Sparkurs im Kreis Göppingen Die Streichliste des Landrats

Bei der Schulsozialarbeit in den kreiseigenen Schulen soll kräftig gespart werden. Und die Zuschüsse dafür an die Kommunen könnten ganz gestrichen werden. Foto: dpa

Teil-Verkauf der Klinik, Rotstift beim Sozialen und Stellenabbau: Bei einer Klausur hat Landrat Markus Möller den Kreisräten seine Sparvorschläge unterbreitet. Das steht auf der Liste.

Bevor der neue Göppinger Landrat Markus Möller (CDU) in zwei Wochen seinen ersten Haushaltsentwurf im Kreistag einbringt, hat er die Mitglieder des Kreistags zu einer Klausur hinter verschlossenen Türen gebeten. Dort konnten sie einen Blick auf Möllers Streichliste mit seinen Vorschlägen werfen, um den hoch verschuldeten Landkreis zu entlasten. Wobei die Liste im Moment eher noch ein Wunschzettel ist, denn das letzte Wort hat der Kreistag, er kann den Empfehlungen zustimmen, muss aber nicht.

 

Damit das geheime Papier nicht durchgestochen wird, hat das Landratsamt vorgesorgt: Möllers Ausführungen wurden nicht etwa als Dokument per E-Mail verschickt oder zum Download angeboten oder gar auf Papier verteilt. Nur über das interne Informationssystem des Kreistags haben dessen Mitglieder Zugriff auf die Liste: Jeder Zugriff wird dort dokumentiert, die Unterlagen werden mit einem entsprechenden Wasserzeichen mit Datum, Uhrzeit und dem Namen der jeweiligen Person versehen, die sie angefordert hat.

Höchste Geheimhaltung

Das hat auch alles seinen Grund, denn der Inhalt ist brisant. Rund 20 Millionen Euro will der Landrat einsparen und in vielen Bereichen den Rotstift ansetzen. So zum Beispiel beim Personal: Hier sollen acht Prozent der Stellen in den kommenden acht Jahren gestrichen werden, „effektiv ein Prozent pro Jahr“, heißt es in dem Papier. Es soll ein „möglichst sozialverträglicher Abbau“ stattfinden. So sollen allein bis 2029 rund 3,8 Millionen Euro eingespart werden.

Rund eine Million Euro pro Jahr könnten dadurch eingespart werden, dass Verluste des Alb-Fils-Klinikums (AFK) „in die Zukunft verschoben“ und ab dem Jahr 2034 ausgeglichen werden. Der Fehlbetrag soll dafür im Wirtschaftsplan der AFK-GmbH ausgewiesen werden. Sogar einen teilweisen Verkauf der Klinik schlägt Möller vor: 20 Prozent der Gesellschafteranteile könnten veräußert werden, an wen, ist unklar. Der Nachteil ist schriftlich festgehalten in dem Papier: „Ein Risiko besteht in einem geringeren Einfluss auf strategische Entscheidungen.“

Kräftig gespart werden soll auch bei der Schulsozialarbeit: Hier steht eine 50-Prozent-Kürzung der 5,5 Stellen an den sechs beruflichen Schulen und drei Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren des Landkreises im Raum. Ob dadurch wirklich etwas gespart ist, bezweifelt die Verwaltung offenbar selbst, denn in den Erläuterungen zu diesem Punkt steht, die Kürzung werde „zu höheren Fehl- und Abbrecherquoten führen, da viele Fälle nicht aufgefangen werden können. Die Ersparnis an Personalkosten wird langfristig durch höhere soziale und gesellschaftliche Folgekosten übertroffen“. Die kurzfristige Ersparnis läge 2026 bei 72500 Euro, in den drei Folgejahren bei jeweils 175000 Euro. Zudem fördert der Landkreis Schulsozialarbeit in den Kommunen. Auch diese Förderung soll entfallen, das würde pro Jahr bis 2029 rund 800000 Euro einsparen.

Proteste gibt es bereits

Ebenfalls den Bildungsbereich betrifft ein weiterer Punkt: Die Schließung der Schulbibliothek am Beruflichen Schulzentrum Göppingen. Die Schulleitungen hätten gegen diesen Plan schon protestiert, heißt es in den Unterlagen. Sparpotenzial hat das Landratsamt auch bei den Familientreffs gefunden. Würde deren Betrieb und damit das Beratungsangebot eingestellt, könnten pro Jahr zwischen 550000 und 600000 Euro eingespart werden.

Nicht viel besser könnte es der Suchtberatungsstelle des Evangelischen Kirchenbezirks ergehen: Wenn der Landkreis seinen Zuschuss von mehr als 500000 Euro pro Jahr streicht, entfällt wahrscheinlich auch der Landeszuschuss, die Beratung müsste aufgegeben werden. Dieselbe Summe könnte der Kreis sparen, wenn die offene Kinder- und Jugendarbeit nicht mehr finanziert wird, auch dieser Punkt ist in der Liste aufgeführt. Dasselbe gilt für die Ehe- und Erziehungsberatungsstelle des Caritasverbands in Geislingen, hier könnte nochmals derselbe Betrag eingespart werden.

In eine ganz andere Richtung geht dieser Vorschlag: Der Landkreis soll einen weiteren Blitzer-Anhänger anschaffen, so könnten unterm Strich mehr als 400000 Euro pro Jahr in die Kasse gespült werden. Würde die Waldbrandausstattung für die Feuerwehren um ein Jahr auf 2027 verschoben werden, könnten 50000 Euro eingespart werden.

Sparliste des Alb-Fils-Klinikums

Auch die Geschäftsführer des Alb-Fils-Klinikums haben eine Sparliste beigesteuert. Durch diverse Maßnahmen sollen in den kommenden beiden Jahren jeweils mehr als drei Millionen Euro weniger ausgegeben werden. Dazu gehören unter anderem: Gebührenerhöhung für das Mitarbeiterparken, Preiserhöhung bei der Mitarbeiterverpflegung, Reduktion der Öffnungszeiten in der Praxis für Akut- und Allgemeinmedizin in Geislingen und „Vorruhestandsregelungen/einvernehmliche Trennungen (Nachbesetzungen Service GmbH)“.

Weitere Kürzungsvorschlage aus der Sparliste

Rotstift
Das Klimaschutzbudget soll um zehn Prozent gesenkt werden. Ersparnis pro Jahr: rund 250 000 Euro. Außerdem: Einschränkung der Angebote des Kreismedienzentrums (Ersparnis pro Jahr: rund 50 000 Euro), Auflösung des Bildungsbüros, in dem die Zusammenarbeit im Bildungsbereich auf regionaler Ebene koordiniert wird (Ersparnis pro Jahr: rund 60 000 Euro), Kürzung des Zuschusses an den Kreisjugendring um 50 Prozent (Ersparnis pro Jahr: mehr als 100 000 Euro), Wegfall des Zuschusses an die Psychologische Familien- und Lebensberatung des Evangelischen Kirchenbezirks (Ersparnis pro Jahr: rund 100 000 Euro), Streichung des Zuschusses an Pro Familia für die Schwangeren-Konfliktberatung (Ersparnis pro Jahr: rund 40 000 Euro). Abschaffung der Schwangerenberatung des Gesundheitsamts (Ersparnis pro Jahr ab 2028: 60 000 Euro), Erhöhung der Eigenanteile im Freigestellten Schülerverkehr um fünf Euro pro Monat (Ersparnis pro Jahr: 45 000 Euro), Reduzierung des VVS-Rider-Angebots und Wegfall des Klinik-Shuttles (Ersparnis pro Jahr ab 2027: 200 000 Euro),

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