devisen. Diese Entwicklung hatte ironischerweise der sonst auf eine strikte Abschottung vom Westen setzende Staatsratsvorsitzende Erich Honecker zu verantworten. Er hatte der Bevölkerung einen höheren Lebensstandard versprochen und schlug dafür alle Warnungen vor der seit den siebziger Jahren unaufhörlich gekletterten West-Verschuldung der DDR in den Wind.

Dass man beim Wohlstand der Bundesrepublik hinterherhinkte, damit hatte sich das Gros der DDR-Bevölkerung über die Jahre mehr oder weniger abgefunden. Aber bis zur Mitte der achtziger Jahre hatte die DDR dank der Westdevisen und teilweise mithilfe manipulierter Statistiken immerhin einen stetigen ökonomischen Fortschritt suggerieren können. Dies war auch eines der Argumente dafür, warum sich die Führung hartnäckig von den sowjetischen Wirtschaftsreformen unter Michail Gorbatschow distanzierte. So marode wie beim großen sozialistischen Bruder sei die eigene Wirtschaft doch nicht, hieß es. Diese Illusion musste um jeden Preis aufrechterhalten werden.