Die Landeshauptstadt Stuttgart kann eine kommunale Verfassungsbeschwerde wegen der Neuregelung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vorantreiben. Der Gemeinderat hat am Donnerstag mit den Stimmen von CDU, Grünen, SPD/Volt, AfD, Freien Wählern und FDP den Weg dafür frei gemacht, dagegen votierten Linksfraktion, Puls und der Einzelstadtrat der Tierschutzpartei.
Die Stadt möchte auf dem Rechtsweg erreichen, dass sie auf den durch Stuttgart 21 frei werdenden Gleisflächen ihre Pläne für das Rosensteinviertel vorantreiben kann. Eine Gesetzesänderung der damaligen Ampel-Koalition Ende vergangenen Jahres macht das derzeit unmöglich.
Redner der befürwortenden Fraktionen hofften darauf, dass sich die Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht von selbst erledigen könnte – dann nämlich, wenn die Bundesregierung die neue Regelungen rückgängig macht oder abschwächt. Allerdings verstärkt der Bruch des Berliner Regierungsbündnisses die Unwägbarkeiten im weiteren Ringen um die Gleisflächen.
Vor dem Ampel-Aus sahen Vertreter von SPD und FDP auf Bundesebene bei dem Gesetz Handlungsbedarf, die Grünen waren zurückhaltender. Am Donnerstag hätten sich Fachpolitiker der Ampel im Bundesverkehrsministerium um einen neuen Formulierungsvorschlag austauschen sollen. So lauteten die Pläne, ehe die Ampel auseinander gefallen ist.
Hoffnung auf politische Lösung wird kleiner
Bereits am Dienstag waren die Positionen im lediglich beratenden Stuttgart-21-Ausschuss des Gemeinderats aufeinander geprallt. Druck wollten die Stuttgart-21-Kritiker am Donnerstag bei einer Demo vor dem Rathaus machen. Von dort zogen sie auf die Zuschauerränge im Gemeinderat und begleiteten die Diskussion der Kommunalpolitiker mit Unmutsäußerungen.
Die Stadt stützt ihre Position, wonach die Novellierung des AEG einen grundgesetzwidrigen Eingriff in die kommunale Planungshoheit darstellt, auf ein von ihr beauftragtes Rechtsgutachten. In dessen Fazit heißt es: „Eine kommunale Verfassungsbeschwerde der Landeshauptstadt gegen die Neufassung des Paragraf 23 Allgemeines Eisenbahngesetz ist zulässig und hat gute Aussicht auf Erfolg.“ Gleichwohl wäre es Oberbürgermeister Frank Nopper „am liebsten, wenn wir den Rechtsweg nicht beschreiten müssten, weil die Bundesregierung das Gesetz wieder korrigiert“.