Die Zentrale Notübernachtung für wohnungslose Menschen soll künftig an drei Standorten ganzjährig geöffnet sein. Bei einem Standort gibt es ein Problem.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Wer unfreiwillig obdachlos ist, hat einen Anspruch auf Unterbringung – und das sind in Stuttgart immer mehr Menschen. Die Stadt will der Entwicklung Rechnung tragen und ihre Zentrale Notübernachtung erweitern. Bisher stehen 100 Plätze ganzjährig an zwei Standorten zur Verfügung – zuzüglich 50 Plätzen an einem dritten Standort in den Wintermonaten. Von Januar 2026 an sollen die 150 Plätze ganzjährig belegt werden können, so ein gemeinsamer Vorschlag von Sozial- und Ordnungsreferat, der nun im Sozial- und Gesundheitsausschuss vorgestellt wurde; am Donnerstag befindet der Gemeinderat. Begründet wird die Erweiterung vor allem mit dem angespannten Stuttgarter Wohnungsmarkt. Dadurch gelingt der Abfluss aus den Angeboten der Wohnungsnotfallhilfe nicht, was wiederum zu einem dauerhaften Belegungsdruck in der Notunterkunft führt.

 

Das Vorhaben sieht auch eine konzeptionelle Änderung vor: Die Sozialarbeiter sollen sich auf die tatsächliche Sozialarbeit konzentrieren und nicht noch alle Aufgaben rund um die Hausleitung übernehmen, wie sie es bisher unterstützt von Aushilfskräften getan haben. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels bei Sozialpädagogen soll die Hausleitung von einer eigenen Fachkraft ausgeübt werden, die auch einer anderen Berufsgruppe angehören kann. Bei der Flüchtlingsunterbringung wird das bereits so praktiziert. Die Verwaltung erhofft sich laut einer Vorlage zur geplanten Erweiterung, dass beide Aufgabenbereiche durch die personelle Trennung an Attraktivität gewinnen. Der Betrieb der Zentralen Notübernachtung durch einen oder mehrere soziale Träger soll wegen der neuen Bedingungen für drei Jahre neu ausgeschrieben werden.

CDU äußert wegen der Mehrkosten Bedenken

Die CDU-Fraktion erkennt den Bedarf für die Erweiterung der Notübernachtung einerseits an. Das Vorhaben leuchte ein, so Stadträtin Bianka Durst. Dass die Erweiterung Mehrkosten bedeutet, sieht die CDU hingegen kritisch. Die Stadt beziffert diese mit 330 000 Euro pro Jahr, weshalb auch das Finanzreferat „Bedenken“ bei der Mitzeichnung der Vorlage geltend gemacht hat. Die Gesamtkosten für die „neue“ Zentrale Notübernachtung lägen laut der Vorlage bei 710 000 Euro im Jahr. Durst stellte im Ausschuss die Frage, ob die Trennung von Hausleitung und Sozialdienst sowie die ganzjährige Öffnung aller drei Standorte entsprechend dringlich seien.

Vertreter der anderen Fraktionen befürworteten dagegen die Erweiterung. Grünenfraktionsvorsitzende Petra Rühle und Linkenstadträtin Johanna Tiarks wiesen beide darauf hin, dass es sich bei dem Ganzen um eine „Pflichtaufgabe“ handele, Tiarks ergänzte, es sei auch eine „humanitäre Aufgabe“. Kurzfristig bei großer Sommerhitze Unterkünfte anzumieten, würde dagegen „richtig teuer“, so Rühle. Auch Matthias Oechsner (FDP) und Clara Streicher (SPD) begrüßten die ganzjährige Öffnung.

Stadt muss noch einen Standort für den Winter finden

Ein Problem muss die Stadt in jedem Fall noch vor Winterbeginn lösen, darauf wies der Abteilungsleiter Soziale Wohnhilfen und Prävention, Daniel Benneweg, hin: Sie muss einen Interimsstandort finden. Wegen eines Brands und eines Wasserschadens am Standort Hauptstätter Straße im Sommer 2023 steht dieses Gebäude weiterhin nicht zur Verfügung. Erst Ende des Jahres seien die Renovierungsarbeiten abgeschlossen – zu spät für die Wintersaison. Den Ausweichstandort an der Talstraße habe man aufgegeben, so Benneweg. „Wir suchen ein neues Objekt zur nächsten Wintersaison“, sagte der Abteilungsleiter. Die zwei anderen Standorte sind in der Bottroper Straße und in der Hohenheimer Straße.