Die Stuttgarter Wilhelma kann sich zweitartenreichster Zoologischer Garten der Welt nennen. Was heißt das für die Zukunft? Wir haben nachgefragt – beim „Ortstermin“ unserer Zeitung.
Fast unauffällig betritt der Chef die Wilhelmaschule. Mehr als 80 Leserinnen und Leser unserer Zeitung warten am Freitag Nachmittag auf Thomas Kölpin, seit 2014 Direktor der Stuttgarter Wilhelma, des einzigen Zoologisch-Botanischen Gartens Deutschlands. Kölpin kommt mit der für ihn typischen Wilhelma-Weste, und man merkt sofort: Er lebt die Wilhelma mit jeder Faser.
Und doch ist an diesem Nachmittag im Gespräch mit Iris Frey, Wilhelma-Expertin unserer Zeitung, nicht nur der Zoologe gefragt, nicht nur der Artenschützer, nicht nur der Streiter für Erfolgsprojekte wie die Terra Australis. Kölpin gibt auch den Diplomaten – es geht nicht nur um viel Geld für eine der wichtigsten Attraktionen der Landeshauptstadt sowie für Baden-Württemberg, sondern auch um große Themen. Neben dem Artenschutz ist dies zuvorderst der Klimawandel. Und dabei denkt Thomas Kölpin auch für die Wilhelma in großen Zeiträumen. „Bäume“, sagt er im Gespräch mit Iris Frey, „werden bis zu 200 Jahre alt, sind unsere ältesten Lebewesen“. Und für sie gelte es, die Überlebensfähigkeit sicherzustellen.
In den anschließenden exklusiven Rundgängen für die „Ortstermin“-Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden noch einmal die großen Veränderungen in der Wilhelma deutlich. Vor allem die vor der Eröffnung stehende Anlage für „die größte Raubkatze der Welt“ (Kölpin) fasziniert. „Amur-Tiger“ steht weithin sichtbar über dem künftigen Besuchertunnel unter der „einen halben Hektar großen Anlage“. Und mit einigem Glück wird das Wilhelma-Publikum die bis zu 300 Kilo schweren Tiere über den Tunnel nicht nur überraschend nah erleben können, sondern auch hoch über den Köpfen sehen.
Hofft hier Thomas Kölpin mit seinem Team auf zukünftige Zuchterfolge, konnte man diesen vor knapp einem Jahr bei den Koalas überraschend schnell feiern. Und pünktlich zum „Ortstermin“ zeigen sich die beiden Jungtiere hoch aktiv. Mit dem Schutz der Mutter alles zu erkunden, scheint am Freitagnachmittag das erklärte Ziel. Den Ernst dahinter hatte Iris Frey im „Ortstermin“-Dialog angesprochen – sechs von 50 Koalas in europäischen Zoos kommen aus der Wilhelma, 6 von 13 Tieren sind es auf Deutschland allein bezogen.
„Größtes Investitionsprojekt“ aber bleibt mit die geplante neue Elefantenwelt mit 51 Millionen Euro Förderung allein durch durch das Land. Das Stuttgarter Büro Hermann + Bosch Architekten plant zusammen mit MKK Architekten und dem Ingenieurbüro Knippers Helbig eine Anlage für bis zu 14 Tieren. Für Thomas Kölpin besonders wichtig: die mögliche Trennung der Tiere über Mutterhäuser und Junggesellenhäuser, drei Außen- und drei Innenanlagen. In diesem Herbst sollen die Bauarbeiten beginnen.
Aber auch in der Terra Australis geht es weiter – aktuell entsteht eine neue Anlage für graue Riesenkängurus, Tasmanische Teufel („der größte Beutelräuber“, so Thomas Kölpin) und Wombats. Und auch diese Weiterentwicklung darf man als Aspekt des zentralen Zukunftswunsches des Wilhelma-Direktors sehen: „die Transformation der Wilhelma von einem Zoologisch-Botanischen Garten mit hohem Artenschutz-Engagement hin zu einem Artenschutzzentrum mit angeschlossenem Zoologisch-Botanischen Garten.“
Natürlich aber weiß Thomas Kölpin um die Kärrnerarbeit in der Gegenwart. Schon das Ankommen der Besucherinnen und Besucher zählt. Und so soll der historische Pavillon am Eingang nach immer neuen Verzögerungen nun möglichst rasch abschließend saniert sein. Und natürlich bleibt auch dies ein Wunsch: „Die Wiedereröffnung der dann sanierten Damaszenerhalle zum 175-jährigen Bestehen der Wilhelma im Jahr 2028.“ Er sei nach den Erfahrungen mit dem Pavillon jedoch auch für das einzige Gebäude in der Stuttgarter Wilhelma, das im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde, „mit Prognosen vorsichtig geworden“, sagt Kölpin – und fügt unter viel Beifall des „Ortstermin“-Publikums hinzu: „Aber schön wäre es schon.“
Kindertag an Pfingstmontag
Staunen und Toben
Kindertag ist eigentlich jeder Tag in der Wilhelma, aber einmal im Jahr wird für die jüngsten Besucherinnen und Besucher des zoologisch-botanischen Gartens noch mehr als sonst geboten – am Kindertag. Dieses Jahr findet der Kindertag am Pfingstmontag, 9. Juni, statt. Große Hüpfburgen bieten Möglichkeiten zum Spielen und Toben. Auch die Rollende Kinderturn-Welt, das Bewegungsmobil der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg, ist wieder vor Ort – mit fünf Erlebnisstationen, die bei Klein und Groß für Spaß und Bewegung sorgen. Für Groß und Klein wichtig: Um 14 Uhr wird beim Restaurant Amazonica ein überdimensionaler Erdbeerkuchen angeschnitten. Der Erlös aus dem Verkauf des Kuchens wird komplett an ein von der Wilhelma unterstütztes Artenschutzprojekt gespendet. Die Programme am Kindertag beginnen um 10 Uhr und enden um 16 Uhr. Alle Mitmachaktionen sind im Eintrittspreis enthalten. Kinder unter 6 Jahren haben wie immer freien Eintritt.