Filmkritik: „Ben Hur“ Im Galopp in die Peinlichkeit
Wer über Hollywoods Monumentalfilme spricht, kommt schnell auf William Wylers „Ben Hur“ von 1959. Timur Bekmambetow hat sich an ein Remake des Klassikers gewagt, das in den USA ziemlich gefloppt ist. Trotzdem darf es auch bei uns die Rennpferde über die Leinwand jagen.
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Lauft, Pferdchen, lauft: Messala (Toby Kebbell, l.) und Ben Hur (Jack Huston) lassen in „Ben Hur“ in einem Wagenrennen ihrer Rivalität die Zügel schießen.
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Der römische Offizier Messala (Toby Kebbell, li.) und der Adlige Jehuda Ben Hur (Jack Huston) aus Jerusalem sind miteinander aufgewachsen. Aber Roms Besatzungspolitik in Israel macht sie zu Feinden. Beide Darsteller sind ein wenig überfordert. Ach, seien wir ehrlich: Huston, dessen Rolle einst Charlton Heston inne hatte, wirkt in vielen Szenen wie ein verirrter Surfschulanfänger, der versehentlich ins Bild geraten ist.
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Natürlich muss „Ben Hur“ auch ein paar Massenszenen bieten. Die des alten Films von William Wyler sind üppig, spektakulär, natürlich auch bunt theatralisch und pompös. Bekmambetow bleibt da im Remake in seinen besten Momenten grimmiger und realistischer, wie hier beim Marsch von Legionären durch die engen Gassen Jerusalems. Das heißt aber auch: Der Film kann seine lahme Dramaturgie nicht dauernd durch süße Augennaschereien ausgleichen.
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Apropos Augennaschereien: Nazanin Boniadi könnte sich als Frau zwischen den verfeindeten Adoptivbrüdern und Weltanschauungen auf diese Rolle zurückziehen. Aber sie gibt sich durchaus Mühe, Wut und Zerrissenheit einer Frau zu vermitteln, die von Gewalt, Leiden und unlösbaren Konflikten umgeben ist. Boniadi, die bislang vor allem als CIA-Analystin Fara Sherazi in der TV-Serie „Homeland“ aufgefallen ist, dürfte zu den wenigen Darstellern gehören, deren Karriere von „Ben Hur“ nicht beschädigt wird. Ganz anders als ...
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... Altmeister Morgan Freeman, der hier mal wieder eine Weiser-verschmitzter-Herr-Rolle zusammenonkelt, dass man sich fragt: Merkt er nicht, dass er sich zur Karikatur macht, oder bekommt er bereits nichts anderes mehr angeboten? Freeman ist der geheimnisvolle Wüstenpatriarch, der Ben Hur nach dessen Entkommen von der Galeere zur Chance als Wagenlenker verhilft. Weil Freeman nun schon öfter Gott oder Himmelsboten spielen musste, funzelt nervtötend betulich ein Engel-des-Herrn-Lichtschein durch die Hülle der Figur.
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Wenn man vom Herrn spricht, darf man ihn nicht vergessen: Rodrigo Santoro spielt Jesus von Nazareth mit einem so fiebrigen Prophetencharisma, dass man ihm unwillkürlich raten möchte, doch erst mal einen Erkältungstee zu trinken und sich eine Weile hinzulegen. Jeder Sekunde seiner Auftritte merkt man den Eiertanz der Filmproduzenten an: Einerseits möchten sie bibelbuchstabengläubige konservative Christen als Publikum gewinnen, anderseits skeptischere Zuschauer nicht vor den Kopf stoßen.
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Die römische Strafe der Kreuzigung gehörte zum Alltag im besetzten Jerusalem, wie diese Szene zeigt. Man sieht auch schön den symbolischen, klassischen Bildaufbau, den das Remake manchmal als Gruß ans Original wagt. Aber das reibt sich dann an den beschleunigten Wuselversuchen anderer Szenen und an den platten Ideen vieler Bilder. Wobei platte Ideen ...
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... eben schlimmer werden, wenn man sie Jahrzehnte später aufwärmt. Wylers Klassiker mag man nachsehen, dass ganz schlicht hell aus dem Bild leuchtenden Schimmel zeigen, dass ihr Lenker Ben Hur ein guter Junge ist. Aber Bekmambetow dürfte sich das nicht mehr erlauben. Es ist ja auch schon eine ganze Weile her, dass man in Western die bösen Buben an den schwarzen Hüten und die anständigen Kerle an den weißen Hüten erkannte.
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Um aber noch mal auf Karrieren zu sprechen zu kommen: Gibt es ein traurigeres Bild aus „Ben Hur“ als dieses von Pontius-Pilatus-Darsteller Pilou Asbæk, der in Tobias Lindholms „A War“ so überzeugte. „Schaut her“, scheint er verzweifelt zu lachen, „meine große Hollywood-Chance, und in so was bin ich gelandet! Wie konnte das passieren?“
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Wo man definitiv nicht landen sollte: auf dem Ruderdeck einer römischen Kriegsgaleere. Hier spielen die besten Szenen von „Ben Hur“, die tatsächlich etwas vom Höllischen des Ortes vermitteln. Als grimmiger Kapitän schaut uns ein alter Bekannter an: James Cosmo, der in der Serie „Game of Thrones“ den Nightwatch-Kommandanten Jeor Mormont spielte. Daran werden wir uns gewiss länger erinnern als an dieses „Ben Hur“-Remake.