Ein Stuttgarter in Covid-19-Quarantäne Drei Wochen auf zehn Quadratmetern
Was bedeutet es, wenn man die Diagnose Covid-19 bekommt und sich von der Außenwelt isolieren muss? Der Stuttgarter Fotograf Konstantin Tschovikov, 64, erzählt seine Krankengeschichte.
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Foto Konstantin Tschovikov
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In den ersten Tagen nach dem positiven Befund fühlt sich Konstantin Tschovikov extrem kraftlos.
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Vier Tage nach einem Termin in Norddeutschland fühlte ich mich schlecht. Ich bekam Schweißausbrüche, das Fieberthermometer zeigte 38 Grad. Stuttgart galt zu der Zeit als Corona-Hotspot. Die Zahl der Infizierten stieg stark. Also fuhr ich zum Testzentrum auf dem Cannstatter Wasen...
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... und reihte mich in die Schlange ein.
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Ein Mann winkte mich aus dem Auto. Ich nahm auf einem Stuhl Platz. Nacheinander wurde mir ein Stäbchen in den Rachen, eines in die Nase geführt. Ein ekelhaftes Gefühl. Eine Tag später starrte ich auf mein positives Testergebnis.
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Als das Testergebnis eintraf, hatte ich mich bereits fast eine Woche selbst in meinem Büro isoliert. Ich habe ein etwa zehn Quadratmeter großes Büro, vollgestellt mit Druckern, Scannern und mehreren Bildschirmen, an denen ich Fotos sortiere und bearbeite. Ich nenne es meine persönliche Photoshop-Hölle. Was sich nun als günstig erwies: Der Raum verfügt über ein angeschlossenes Badezimmer, und in einer Ecke habe ich eine Schlafcouch stehen.
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Meine Frau, die sich zum Glück nicht angesteckt hatte, stellte mir Essen vor die Tür.
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Appetit hatte ich keinen. In einer Woche verlor ich sieben Kilo an Gewicht. Mich quälte ein trockener Husten, dem mit keiner Lutschtablette beizukommen war.
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Die meiste Zeit lag ich auf der Couch. Die Kraftlosigkeit war das Schlimmste. Nach dem kleinsten Handgriff war ich erledigt. Putzte ich mir im Badezimmer die Zähne, musste ich mich danach mindestens eine Viertelstunde ausruhen. Als würde das Virus in mir ständig einen Kurzschluss auslösen.
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Die Welt drehte sich ohne mich weiter, und ich langweilte mich. Manchmal rappelte ich mich auf, um am Computer Fotos zu bearbeiten. Nach zehn Minuten schaltete ich die Bildschirme wieder aus. Zu anstrengend. Gerettet haben mich Bücher. Mal musste ich nach einer Seite eine Pause einlegen, mal las ich hundert Seiten ohne Unterbrechung. Papier drängelt nicht. Sechs Bücher schaffte ich während meiner Isolation, die am Ende knapp drei Wochen dauern sollte.
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Um ein Kreuz für die Wahl des Stuttgarter OB zu machen, reichte meine Kraft.
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Nach zwei Wochen war ich auch wieder in der Lage, mein Büro sauber zu machen. Doch ich fühlte mich alles andere als gesund. Eine weitere Woche blieb ich in meinem Versteck.
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Meine Tage hielt ich mit der Kamera fest. Die Zeit der Isolation wollte ich für mich dokumentieren. Ich war neugierig, wie sich das anfühlt. Erst später, im Gespräch mit einem Kollegen, wurde mir klar, dass ich die Bilder veröffentlichen muss. Vier Monate liegt die Krankheit inzwischen zurück. Noch immer schwebt mein Körper in ständiger Habachtstellung. Zum ersten Mal habe ich den Begriff Long-Covid aus dem Mund meines Hausarztes gehört, Langzeitfolgen. Aus reinem Schutzreflex atme ich weiterhin flach. Als könnte das Virus jederzeit wieder zuschlagen.