Frauen in der Wirtschaft So erging es 2020 den Unternehmerinnen im Land
Wir haben Unternehmerinnen aus unserer Serie „Diese Frauen braucht das Land“ nach ihrem Jahresresümee gefragt. Vier haben geantwortet und von ihrem Jahr 2020 berichtet – beruflich und privat.
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Tanja Maaß ist KI-Expertin und führt Resolto Informatik.
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Tanja Maaß, 47, Geschäftsführerin von Resolto Informatik: „Ich bin gut durch das Jahr gekommen“, sagt Tanja Maaß. Ein ungewöhnlicher Satz für das Coronajahr 2020. Doch die Geschäftsführerin von Resolto Informatik hat Glück. Sie arbeitet in einer Branche, die von der Coronakrise weitestgehend unbeschadet bleibt. Ihr Unternehmen beschäftigt sich mit Künstlicher Intelligenz. Vereinfacht ausgedrückt entwickelt Maaß und ihr Team Software, die es der Industrie ermöglicht, schneller und mit besserer Qualität zu produzieren. Auch das Arbeiten aus dem Homeoffice ist in ihrem Unternehmen nichts Neues. „Obwohl Nerds natürlich auch Rudeltiere sind“, wie sie lachend betont. Dadurch, dass nun auch andere Unternehmen ihre Mitarbeiter vermehrt von zuhause aus arbeiten lassen, sei das Besprechungsklima sogar besser geworden. „In Konferenzen begegnen sich nun alle auf Augenhöhe“, sagt die KI-Expertin. Seit April gehört ihr Unternehmen zu dem Esslinger Automatisierungsspezialisten Festo. Sitz ist aber nach wie vor im ostwestfälischen Herford. Bei Konferenzen sei es zuvor so gewesen, dass sich die Esslinger in einem Konferenzsaal getroffen haben und Maaß über ein Mikrofon dazu geschaltet war. „Da habe ich manches nicht verstanden, rein akustisch aber auch wegen des Dialektes.“ Wegen Corona säße jetzt jeder separat und habe ein eigenes Mikrofon, das mache die Besprechungen homogener. Hin und wieder komme es dabei zu lustigen Situationen. Etwa wenn ihr kleiner Hund in eine Video-Konferenz platze und mit seinem Quietsche-Tier herumtobt. „Das hebt die Stimmung bei allen Beteiligten.“
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Pia Nowotny, 48, Gastronomin und Inhaberin des „Martha’s“: Die Gastronomen trifft es in der Corona-Krise besonders hart. Diese Erfahrung muss auch Pia Nowotny machen. Die 48-jährige Stuttgarterin hat sich 2011 einen Herzenswunsch erfüllt und einen eigenen Imbiss eröffnet. Im „Martha’s“ bietet sie Deftiges direkt am Stuttgarter Schlossplatz an. Nun hat sie schon seit Längerem geschlossen. Zu groß war der Aufwand schon während des Teil-Lockdowns gewesen, um ihren Laden weiter offen zu halten. „Ich habe versucht, Kosten einzusparen, so gut es geht“, sagt die Wirtin. „Strom, Personal und so weiter.“ Es seien in der kalten Jahreszeit zu wenige Gäste in die Innenstadt gekommen, und Lieferservice böte sie keinen an. Eigentlich sei die Lage des Lokals direkt an den Königsbau Passagen in der Stuttgarter Innenstadt optimal, doch in Zeiten von Homeoffice und Lockdown würden sich die Leute eher in den Wohngebieten aufhalten. „Eigentlich ist die Vorweihnachtszeit eine gute Zeit für das Geschäft“, schildert die gelernte Bankkauffrau. „Die Gäste holen bei mir etwas zu Essen und gehen dann auf den Weihnachtsmarkt oder Geschenke einkaufen.“ Nicht so in diesem Jahr. Neben den finanziellen Sorgen ist es vor allem die Ungewissheit, die Pia Nowotny 2020 belastet: Welche Regeln werden als nächstes aufgestellt? Wann kommen die Gäste wieder? Und wie lange macht das alles noch Sinn? Ihr größter Wunsch ist, dass alles schnell wieder so wie vor der Pandemie wird und ihre Stammgäste auf eine Currywurst vom Schwäbisch Hällischen-Landschwein vorbeischauen.
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Samira Djidjeh, 37, Gründerin von Greenboxx Animation: Langeweile? Die kam bei Samira Djidjeh dieses Jahr nicht auf. Als Mutter eines Erstklässlers, Gründerin des Trickfilmstudios Greenboxx Animation und Netzwerkerin hatte sie 2020 einiges zu tun. Angefangen hatte das Jahr allerdings holprig. „Das Jahr hat mit einem großen Schrecken begonnen“, schildert Samira Djidjeh. „Zu den Kunden von Greenboxx Animation gehören viele produzierende Unternehmen aus der Region Stuttgart. Diese Unternehmen wurden von Corona hart getroffen, viele Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit. Geld für Filmproduktionen oder Animationen war dann natürlich keines mehr da. Uns fehlten Aufträge.“ Doch bereits nach kurzer Zeit kam die Wende. Die 37-Jährige Gründerin spricht gar von einem „Boom“ der gesamten Kommunikationsbranche. „In kürzester Zeit musste die gesamte Arbeitswelt auf digitale Angebote zurückgreifen“, erläutert die Stuttgarterin die damalige Situation. Auch im Bildungsbereich seien Animationen gefragt gewesen. Die Anfragen nahmen wieder zu und Samira Djidjeh und ihr Co-Geschäftsführer Michael Möller produzierten beispielsweise digitales Begleitmaterial für Schulbücher oder programmierten Lern-Apps. Ihr 2014 gegründetes Studio stockte personell auf und griff zudem vermehrt auf ein großes Netzwerk zurück. Netzwerken – das ist Samira Djidjeh zweite Leidenschaft. Im Juni wurde sie zur ersten Vorsitzenden der digitalen Medienfrauen (DMW) gewählt. Zuvor leitete sie den Regionalverband. Ziel des Netzwerkes ist es, die Männerdomäne in den Berufen rund ums Internet zu durchbrechen. „2020 war ein schwieriges Jahr für Neugründerinnen, denn sie konnten sich nur schwer mit erfahreneren Unternehmerinnen austauschen.“
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Marion Bötel, 51, Geschäftsführerin von Merkt Heiztechnik: Bis Mitte des Jahres war Marion Bötel viel unterwegs. Sie pendelte regelmäßig zwischen zwei Kontinenten. Gemeinsam mit ihrem Mann und den beiden Töchtern lebte sie in Malibu, im US-Bundesstaat Kalifornien. Bötels Firma, Merkt Heiztechnik, sitzt allerdings in Spaichingen (Kreis Tuttlingen), wo die Unternehmerin aufgewachsen ist. Als die Corona-Pandemie Anfang des Jahres begann, saß Marion Bötel zunächst in den USA fest. Drei Monate durfte sie nicht ausreisen. „Ich hing ununterbrochen am Telefon und habe mit unserem Heizungsbaumeister in Spaichingen gesprochen, trotz Zeitverschiebung“, sagt die 51-Jährige. „Das war stressig.“ Im Juni entschied sich Familie Bötel, wieder zurück nach Deutschland zu ziehen. „Nicht nur wegen Corona, sondern weil die Kinder in Österreich studieren wollen und das politische Klima in den USA zunehmend schlechter wurde“, wie Bötel erklärt, die das Unternehmen von ihrem Vater übernahm. Jetzt wohnt die Familie wieder in ihrer Geburtsstadt und es gibt mehr zu tun denn je. „Bei uns ist Land unter“, beklagt sich die Unternehmerin. „Corona hat alles auf den Kopf gestellt.“ Zum Beispiel gebe es eine neue Anordnung, dass auch auf den Baustellen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden müsse. Das müsse sie natürlich sofort allen Mitarbeitern mitteilen, sagt Bötel. Aufträge gebe es viele. Schließlich sei der Winter die Hochphase im Heizungsgeschäft. Marion Bötel hofft, dass ihr Team trotz des ganzen Trubels und den Corona-Verordnungen bei Laune bleibt: „Es gibt Tage da ist die Stimmung schlecht. Wenn ein Mitarbeiter ein Tief hat, dann sagen wir anderen: ‚Wir schaffen das zusammen!‘“