Bundesverdienstkreuz für Stuttgarter Ingenieur Wie muss in Zukunft gebaut werden, Herr Sobek?
An diesem Dienstag erhält der Stuttgarter Ingenieur Werner Sobek das Bundesverdienstkreuz am Bande. Der 69-Jährige fordert einen radikalen Wandel – nicht nur beim Bauen. Im Interview spricht er über seinen Kampf für emissionsfreies Bauen und die Nachteile des Einfamilienhauses.
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Foto Werner Sobek
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Werner Sobek gilt als Vordenker im Leichtbau und beim nachhaltigen Bauen. Der Ingenieur und Architekt gründete an der Universität Stuttgart das Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren (Ilek).
Foto ILEK, Stuttgart
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Das Ilek erforscht interdisziplinär neue Bauweisen und Tragstrukturen. Es hat seinen Sitz in dem Leichtbau-Pavillon auf dem Vaihinger Universitätsgelände, der einst als Versuchsbau für den deutschen Expo-Pavillon in Montreal 1967 diente. Im April 2020 übergab Werner Sobek die Leitung des Instituts an Lucio Blandini.
Foto Zooey Braun
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Werner Sobek fordert vehement ein Umdenken im Bauwesen und widmet sich diesem Ziel mit vielen Projekten. Eines der jüngsten Beispiele ist die Experimentaleinheit „Urban Mining & Recycling“ (UMAR) im Laborgebäude NEST auf dem Campus des schweizerischen Forschungsinstituts Empa. UMAR ist ein sortenrein aus wiederverwendbaren, wiederverwertbaren oder kompostierbaren Materialien konstruiertes Wohnmodul.
Foto Zooey Braun
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Der Entwurf entstand gemeinsam mit Dirk Hebel und Felix Heisel. Die Experimentaleinheit soll zeigen, dass Ressourcenschonung und eine ansprechende Architektur sich nicht ausschließen.
Foto René Mueller Photographie/René Müller
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Der von Sobek initiierte Sonderforschungsbereich (SFB) 1244 geht seit Anfang 2017 der Frage nach, wie mit weniger Material und weniger Emissionen mehr gebaut werden kann. Das Zauberwort lautet: Adaptivität, es ist das zentrale Feld des SFB 1244. Das sogenannte Demonstrator-Hochhaus auf dem Unigelände stellt die verschiedenen adaptiven Systeme zur Schau und testet sie.
Foto ILEK, Stuttgart
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Auch den sogenannten Gradientenbeton haben Werner Sobek und die Ilek-Forscher entwickelt.
Foto ILEK, Stuttgart
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Bei der neuartigen material- und emissionssparenden Betonart wird bei einem Bauteil durch Poren und Hohlräume im Innern Material nur da eingesetzt, wo es aufgrund der Beanspruchung tatsächlich notwendig ist.
Foto Zooey Braun
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Das Haus R128 ist das Wohnhaus von Werner Sobek. Das viergeschossige Gebäude befindet sich auf einem steilen Grundstück am Rande des Stuttgarter Talkessels. Es wurde als vollkommen rezyklierbares, im Betrieb emissionsfreies Nullheizenergie-Gebäude entworfen. Das vollkommen verglaste Gebäude ist modular aufgebaut und aufgrund des Zusammenbaus durch Steck- und Schraubverbindungen leicht auf- und abbaubar. Die Innentemperatur wird durch ein neu entwickeltes Klimakonzept geregelt.
Foto Zooey Braun
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Als Prototyp des von Sobek propagierten ressourcen- und emissionsarmen Bauens steht das erstmals in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung in Modulbauweise realisierte Aktivhaus B10.
Foto Zooey Braun
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Das erste Aktivhaus der Welt erzeugt dank seines Energiekonzepts und einer selbstlernenden Gebäudesteuerung das Doppelte seines Energiebedarfs aus nachhaltigen Quellen selbst. Das B10 stand mehr als fünf Jahre lang in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung.
Foto Zooey Braun
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Diese Aktivhaus-Wohnanlage steht seit Dezember 2019 auf einem Grundstück am Rande der Esslinger Innenstadt und besteht aus 17 Apartments in Modulbauweise. Maximale Vorfertigung, möglichst kurze Montagezeiten und einfache Umrüstbarkeit standen im Mittelpunkt des Entwurfs.
Foto Werner Sobek / AH Aktiv-Haus
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In Stuttgart-Bad Cannstatt entsteht ein nachhaltiges Stadtquartier auf Basis der von Werner Sobek entwickelten und gestalteten Aktivhaus-Module.
Foto Ulrich Schwarz
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Das Gebäude F87 ging als Sieger aus dem Realisierungswettbewerb „Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hervor und ist ein „Plusenergiehaus mit Elektromobilität“. Es erzeugt mehr regenerative Energie, als das Haus selbst benötigt, und ist so in der Lage, auch die E-Mobile der Bewohner mit Energie zu versorgen. Außerdem ist es so konstruiert, dass ein sortenreines Recycling aller Baumaterialien problemlos möglich ist.
Foto Ulrich Schwarz
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Durch die optimale räumliche Ausrichtung sowie die Integration von Fotovoltaik und Solarthermie wird mehr Energie produziert, als zur Versorgung des Gebäudes und der Fahrzeuge notwendig ist. Diese zusätzliche Energie wird in das öffentliche Netz eingespeist.
Foto Dacian Groza
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Vorbildlich nachhaltig ist das Futurium in Berlin, an dem ein Unternehmen der Firmengruppe Werner Sobek an der Fachplanung beteiligt war. Das Futurium ist ein primärenergetisches Plusenergiehaus. Möglich ist dies unter anderem durch die kompakte Bauform, eine strikt bedarfsorientierte Luft- und Energiebereitstellung sowie eine hocheffiziente Gebäudetechnik.
Foto HG Esch
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Werner Sobek realisiert mit seiner Firmengruppe häufig bahnbrechende Ingenieurleistungen in aller Welt. Zu den bekanntesten Projekten des Büros Werner Sobek zählt der 2002 fertiggestellte Post Tower in Bonn, der in Zusammenarbeit mit dem deutsch-amerikanischen Architekten Helmut Jahn entstand.
Foto HG Esch
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Das 162 m hohe, aus zwei gegeneinander versetzten Kreisabschnitten bestehende Gebäude ist von einer filigranen zweischaligen Fassade umgeben. Dank dieser Fassade ist es möglich, das Gebäude natürlich zu belüften und zu kühlen. Darüber hinaus können die Nutzer in allen Büros die Frischluftzufuhr individuell regulieren und die Fenster öffnen.
Foto Brigida González
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Beim Mercedes-Benz Museum in Stuttgart war das Büro Werner Sobek für die Tragwerks- und die Fassadenplanung verantwortlich. Der Architekturentwurf stammt vom niederländischen Büro UN Studio van Berkel & Bos. Die weitspannende Stahlbetonkonstruktion – die einzelnen Ebenen spannen bis zu dreißig Meter stützenfrei – wurde aufgrund ihrer hochkomplexen Geometrie vollständig in 3-D geplant. Das Gebäude ist als Doppelhelix strukturiert, so dass zwei voneinander unabhängige Durchgänge durch das Museum möglich sind.
Foto Stephan Falk
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Die weitspannende Stahlbetonkonstruktion – die einzelnen Ebenen spannen bis zu dreißig Meter stützenfrei – wurde aufgrund ihrer hochkomplexen Geometrie vollständig in 3-D geplant. Das Gebäude ist als Doppelhelix strukturiert, so dass zwei voneinander unabhängige Durchgänge durch das Museum möglich sind.
Foto Rainer Viertlboeck
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Werner Sobek plante Tragwerk und Fassade des neuen internationalen Flughafens in Bangkok. Hierzu gehört unter anderem ein Lamellendach mit Abmessungen von 561 auf 210 Metern, das auf nur 16 Stützen in einer Höhe von circa vierzig Metern schwebt.
Foto Rainer Viertlboeck
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Unter dem Dach befindet sich das große, vollkommen verglaste Terminalgebäude. Der von Architekt Helmut Jahn geplante Flughafen wurde zwischen 2001 und 2006 gebaut; er gehört zu den verkehrsreichsten Flughäfen Asiens.
Foto Achim Birnbaum
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2009 übernahm das Ingenieurbüro die Tragwerksplanung des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs S 21.
Foto Werner Sobek
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Der Aufzug-Testturm von Thyssen Krupp ist 246 Meter hoch, die Aussichtsplattform befindet sich auf 232 Meter Höhe – und ist damit die höchste, öffentlich zugängliche Aussichtsplattform Deutschlands.
Foto Werner Sobek
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Die Konstruktion dient dem Testen und der Zertifizierung von Hochgeschwindigkeitsaufzügen.
Foto Rainer Viertlboeck
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Der Turm bei Rottweil vereint Gestalt, Konstruktion und Innovation zu vorbildlicher Baukunst. Dafür wurde Werner Sobek 2018 mit dem Deutschen Ingenieurbaupreis geehrt.
Foto Andreas Keller
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Für die Weltausstellung 2020 in Dubai entwickelte Werner Sobek innovative Verschattungsanlagen, die alle Länderpavillons auf dem Ausstellungsgelände miteinander verbinden. Diese Konstruktionen überspannen eine Fläche von rund 96 000 Quadratmetern. Auf dem Grundprinzip einer weit spannenden Stahlrahmenkonstruktion wurden drei verschiedene Verschattungssysteme entwickelt. Eines davon besteht aus mehrlagigen horizontalen Seilnetzen, die rund 3500 Membran-Figuren mit Spannweiten von bis zu vier Metern tragen. Diese Figuren sind den Silhouetten von Vögeln nachempfunden.
Foto Andreas Keller
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Ein weiteres System besteht aus nicht vorgespannten Gelegen ohne Traversen oder sichtbare Gurte. Bei zu großen Windlasten kann die Membranfläche in eine Ruheposition gefahren werden. Tagsüber dient sie der Verschattung, nachts als Projektionsfläche.
Foto Copyright: Daniel Fels/Abbildung: büro uebele visuelle kommunikation
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Band I der Trilogie „non nobis – über das Bauen in der Zukunft“ von Werner Sobek ist eine alarmierende Analyse der klimaschädlichen Rolle des Bauwesens weltweit. Die visuelle Gestaltung lag in den Händen des Grafidesigners Andreas Uebele, Stuttgart. Erschienen im Verlag AV Edition, Stuttgart. 292 Seiten, 49 Euro.