Verfassungsschutz Landtag soll nicht jedem Zugang bieten
Grüne schlagen weitreichende Maßnahmen vor, um Mitarbeiter der Parlamentarier zu überprüfen. Andere Länder haben ihre Gesetze schon angepasst.
Grüne schlagen weitreichende Maßnahmen vor, um Mitarbeiter der Parlamentarier zu überprüfen. Andere Länder haben ihre Gesetze schon angepasst.
Es war kurz vor der Sommerpause, als sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras zu Wort gemeldet hat. Um den möglichen Einfluss von Extremisten einzudämmen und die Demokratie zu schützen, sollte es künftig strengere Kontrollen von Mitarbeitern geben und auch einige Änderungen in der Landesverfassung. Dort, so der Vorschlag, sollte das Landesamt für Verfassungsschutz aufgenommen werden und die Mitarbeiter von Abgeordneten sollten vor Arbeitsbeginn ein erweitertes Führungszeugnis aus dem Bundeszentralregister vorlegen. Das erfasst alle strafrechtlichen Verurteilungen, nicht nur solche, bei denen eine Strafe ab 90 Tagessätzen verhängt wurde.
Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. „Die Gespräche dauern an“, heißt es aus dem Landtag. Die fünf Fraktionen – Grüne, CDU, SPD, FDP und AfD - befinden sich noch in Beratung. Und mitten hinein in diese Überlegungen kommt auch schon der nächste Vorschlag, dieses Mal vom Grünen Fraktionschef Andreas Schwarz. Der hat seiner Parteifreundin Aras einen Brief geschrieben, der unserer Zeitung vorliegt. Darin fordert er noch weitreichendere Maßnahmen. Neben der Auskunft aus dem Bundeszentralregister sollten Landtagsmitarbeiter künftig auch vom Verfassungsschutz als unbedenklich eingestuft werden, schlägt Andreas Schwarz vor. Sonst soll es weder Geld vom, noch Zugang zum Landtag geben. Auch für Mitarbeiter bei Polizei und Justiz sei solch eine Abfrage wünschenswert.
Das Problem: rechtlich umsetzbar ist dieser Wunsch derzeit nicht. Zwar verfügt der Verfassungsschutz qua gesetzlichem Auftrag über das Fachwissen, ob eine Person als Extremist einzustufen ist oder nicht. Beteiligt wird das Landesamt aber nur in bestimmten Fällen, zum Beispiel an Einbürgerungsverfahren, aber auch an Überprüfungen nach dem Waffen-, Jagd- und Sprengstoffrecht, an Zuverlässigkeitsüberprüfungen in den Bereichen Atom- und Luftsicherheit oder im Bewachergewerbe – nicht bei den Mitarbeitern von Parlamentariern. „Aber genau diesen Zustand wollen wir ändern“, sagt Schwarz auf Anfrage unserer Zeitung. Man wolle mit den demokratischen Fraktionen in den Austausch gehen um gegebenenfalls Anpassungen im Abgeordneten-, Fraktions- und Landesverfassungsschutzgesetz zu verankern.
Dass dies möglich ist, hat Rheinland-Pfalz schon vorgemacht. Mit einer neuen Hausordnung und einem neuen Abgeordneten- und Fraktionsgesetz hat sich der Landtag die Möglichkeit gegeben, Mitarbeiter auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen – allerdings nur, wenn diese auch zustimmen. Seit Verabschiedung der Gesetze im Sommer seien 306 Personen durch den Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt sowie durch eine Abfrage im Bundeszentralregister überprüft worden, teilt der Landtag mit. Dabei seien keine Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit festgestellt worden. 40 Überprüfungen stünden noch aus.
Andere Bundesländer kommen auf vergleichbare Ideen: Brandenburg hat bereits einen „Verfassungstreue-Check“ eingeführt. Bei jedem Bewerber wird beim dortigen Landesamt für Verfassungsschutz abgefragt, ob er bekannt ist, und zwar unabhängig von einem Verdacht. Hamburgs Senat hat Mitte Oktober eine ähnliche Abfrage beschlossen, Bremen denkt daran sie einführen – allerdings nur, wenn es im Bewerbungsgespräch oder bei einer Prüfung von Profilen in sozialen Medien Auffälligkeiten gibt.
Ob und wann sich Baden-Württemberg einreiht in diesen Kreis, müssen die anstehenden Gespräche im Vorwahlkampf zeigen. Den will Andreas Schwarz dabei möglichst ausgeblendet wissen. „So unterschiedlich unsere politischen Positionen auch sind, was uns eint, ist das klare Bekenntnis zu unserer Demokratie“, schreibt er.