Fernsehen Das Gesetz der deutschen Serie
Alle schwärmen von „Mad Men“ oder „Game of Thrones“. Doch was wird im deutschen Fernsehen wirklich geguckt? Deutsche Soaps. Die StZ liefert den schonungslosen Überblick über hiesige Serienwirklichkeit.
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Rote Rosen (ARD) – Seit 2006 gibt es „Rote Rosen“. Das beste, was man von dieser Serie sagen kann, ist, dass sie in Lüneburg spielt, einer hübschen Stadt südlich von Hamburg. Die alten Kirchen und Kanäle sind eine stilvolle Kulisse, in der sich allerdings ein völlig absurder und zu grotesken Handlungsauswüchsen neigender Liebes- und Intrigenstadel abspielt.
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Rote Rosen (ARD) – Jedes Jahr lang steht eine andere Frau im Mittelpunkt – derzeit noch Jenny Jürgens in der Rolle einer Seifenshopbetreiberin, die sich nicht entscheiden kann, ob sie nun bei ihrem Gatten, dem schleimigen Maurice, bleiben oder zu ihrer alten Jugendliebe, dem knorkigen Sebastian, wechseln soll. Der Zuschauer weiß seit Monaten, was das Beste für sie wäre. Es nützt alles nichts.
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Gute Zeiten, schlechte Zeiten (RTL) – Die Fans sagen GZSZ zu diesem Produkt, 1991 war RTL der erste Sender, der sich an eine in Deutschland produzierten Daily Soap traute, und Pädagogen meinen, dass die 3,7 Millionen Zuschauer, die dieses Werk jeden Tag verfolgen, vor allem in jenem Entwicklungsstadium sind, da man noch dringend auf der Suche nach stimmigen Beziehungsmustern ist, also in der Prä-, Haupt-, Post- oder Post-Post-Pubertät.
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Gute Zeiten, schlechte Zeiten (RTL) – Deswegen haben die GZSZ-Figuren, die in coolen Wohnungen mitten in Berlin leben, wenn sie nicht gerade im hippen Nachtclub „Mauerwerk“ abhängen, alle irgendwann schon mal was miteinander gehabt, manchmal auch gleichzeitig. Und sie sind grundsätzlich sehr schick angezogen.
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Sturm der Liebe (ARD) – Auch diese Serie arbeitet mit dem Prinzip, jedes Jahr ein anderes, dann ewig unglückliches Liebespaar in den Mittelpunkt zu stellen, hier aber im Rahmen eines Hotels namens „Fürstenhof“. Die Wirrnisse im Fünf-Sterne-Etablissement im Alpenvorland locken zwar 2,5 Millionen Zuschauer vors Gerät, müssen aber trotzdem stets bescheiden bleiben: Selten hat man irgendwo in den Zimmern der Reisewelt derart plumpe Schaumpolster und hässliche Messingdekorationen erblickt wie hier.
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Sturm der Liebe (ARD) – Da passt es, dass die Spieler (das Personal nebst Vorgesetzte), meist völlig allein in all der Pappmaché mimen. Komparsen als zahlende Hotelgäste huschen nur sehr selten hinten mal durchs Bild. Aber sie würden eh nur stören.
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In aller Freundschaft (ARD) – Der Mensch liebt Rituale. Und zu diesen Ritualen gehören Sätze wie „In den Schockraum!“ oder „Weg vom Tisch!“. Auch inhaltlich ist bei „In aller Freundschaft“ das meiste vorhersehbar. Am Ende der 45 Minuten sind Kranke geheilt, Beziehungen gekittet, Familien versöhnt.
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In aller Freundschaft (ARD) – Die Konflikte innerhalb des Klinikpersonals ziehen sich dagegen über Monate, gar Jahre hinweg, sie werden bis zum letzten Tröpfchen ausgepresst, sodass man das Gefühl hat, dass sich in diesem Mikrokosmos zwischen Schockraum und Schwesternzimmer nie etwas bewegt oder verändert. Das eigentliche Schöne ist, dass die Sachsenklinik seit Jahren besteht, nicht obwohl, sondern weil hier alles absolut durchschnittlich und banal ist.
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Großstadtrevier (ARD) – Hätte der „Tatort“ recht, würden Menschen sich ständig gegenseitig erschießen, erdrosseln, erschlagen, zerstückeln. Die Welt ist anders – und zwar so wie auf dem Hamburger Kiez. Da geht es um die Mittagspause und Senfbrötchen, um anstrengende Verwandtschaft und foppende Kollegen. „Großstadtrevier“ ist Krimi light.
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Großstadtrevier (ARD) – Manchmal mögen große Haie auftauchen, aber die gemütliche Mannschaft rund um den Brummbären Dirk Matthies (Jan Fedder) hat es vor allem mit kleinen Fischen zu tun, mit Omis, die schummeln, Jugendlichen mit Flausen im Kopf, Ehemännern, denen das Leben über den Kopf wächst. Alles halb so wild im Dorf Hamburg, wo jeder jeden kennt. Moin! Moin!
Foto MDR/HA Kommunikation
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Um Himmels Willen (ARD) – Er darf nicht fehlen, dieser spitze Schrei von Agnes: „Hannaaaa“. Denn ohne Hanna geht es einfach nicht, deshalb braust sie ungefrühstückt in ihrem klapprigen Daimler zum Rathaus oder gleich nach München ins Mutterhaus – und doch ändert sich nichts: Oberbürgermeister Wöller will das Kloster verkaufen, abreißen oder umfunktionieren. Beeindruckend, wie die Autoren von „Um Himmels Willen“ seit 17 Jahren die immergleiche Geschichte erzählen, ohne je zu langweilen.
Foto MDR/HA Kommunikation
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Um Himmels Willen (ARD) – Fritz Wepper – ein herrliches Scheusal. Die Nonnen – eine köstlich schrullige Truppe. Harmlos mag die meistgesehene Serie Deutschlands anmuten, ist aber durchaus auch frech. Das Gute siegt, aber nur dank unlauterer Mittel.
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Der Bergdoktor (ZDF)– Dr. Martin Gruber opfert sich seit sieben Jahren in Tirol für seine Patienten auf, während sein eigenes Leben aus den Fugen gerät. Hans Sigl verkörpert den guten Mann aus Ellmau als ebenso altruistischen wie beziehungsunfähigen Arzt und Bauernsohn. Und während der Bergdoktor aussichtslose Kämpfe gewinnt und in scheinbar leichten scheitert, offenbaren sich dem Zuschauer kluge Parabeln auf das Leben selbst.
Foto ZDF
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Der Bergdoktor (ZDF) – Okay, es gibt Leute, die Arztserien mit grandiosen Bergen, grünen Wiesen und blauem Himmel per se als Kitsch bezeichnen. Aber „Der Bergdoktor“ ist so liebevoll gemacht, dass aus Kitschzutaten und der bangen Arzt-zu-Arzt-Frage „Was haben wir übersehen?“ längst Kult geworden ist.
Foto WDR Presse und Information/Bildk
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Lindenstraße (ARD) – Sie war mal das Flaggschiff der öffentlich-rechtlichen Soap, 1985 vom Ersten auf Fahrt geschickt. Der Produzent Hans Werner Geissendörffer hat bei allen Stürmen zwischendurch dank häufig interessanter Themen und sorgfältiger Personenführung die Fans erfreut und 2001 sogar einen Grimme-Preise gewonnen.
Foto WDR Presse und Information/Bildk
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Lindenstraße (ARD) – Doch seit anderthalb Jahren geht der Tanker unter. Krude Schicksalsschläge, verwirrte Charaktere, uninteressante Dauerkonflikte (herbeigesehnte Schwangerschaften), nuschelnde Darsteller (die ewige Nazischnepfe Lea). Man hält es einfach nicht mehr aus. Jüngster Wahnsinn: ausgerechnet der mit Abstand fetteste Bewohner der Lindenstraße, Klausi, soll an Sportsucht leiden. Knock out.
Foto QVC Deutschland Inc. & Co. KG
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Verkaufsfernsehen (QVC, HSE etc.) – Erst gab es in Deutschland Weekly Soaps, später kamen die Daily Soaps. Aber das Verkaufsfernsehen ist noch mehr – sozusagen die Permanently Soap. Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Hingabe hier rund um die Uhr Waren jedweder Art verscherbelt werden, vom Tütensuppenset für 1,99 Euro bis zum Diamantencollier für 20 000 Euro.
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Verkaufsfernsehen (QVC, HSE etc.) – Dabei sind manche Moderatoren wie der vollbärtige Björn Gödde oder der sportliche Frank Christians äußerst knuffig, mit Dagmar Krautscheid kann man schöne Stunden verbringen. Herrlich auch die Gäste: die Verkaufsshows von Harald Glööckler sind längst Legende. Wer hier reinzappt, bleibt gern hängen. Und schon hat er seine Serie auf dem anderen Kanal verpasst.