Der Suhrkamp-Bücher-Look Willy Fleckhaus: Welche Farbe hat die Literatur?
Ein Fotoband würdigt Willy Fleckhaus. Der Grafikdesigner hat die Suhrkamp-Bücher unverwechselbar gemacht. Auch der Verlag besinnt sich jetzt wieder auf seinen großartigen Gestalter – und bringt Raritäten auf den Markt.
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Foto Foto: Hartmann Books
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Der Grafikdesigner Willy Fleckhaus prägte das Erscheinungsbild des Suhrkamp-Verlags. Wir stellen in unserer Bildergalerie zehn von ihm gestaltete Bücher vor, die uns besonders am Herzen liegen.
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Schlaues über Einsamkeit Der Gestalter Willy Fleckhaus entwarf die farbenfrohen Bücher der Edition Suhrkamp. Nur wenn ein Buch eine Erstveröffentlichung oder besonders anspruchsvoll war, wurde es in der Edition aufgenommen. „Wie zusammen leben“ ist ein Vorlesungstext des berühmten französischen Essayisten Roland Barthes. Er schreibt über Liebe und Einsamkeit, Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ und Thomas Manns „Der Zauberberg“. 2006 erschien diese deutsche Erstausgabe. So lange der Verlag sich solche Preziosen leitet, ist der gelegentlich prognostizierte Untergang der Suhrkamp-Kultur nicht zu befürchten. (golo)
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Ein Hoch auf den Magischen Realismus Der Suhrkamp-Verlag ermöglichte die Entdeckung vieler lateinamerikanischer Autoren, darunter Mario Vargas Llosa und Julio Cortázar, einem prominenten Vertreter des magischen Realismus. „Das Observatorium“ ist ein Traumbuch für Fortgeschrittene – zum Einstieg in die Welt des in Paris lebenden Argentiniers empfiehlt sich eher der Roman „Rayuela“. (golo)
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Der Größenwahn des Amokfahrers Von beruhigendem Grün ist der Einband. Beruhigend ist auch der Ton des Erzählers, der Mann redet und rast auf den Moment totaler Zerstörung zu. Mit in den Tod will er die Tochter reißen und Henri, Frau wie Tochter zugetan. Eifersucht? Rache? John Hawkes’ Story „Travestie“, die den US-Autor im Jahr 1985 dem deutschen Leser vorstellte, nimmt den Größenwahn der Amokläufe und Selbstmordattentate unserer Zeit vorweg. Leerstellen, Andeutungen machen den Monolog zur irrwitzigen Gratwanderung zwischen Lebenslüge und der Poesie des Lebens. (ak)
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Für einsame Teebesäufnisse Die blaue Stunde begann in den Neunzigern mit dem Besuch in der unvergesslichen Stuttgarter Buchhandlung von Wendelin Niedlich. Seitdem ist alles anders. Die zehn von Willy Fleckhaus gestalteten Bände von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ veränderten einen. Man meidet Leute und Trubel, hat dafür eine Vorliebe für französisches Kleingebäck und einsame Teebesäufnisse. Marcel Prousts blasiertes Konterfei begleitet einen durchs Leben. (pav)
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Hommage an Brecht Heute erscheinen Theatertexte nur selten in Buchform, Klassiker kennt man aus der Schule als gelbe Reclam-Heftchen. Aber auch der Suhrkamp-Verlag leistet sich die Veröffentlichung von jungen Klassikern und zeitgenössischen Dramen in gedruckter Form – Willy Fleckhaus gestaltete die Reihe „Spectaculum“. Band 1 von „Spectaculum“ ist 1956, in Brechts Todesjahr, erschienen und hat die letzte Fassung von „Leben des Galilei“ (1955/56) präsentiert. 1998, zum 100. Geburtstag des Autor, sind die Texte aller drei Fassungen zusammengestellt worden. (golo)
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Die Unordnung des Schimpfens Nachdem er gerade erst das Granteln Thomas Bernhards für sich entdeckt hatte, erstand ein Zivildienstleistender in der einzigen Buchhandlung vor Ort im Februar 1989 diesen Band. Wenige Tage später starb Bernhard. Und dem neurotisch veranlagten Käufer ist es naturgemäß heute noch peinlich, dass er sich zunächst über die Unordnung ärgerte, die der „Heldenplatz“ in seinem Bücherregal anrichtete. Denn die anderen Dramen Bernhards, die er besaß, stammten nicht aus der Bibliothek, sondern der Edition Suhrkamp. (gun)
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Der Klassiker aus Calw Wenn junge Leser aus dem Alter der Pferdebücher herausgewachsen sind, ist ihr erstes anspruchsvolle Taschenbuch im Regal oft ein Roman von Hermann Hesse, „Der Steppenwolf“ oder „Demian“. Als die Bibliothek Suhrkamp 1959 von Willy Fleckhaus entworfen wurde, gehörten auch Texte des in Calw geborenen Autors Hesse dazu. „Mein Glaube“ ist ein Buch, das neben den Essays „Mein Glaube“ und „Ein Stückchen Theologie“ auch unveröffentlichte Texte versammelt. (golo)
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Längst bibliothektauglich Der französische Autor Alain Robbe-Grillet machte Schluss mit dem psychologischen Erzählen, der Vorgang des Erzählens zu reflektieren fanden er und andere Schriftsteller spannender als eine traditionelle Geschichte zu erzählen. Mörderisch und verwirrend aufregend geht es in seinen Büchern aber dennoch zu – auch in diesem erstmals 1953 erschienenen Roman. (golo)
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Schwarze Theorie Willy Fleckhaus, der die Taschenbuch-Wissenschaftsreihe für Suhrkamp gestaltet hat, hätte auch dieser Satz gefallen: Alle gelungene Kunst der Nachkriegsmoderne sei von der Grundfarbe schwarz beherrscht“, heißt es in Theodor W. Adornos „Ästhetischer Theorie“. Als Utopie repräsentiere Kunst das schwarz verhängte, noch nicht Seiende. Für den jungen eitlen Steppke, der sich einst an die Lektüre gemacht hat, repräsentieren weite Teile des Buchs eher das schwarz Verhängte des noch nicht Verstandenen. Ein Satz ist hängen geblieben. „Zur Selbstverständlichkeit wurde, dass nichts, was die Kunst betrifft, mehr selbstverständlich ist.“ Es ist der erste Satz. (kir)
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Deutscher Denker In der schwarzen Wissenschaftsreihe sind Schriften maßgeblicher Philosophen vertreten. Neben den französischen Vertretern der Dekonstruktion wie Jacques Derrida auch die Texte des deutschen Philosophen Jürgen Habermas, der sich mit Derrida so manches Streitgespräch lieferte. Habermas bezog immer wieder auch zu aktuellen Moralfragen Stellung – wie hier anlässlich der Debatte über die Gentechnik und ihre Folgen. (golo)