CDU-Schwergewicht Thorsten Frei wirbt für eine andere Wirtschaftspolitik und hält die Neuauflage von Schwarz-Rot für denkbar.
Die entscheidende Frage stellt Harald Benz: Mit welchem Partner wolle die CDU den von ihr angestrebten Kurswechsel umsetzen? Der politisch interessierte Bürger ist aus Heimsheim nach Leonberg gekommen, um Thorsten Frei zu sehen. Ist doch der Christdemokrat, der am Montag im Ditzinger Bürgersaal und im Leonberger Skoda-Autohaus Weeber für einen Politikwechsel wirbt, ein politisches Schwergewicht.
„Er ist mein Chef und in der Fraktion der Mann nach Friedrich Merz“, stellt der örtliche Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz den Gast vor. Biadacz’ Kollege Steffen Bilger führt Frei in Ditzingen ähnlich ein: Dessen offizieller Titel lautet Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagfraktion. In der Tat kommen dessen Aufgaben jenen eines Fraktionschefs sehr nahe. Er bereitet die Sitzungen vor, stimmt mit den anderen Fraktionen im Ältestenrat die Tagesordnung ab und hält, wenn es denn nötig ist, den Laden zusammen.
Das Interesse ist groß. In Ditzingen sind es gut 100 Leute, in Leonberg fast doppelt so viele. Was der Gast aus dem Schwarzwald einmal werden könnte, darüber hat sich Oliver Zander Gedanken gemacht. „Wir würden uns freuen, Sie beim Neujahrsempfang 2026 als Bundesminister zu begrüßen“, ruft der Leonberger CDU-Chef dem prominenten Parteifreund zu. Und erklärt zudem, warum ein Autohaus zur Wahlkampfarena wird. „Günther Oettinger und ich haben mal gemeinsam mit Firmenchef Andreas Weeber gekocht. Man sieht: Kochen verbindet.“
Dann teilt der merklich aufgedrehte Marc Biadacz aus: „Das Cannabis-Gesetz brauchte die Ampel, um all das auszuhalten, was sie selbst verbockt hat“, stichelt der Abgeordnete, der sich als Direktkandidat ohne Listenplatz wieder bewirbt. „Uns hat das nicht high gemacht.“ Das Bürgergeld sei das „schlechteste der vergangenen 35 Jahre. Das schaffen wir in den ersten 100 Tagen ab.“
Schweizer arbeiten 200 Stunden mehr
Thorsten Frei attestiert seinem Kollegen, als Motivator arbeiten zu können und lässt es im Tonfall ruhiger angehen. Nicht aber in der Sache: Wirtschaftskrise, Dauerrezession, „mit die höchsten Energiepreise der Welt und milliardenschwere Subventionen, die den Mittelstand nicht erreichen.“ Der routinierte Talkshow-Diskutant wehrt sich gegen den Vorwurf, die von der Union geplanten Reformen seien nicht gegengerechnet und verhehlt nicht, dass ein Wiedererstarken der Wirtschaftskraft auch mit mehr Arbeit zu tun habe: „Die Schweizer arbeiten 200 Stunden mehr als die Deutschen. Aber ich glaube nicht, dass wir fauler sind.“ Arbeiten müsse sich einfach wieder stärker lohnen.
Das Publikum ist ihm wohlgesonnen. Allein die frühere CDU-Stadträtin Susanne Kogel bemerkt, dass die eigene Partei selbst lange am Ruder war. Frei räumt ein, dass „wir 2021 nicht ganz zu Unrecht abgewählt wurden“. Dennoch scheint ihm, und damit beantwortet er die anfängliche Frage von Harald Benz, ein Bündnis mit der SPD erneut machbar. Das zeige die Regierung in Hessen. Von der FDP ist kaum die Rede.