Die Sozialexpertin will als Nachfolgerin von Cem Özdemir im Bundestagswahlkreis I erneut das Direktmandat für ihre Partei holen. Seit Juni sitzt sie im Stuttgarter Gemeinderat.

Das Stuttgarter Kandidatinnen-Duo der Grünen für die Bundestagswahl ist vollzählig: Die im Jahr 2021 zur Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen bestellte und neue Stuttgarter Stadträtin Simone Fischer bewirbt sich bei der Kreispartei um die Bundestagskandidatur für den Wahlkreis I. Er umfasst im Wesentlichen die Innenstadt und den Süden und wurde 2021 von dem auf Platz zwei der Landesliste gesetzten heutigen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir 2021 mit 39,9 Prozent der Erststimmen deutlich gewonnen. Stefan Kaufmann (CDU) kam auf 23,7 Prozent. Der Wahlkreis ist vakant, da Özdemir nun erklärt hat, bei der nächsten Landtagswahl 2026 anzutreten, um Nachfolger von Winfried Kretschmann als Ministerpräsident zu werden.

 

Persönliche Stellungnahme abgegeben

Simone Fischer betonte in einer Stellungnahme an Parteifreunde, das Direktmandat bei der Wahl Ende September 2025 verteidigen zu wollen. Es gebe große gesellschaftliche und politische Herausforderungen. Dafür brauche es auch künftig eine kraftvolle Stimme im Bundestag. Fischer bezeichnet die soziale Gerechtigkeit als ihr Herzensthema. Schwerpunkte setzt sie in den Bereichen Gesundheit und Pflege, „für die ich mich im Bundestag und für Stuttgart einsetzen möchte“. Auch in Stuttgart werde sichtbar, wie wichtig ein inklusives Gesundheitssystem sei. Fischer spricht aus Erfahrung: Nach ihrer Tätigkeit als Fachberaterin Inklusion, gesellschaftliche Vielfalt und Quartierentwicklung beim Städtetag Baden-Württemberg arbeitete sie von Ende 2018 bis Herbst 2021 im Stuttgarter Rathaus als Behindertenbeauftragte. Dann wechselte sie ins Land.

Posten bei Land als Sprungbrett für Berlin

„Als kleinwüchsige Frau erlebt Simone Fischer selbst allerhand Barrieren im Alltag. Sie kann sich gut in die Situation anderer Menschen hineinversetzen und wird die Interessen von Menschen mit Behinderungen qualifiziert, überzeugend, verantwortungsvoll und verlässlich vertreten können“, hatte Sozialminister Manfred Lucha anlässlich ihres Amtsantritts gesagt. Fischer übernahm den Posten der Behindertenbeauftragten von Stephanie Aeffner, die für den Wahlkreis Pforzheim und den Enzkreis auf dem Landeslistenplatz 15 erfolgreich für den Bundestag kandidierte. Dort ist die seit 1999 auf einen Rollstuhl angewiesene 48-Jährige Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Für ihre Fraktion ist sie Berichterstatterin für Sozialpolitik, Koordinatorin des Gewerkschafts- und Sozialbeirats sowie Berichterstatterin für Barrierefreiheit. Ende September wurde sie erneut als Direktkandidatin nominiert.

Simone Fischer will sich im Falle der Wahl für gute Pflege einsetzen. Sie hält wegen des Personalmangels im Gesundheitswesen klare Weichenstellungen vom Bund für unerlässlich. Daher möchte sie sich für eine bedarfsgerechte und patientenzentrierte Gesundheitsversorgung vor Ort starkmachen.

Neu im Stuttgarter Gemeinderat

Die 45-Jährige betrat kürzlich im Rathaus zum ersten Mal als gewählte Volksvertreterin politisches Parkett. Die Grünen hatten sie bei der Gemeinderatswahl auf Platz neun ihrer Liste gesetzt. Im Wahlkampf betonte sie, dass sie möchte, dass Stuttgart eine Stadt werde, „in der alle Menschen gerechte Zugangschancen haben zur Betreuung für alle Kinder, zu Bildung und Arbeit, zu bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum für alle Generationen und zu einer starken sozialen Infrastruktur“. Sie wolle sich in den nächsten fünf Jahren für eine soziale, generationengerechte und wirtschaftsstarke Stadt einsetzen. Ziel sei eine ökologische und moderne Mobilität, damit alle unabhängig und barrierefrei unterwegs sein können. Stuttgart solle eine weltoffene und grüne Stadt bleiben.

Pflicht zur Teilnahme an Gemeinderatssitzungen

Fischer hat durch ihr Ratsmandat Mitgliedschaften und Funktionen in einem Dutzend Gremien. So sitzt sie im Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbautochter SWSG sowie der Volkshochschule. Sie ist unter anderem Mitglied im Personalbeirat, im Verwaltungs-, Sozial- und Sportausschuss. Es ist nicht untersagt, sowohl Stadträtin als auch Bundestagsabgeordnete zu sein, allerdings ist es laut Gemeindeordnung (Paragraf 34) zumindest Pflicht, an Gemeinderatssitzungen teilzunehmen.

Daran muss sich bald auch die SPD-Stadträtin Lucia Schanbacher orientieren. Sie übernimmt im Januar das Bundestagsmandat von Takis Mehmet Ali aus dem Wahlkreis Lörrach-Müllheim. Lucia Schanbacher hatte bei der Bundestagswahl 12,8 Prozent erhalten. Sie tritt im nächsten Jahr erneut in Stuttgart im Wahlkreis I an und trifft dort auf Simone Fischer und die CDU-Bewerberin Elisabeth Schick-Ebert. Anders als Fischer setzt Schanbacher verstärkt auf ökologische Themen. Im Stuttgarter Gemeinderat ist sie die Sprecherin für Klima, Mobilität und Stadtentwicklung der SPD.

Anna Christmann tritt auch wieder an

Im nördlichen Wahlkreis II bewirbt sich die Amtsinhaberin Anna Christmann erneut um das Mandat bei den Grünen. Sie ist seit sieben Jahren Mitglied im Bundestag. Bei der Wahl im Jahr 2021 zog sie im Kampf um das Direktmandat mit 23,7 Prozent gegen den CDU-Bewerber und neuen Kreisvorsitzenden Maximilian Mörseburg (25,9 Prozent) den Kürzeren. Ihr gelang der Sprung ins Parlament über die Landesliste, auf der sie auf Rang acht platziert worden war. Auf diese Weise gelangten bei einem Zweitstimmergebnis im Land von 17,2 Prozent weitere 13 Grüne in den Bundestag. Vier Kandidaten zogen direkt in den Bundestag ein.

Christmann ist Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Anfang 2022 wurde sie zudem zur Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt ernannt sowie zur Beauftragten des Bundesministeriums für Wirtschaft- und Klimaschutz für die digitale Wirtschaft und Start-ups.

Die FDP hat für den Wahlkreis II Mark Wieczorrek (33) nominiert. Er ist Beisitzer im Kreisvorstand und arbeitet als Manager und Projektleiter IT und Finanzen für eine mittelständische Managementberatung.