Einkommenssteuer in der Pandemie Acht Dinge, die man bei der Steuer 2020 beachten muss
Kurzarbeitergeld, Homeoffice-Pauschale, Coronaprämie und Arbeitszimmer – die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 hält wegen der Pandemie einige Besonderheiten bereit. Wir zeigen in unserer Bildergalerie, was diesmal zu berücksichtigen ist.
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Bei der Steuer 2020 den Durchblick zu behalten, ist gar nicht so einfach. Wir haben in unserer Bildergalerie acht Tipps, die Ihnen bei der Steuererklärung helfen.
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Abgabefrist: Wer zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet ist, muss bis Ende Juli tätig werden. Spätestens am 2. August sollte sie beim Finanzamt eintreffen. Lässt man sich von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein kostenpflichtig helfen, verlängert sich die Frist automatisch bis Ende Februar des nächsten Jahres.Wer es nicht schafft, kann wie üblich einen Antrag auf Aufschub stellen. „Bei der erstmaligen Fristverlängerung sind die Finanzämter in aller Regel relativ kulant“, sagt Thomas Eigenthaler, der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG). „Aber man muss aktiv werden – gar nichts zu unternehmen ist nie gut.“ Wer auf den Antrag ganz verzichtet und ohne triftigen Grund gnadenlos überzieht, muss womöglich einen Verspätungszuschlag zahlen – mindestens 25 Euro für jeden Monat der Verspätung. Bei Firmen oder Selbstständigen wiederum, die von der Coronakrise gebeutelt sind, sind die Finanzämter angehalten, großzügig eine (rückwirkende) Fristverlängerung zu gewähren.
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Kurzarbeitergeld: Etwa zwei bis drei Millionen Arbeitnehmer in Deutschland, die mit dem Finanzamt bisher nichts zu tun hatten, weil sie dort nicht veranlagt sind, müssen wegen ihres Bezugs von Kurzarbeitergeld erstmals und vielleicht dann nie wieder eine Steuererklärung abgeben – wenn ihre im Kalenderjahr 2020 insgesamt zugeflossenen Kurzarbeitergelder (inklusive steuerfreier Arbeitgeberzuschüsse) zusammen mit anderen Lohnersatzleistungen (wie Krankengeld oder Elterngeld) mehr als 410 Euro betragen. Als neue Veranlagungsfälle sind sie mit den Abgabefristen weniger vertraut. „Ein fürsorglicher Arbeitgeber wird seine Mitarbeiter darüber informieren“, sagt Steuergewerkschaftschef Thomas Eigenthaler. In jedem Fall sollten die Betroffenen nicht darauf warten, dass das Finanzamt auf sie zukommt, sondern selbst aktiv werden und die zusätzlichen Einnahmen angeben. Zu beachten ist dabei: Das Finanzamt kennt die Höhe des Kurzarbeitergelds – denn es muss auf der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers vermerkt werden und geht elektronisch an die Behörde. „Daher sollte sich niemand zu sicher fühlen“ und auf die Angaben verzichten, meint Eigenthaler – sonst droht nachher ein Verspätungszuschlag. Grundsätzlich ist das Kurzarbeitergeld steuerfrei, es fällt aber unter den Progressionsvorbehalt – das heißt, es erhöht wie auch Aufstockungsbeiträge des Arbeitgebers den Steuersatz für das übrige Einkommen. Dieser wird vom Finanzamt sozusagen nachjustiert. Damit erhöht der Progressionsvorbehalt die Steuerschuld. Da dies noch nicht beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber berücksichtigt wurde, wird es über die Steuererklärung nachgeholt. In welchen Fällen es zu einer Steuernachforderung kommt, ist nach Angaben des Bundesfinanzministeriums sehr schwierig pauschal zu sagen, weil es von individuellen Faktoren abhängig ist. Das könne etwa der Fall sein, wenn man höhere Nebeneinkünfte oder einen Ehepartner mit gutem Einkommen habe. Es hänge aber auch von Zinseinnahmen, Umfang und Länge der Kurzarbeit sowie Höhe des Kurzarbeitergeldes ab. Genauso sind demnach aber auch Rückerstattungen möglich, etwa wenn der Arbeitgeber trotz Kurzarbeit noch die gewohnte und dann zu hohe Lohnsteuer abgezogen hat. Wer fast ausschließlich steuerfreies, dem Progressionsvorbehalt unterliegendes Kurzarbeitergeld erhalten hat, muss sich eher nicht auf eine Nachzahlung einstellen. Auf die Finanzbehörde kommt jedenfalls ein enormer bürokratischer und kommunikativer Aufwand in diesem Jahr zu.
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Homeoffice-Pauschale: 2020 haben viele Menschen ihre Arbeit am Wohnzimmertisch oder am heimischen Schreibtisch verrichtet. Dafür hat die Bundesregierung eine Pauschale von fünf Euro pro Heimarbeitstag – maximal 600 Euro im Jahr – eingeführt. Für besonders penible Finanzämter empfehlen Steuerexperten, die Homeoffice-Tage aufzulisten und von dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung quittieren zu lassen – was im Nachhinein freilich auf praktische Probleme stoßen dürfte. Aus Sicht von Thomas Eigenthaler, dem Vorsitzenden der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), reicht es, die Angaben glaubhaft zu machen und widerspruchsfrei vorzutragen. Freilich gilt diese Regelung nur für zwei Jahre. Daher werde kaum jemand Interesse daran haben, die Sache hochzuspielen. Generös zeigt sich der Staat damit ohnehin nicht: Der Gewerkschaftschef rechnet vor, dass bei einem durchschnittlichen Steuersatz von 30 Prozent in den normalen Einkommensverhältnissen pro Jahr etwa 180 Euro für den Steuerzahler übrig bleiben. Dagegen stehen etwa die erhöhten Kosten für Heizung und Strom daheim.
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Entfernungspauschale: Das Finanzamt verrechnet die Homeoffice-Pauschale auch noch mit dem Arbeitnehmer- oder Werbungskostenpauschbetrag von 1000 Euro, der jedem Steuerzahler automatisch zusteht. Folglich muss man mehr als 400 Euro an weiteren Werbungskosten angeben, damit es sich lohnt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber, wie Steuergewerkschaftschef Eigenthaler meint, eine „Zwickmühle aufgebaut“: Wer zum Beispiel 80 Tage für das Homeoffice angibt, kann diese Tage nicht bei der Entfernungspauschale angeben. Angerechnet werden dabei 30 Cent pro Entfernungskilometer – egal, ob der Arbeitsweg mit dem Auto oder der Bahn, per Rad oder zu Fuß zurückgelegt wird. Beträgt die einfache Distanz auf der Straße von der Wohnung zum Arbeitsplatz zum Beispiel 30 Kilometer, käme der Steuerzahler an diesen 80 Tagen auf 720 Euro, die er nicht bei der Pendlerpauschale geltend machen kann. Andersherum gilt auch: Werden Fahrkosten abgesetzt, entfällt zunächst die Homeoffice-Pauschale. Möglich ist, dass ein Arbeitnehmer früh morgens oder abends kurz ins Büro fährt und tagsüber daheim arbeitet – dann könnte er beide Pauschalen in Anspruch nehmen. So eine Konstellation könnte öfter vorkommen, und das Finanzamt muss sie jeweils bewerten. „Da muss die Begründung stimmig sein“, mahnt Eigenthaler, der einst das Stuttgarter Finanzamt III geleitet hat.
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Das Arbeitszimmer: Bislang schaut das Finanzamt streng hin, wenn ein Arbeitnehmer ein Arbeitszimmer steuerlich absetzen will. Zum Beispiel muss es sich um einen separaten Raum handeln, der zu mindestens 90 Prozent beruflich genutzt wird – und die Heimarbeit muss unumgänglich sein, weil der Arbeitgeber kein Büro stellt. Daher kamen bisher eher nur Lehrer oder Außendienstler damit durch. Wegen Corona ist die Plausibilität gestiegen, gerade wenn die eigene Firma Homeoffice verordnet hat. Dann können auch Teilkosten für Miete und Strom abgesetzt werden. Im Veranlagungsjahr 2020 könnten somit mehr echte Arbeitszimmerfälle anfallen als vor der Pandemie. Durch die Homeoffice-Pflichten dürfte es mehr Menschen geben, die einen Raum frei machen und zum Arbeitszimmer umwidmen – vor allem im ländlichen Raum, wo der Wohnraum großzügiger bemessen ist. Der jährliche Abzugsbetrag ist allerdings bei 1250 Euro gedeckelt – es sei denn, das Homeoffice ist „qualitativer Schwerpunkt“ des Jobs. Heißt: Die für den Beruf wesentlichen Tätigkeiten müssen dort verrichtet werden. Generell gilt für die Arbeit im Homeoffice: Einzelne Ausstattungsgegenstände wie ein guter Schreibtischstuhl, ein neuer PC, der Laptop, der Drucker/Scanner und mehr lassen sich von der Steuer absetzen. Kostete das Gerät nicht mehr als 800 Euro netto (ohne Umsatzsteuer), kann es vollständig in der Steuererklärung für 2020 angegeben werden. Bei höherwertigen Arbeitsmitteln ist eine Abschreibung über mehrere Jahre nötig. Wer meint, seinen neuen Laptop nur zur Hälfte beruflich eingesetzt zu haben, kann 50 Prozent des Kaufpreises absetzen. Wer sich in der Kurzarbeitszeit fortgebildet hat, kann die Kosten für Fachbücher und Software notieren. Und auch wer wegen Corona medizinische Masken aus beruflichen Gründen gekauft hat, kann diese als Werbungskosten angeben, rät der Bund der Steuerzahler.
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Rückholkosten: In der ersten Welle der Pandemie wurden viele Urlauber vom Auswärtigen Amt aus den Reiseländern zurückgeholt – die Kosten wurden teilweise umgelegt und könnten nun als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden, empfiehlt der Bund der Steuerzahler. Voraussetzung ist, dass die Kosten die zumutbare Eigenbelastung überschreiten – was aber an der individuellen wirtschaftlichen Lage zu bemessen ist. Wer dies prüfen möchte, findet dazu im Internet diverse Rechner. Vermutlich könnte es gerade an solchen Stellen noch zu gerichtlichen Verfahren kommen, wenn Betroffene zu großzügig rechnen. Somit werden derlei Fälle wohl erst nach Jahren endgültig geklärt.
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Coronaprämien: Die Pandemieprämien sind Teil vieler Tarifabschlüsse seit dem vorigen Jahr – nicht nur in den Branchen der „Coronahelden“. Dies hat einen einfachen Grund: Sonderzahlungen der Arbeitgeber für besondere Leistungen in der Pandemie bleiben bis zu einer Höchstgrenze von 1500 Euro steuer- und sozialabgabenfrei. Zunächst galt das Steuerprivileg bis Ende 2020, dann wurde es bis Ende Juni dieses Jahres verlängert – eine weitere Verlängerung bis Ende 2021 ist denkbar, wenn der Bundestag dem Votum von Bundesregierung und Bundesrat folgt. Der Vorteil wird aber nur wirksam, wenn der Betrag zusätzlich zum regulären Gehalt überwiesen wird; ein Einkommensbestandteil kann nicht nachträglich zum Coronabonus umgewidmet werden.
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Kinderbonus: In der Anlage Kind ist der Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind einzutragen, der im Herbst 2020 infolge des Konjunkturpakets mit dem Kindergeld ausgezahlt wurde. Das Finanzamt prüft automatisch, ob Bonus und Kindergeld höher sind als die Steuerersparnis, die durch den Kinderfreibetrag entsteht. Da kann der Bonus eine steuerliche Entlastungswirkung ganz oder teilweise mindern – und wird entsprechend verrechnet. Grob gesagt: Familien mit hohem gemeinsamem Einkommen von mehr als 69 000 Euro profitieren nicht oder nur noch anteilig vom Kinderbonus – bei unverheirateten Eltern, die nicht zusammen veranlagt werden, liegt die Schwelle deutlich darunter. Der Fiskus hilft aber auch Alleinerziehenden in besonderer Weise: Um deren höherem Betreuungsaufwand Rechnung zu tragen, wurde der Entlastungsbeitrag von 1908 Euro auf 4008 Euro angehoben. Für jedes weitere Kind erhöht er sich um jeweils 240 Euro.