Debatte zur Oper in Stuttgart Schwere Vorwürfe gegen die Stadt wegen Opernsanierung

Der Littmann-Bau: ein Leuchtturm für den Wirtschaftsstandort – aber auch ein teures Sanierungsprojekt. Foto: Wilhelm Mierendorf

Ministerin Petra Olschowski verteidigt im Landtag die Sanierung des Stuttgarter Opernhauses und die Neubauten – trotz einer längeren Bauzeit und der enormen Kosten. Die SPD macht der Stadt schwere Vorwürfe. Die CDU spielt auf Zeit.

Die Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Petra Olschowski (Grüne), hat die Forderungen der Oppositionsparteien SPD, FDP und AfD nach einer Änderung der Pläne für die Sanierung der Stuttgarter Oper zurückgewiesen. In der von den Sozialdemokraten angestoßenen Debatte mit dem Titel „Auf dem Weg zum Drama: Wie geht es weiter mit der Staatsoper?“ würdigte sie vor allem die Leuchtturmfunktion des Dreispartenhauses für den Wirtschaftsstandort, kam aber nicht umhin, Probleme einzuräumen. Sie habe die Nachricht von einer Verzögerung beim Bau des Interimsgebäudes im Nordbahnhofviertel um vier Jahre selbst sehr stark belastet. Bis heute sei aber kein besserer, schnellerer und billigerer Vorschlag präsentiert worden, wie der vom Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater (WST) beschlossene. 19 Standorte habe man ernsthaft und intensiv geprüft. Der Grünen-Abgeordnete Erwin Köhler unterstützte die Ministerin.

 

Die Alternative ist keine

Natürlich sei nichts alternativlos. Aber eine Alternative müsse eine bessere Option eröffnen als die angedachte Sanierung des denkmalgeschützten Littmann-Baus, der Anbau an das Kulissenlager auf dem Zuckerfabrikgelände und der Bau einer Interimsoper bei den Wagenhallen. Dem SPD-Landtagsabgeordneten Martin Rivoir warf Olschowski vor, „populistisch Zahlen in den Raum zu werfen, die jeglicher Grundlage entbehren“. Rivoir hatte behauptet, das Operngebäude werde nach neuesten Erkenntnissen der von Land und Stadt eingesetzten Projektgesellschaft erst 2044 wiedereröffnet und zwei Milliarden Euro kosten. Sie nennt 2041 als Jahr des Umzugs. Der Spielbetrieb soll dann ein Jahr später aufgenommen werden.

Zu den Kosten hieß es, 2019 sei von rund 550 Millionen Euro die Rede gewesen, die inklusive Puffer für Bauleistungen und Inflation auf etwa eine Milliarde Euro steigen könnten. Seitdem hieß es lediglich, eine um ein Jahr längere Bauzeit schlage mit etwa 30 Millionen Euro zu Buche.

Kostenklarheit erst 2030

Die Ministerin stellte klar, dass „bis jetzt alles nach Plan gelaufen ist und die nächsten Schritte genau definiert sind“. Aktuell seien keine Beschlüsse zu fassen. Entscheidungen stünden erst an, „wenn die gründliche Planung abgeschlossen ist“. Für die Werkstätten und die Interimsoper ist das 2025 und 2026 der Fall, für die Sanierung des Littmann-Baus erst 2030. Laut der Ministerin gibt es „kein Augen zu und durch“ und auch keine „Goldrandplanung“. Ob die Kreuzbühne gebaut werde, wofür eine Seitenwand des denkmalgeschützten Gebäudes versetzt werden müsste, ob die Gastronomie vergrößert und das Kulissengebäude durch einen Neubau ersetzt würde, sei „überhaupt noch nicht entschieden“.

CDU verhält sich abwartend

Ob die Opernsanierung wie bisher vorgesehen umgesetzt wird, hängt nicht unwesentlich vom Ergebnis der Landtagswahl 2026 ab, nach der die CDU stärkste Kraft werden könnte. Im ländlichen Raum, wo sie besonders stark ist, sind die Sympathien für teure Investitionen in der Landeshauptstadt überschaubar. Der CDU-Abgeordnete Andreas Sturm übte sich daher auch in Zurückhaltung. Die Debatte über einen Planungsstopp komme zum falschen Zeitpunkt, sagte er in Richtung der SPD-Fraktion. Er brächte nichts außer Mehrkosten und einem – allerdings alarmierenden – zusätzlichen zeitlichen Verzug. Er begrüßte den Vorschlag, die Projektgesellschaft ProWST bis zum Sommer 2025 mit der Suche nach Einsparpotenzialen beauftragt zu haben. „Wir wollen erstklassige Ensembles und erstklassige Gebäude“, sagte Sturm. „Wir wollen aber auch alle Fakten auf dem Tisch haben.“

„Falsch geplant und schlampig vorbereitet“

Martin Rivoir erhob in seinem Beitrag schwere Vorwürfe gegenüber der Stadt, die den Interimsbau „falsch geplant und schlampig vorbereitet“ habe und damit schuld sei „an diesen Verzögerungen und dem Chaos“. Er hob auf die Notwendigkeit ab, für die 1400 Mitarbeiter zeitgemäße Arbeitsplätze zu schaffen. Um Akzeptanz bei den Bürgern zu erreichen, müssten jetzt Alternativen geprüft werden. Er favorisiert einen Neubau für die Oper auf dem S-21-Gelände oder anstelle des denkmalgeschützten König-Katharina-Stifts.

Der Littmann-Bau könnte mit geringerem Aufwand saniert werden, da er nur noch für das Ballett und für Konzerte benötigt würde. Ministerin Petra Olschowski erteilte diesen Plänen eine Absage. Zwei neue Gebäude (Gymnasium und Oper) wären nötig, außerdem doppelt so große Ensembles, weil diese dann täglich in ihren Häusern auftreten müssten, hinzu ein doppelter Personalbedarf im Backstagebereich.

AfD kritisiert Sancta-Oper

Für die Opposition erklärte Stephan Brauer (FDP), die „Goldrandlösung“ wäre so teuer wie „zwei Elbphilharmonien und vier Berliner Staatsopern“. Er vermutet, dass Grüne und CDU erst nach der Landtagswahl über die Sanierung entscheiden würden. Das Projekt müsse in einem vernünftigen Kostenrahmen bleiben. Für die AfD sieht Rainer Balzer den Aufwand für die Sanierung gegenüber den künstlerischen Leistungen im Allgemeinen und der auf dem Boulevard als Skandaloper bezeichneten Aufführung „Sancta Susanna“ gegenüber in einem krassen Missverhältnis.

Sanierung, Interimsoper und Neubau bis 2024 geplant

Sanierung
 Im 1924 unter Denkmalschutz gestellten Littmann-Bau finden Vorführungen der Oper- und Ballettensembles statt. Er ist stark renovierungsbedürftig, die Arbeitsbedingungen sind nicht zeitgemäß. Der Bau soll von 2033 an umgebaut und im zweiten Quartal 2042 eingeweiht werden.

Interim und Neubau
 Bevor die Axt an den Littmann-Bau gelegt wird, muss ein Ersatzgebäude fertig gebaut sein. Das entsteht neben den Wagenhallen im Nordbahnhof. Der Architektenwettbewerb ist absolviert, mit den vorbereitenden Arbeiten wurde begonnen. Dennoch verzögert sich der Baubeginn um vier Jahre auf 2028. Zwei von drei Gebäudeteilen sollen nach dem Auszug der Ensembles 2041 stehen bleiben, Bühnenturm und der Zuschauersaal sollen verkauft werden. Auf dem ehemaligen Zuckerfabrikgelände in Bad Cannstatt bekommt das Kulissenlager zudem einen Anbau.

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