Große Skandale in Baden-Württemberg Wie sich Günther Oettinger im „Kulturgüterstreit“ verhedderte
Kulturbanausen am Werk: Die Regierung Oettinger wollte Kunstgegenstände verkaufen, um Bernhard Prinz von Baden aus der Klemme zu helfen. Wertvolle Handschriften, Millionen von Euros und komplizierte Eigentumsfragen bestimmten das Spektakel – mit überraschendem Ausgang.
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Foto imago images/Rainer Weisflog
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Wer verstehen will, worum es im „Badischen Kulturgüterstreit“ ging, sollte bei Schloss Salem anfangen: Anfang der 2000er-Jahre hatte sich das Schloss wegen Sanierungsbedarf für die Adelsfamilie Baden zu einem Millionengrab entwickelt. Die Familie brauchte Geld. Unsere Bildergalerie verrät, wie die Geschichte weiterging.
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Am liebsten hätte die Adelsfamilie das Schloss in ihrer Hand halten wollen. Nur wie kommt man auf die Schnelle an Millionen? Mit dem Verkauf alter Schriften, Gemälde und anderer Sammlungen aus den Beständen badischer Museen sollte Kasse gemacht werden. Es ging um Kulturgüter, von denen die Familie von Baden behauptete, sie befänden sich in ihrem Besitz – oder jedenfalls sei das Eigentum daran zwischen der einstigen Herrscherfamilie und dem Land Baden-Württemberg strittig. Unter den Objekten, die zur Debatte standen, war etwa das Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden, hier im Bild zu sehen.
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Bernhard Prinz von Baden ist der Generalbevollmächtigte der Adelsfamilie. Anfang 2004 wandte er sich an die damals noch von Erwin Teufel (CDU) geführte Landesregierung – mit der Forderung nach Sammlungs- und Bibliotheksbeständen im Wert von 250 bis 300 Millionen Euro, deren Eigentum er für seine Familie beanspruchte oder sie als strittig darstellte.
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Darunter fand sich zum Beispiel die so genannte Türkensammlung im Badischen Landesmuseum (beheimatet im Karlsruher Schloss), die auf den Markgrafen Ludwig Wilhelm (1655-1707) – den „Türkenlouis“ – zurückgeht. Das Bild zeigt eine Truhe mit Stücken aus der sogenannten „Türkenbeute“.
Foto Badische Landesbibliothek/Purchard: carmen de gestis Witigowonis abbatis
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Im September 2006 bekam eine Stuttgarter Journalistin Wind von der Absicht der – mittlerweile von Oettinger geführten – Landesregierung, mit der Familie von Baden einen Vergleich zu schließen. Der Plan: Ein Teil der im Eigentum strittigen Handschriften und Druckwerke im Wert von 70 Millionen Euro sollte auf dem internationalen Kunstmarkt veräußert werden. Mit 30 Millionen Euro wollte die Familie von Baden Schulden ablösen, 40 Millionen Euro sollten eine Stiftung nähren mit dem Ziel, Salem zu erhalten. Hier im Bild: Auch die rund 1000 Jahre alte und als „Gesta Witigowonis“ bekannte Handschrift des Dichters Purchard von Reichenau gehörte zu den Objekten, die verkauft werden sollten.
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Für den damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) entpuppte sich die ganze Sache jedoch als kulturpolitisches Armageddon. Er blamierte sich mehrfach. Einmal sagte er zum Beispiel: „Diese Gegenstände gehören uns nicht“ – obwohl ein Gutachten im späteren Verlauf zeigte, dass einige der zur Diskussion stehenden Kunstwerke sehr wohl dem Staat gehörten. Um die Frage, was nun wirklich wem gehörte und seit wann, gab es langwierige Auseinandersetzungen.
Foto Foto: imago stock&people
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Die Wende brachte am Ende eine Expertenkommission, die vom Land eingesetzt worden war. Sie wies der Familie Baden – hier im Bild wieder Bernhard Prinz von Baden – aber nur Kulturgüter im Wert von gerade mal 5,6 Millionen Euro als verbleibendes Eigentum zu. Ursprünglich hatte die Landesregierung den Wert auf 250 bis 300 Millionen Euro taxiert.
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Damit wurde die Lage für Prinz Bernhard prekär. Er brauchte ja nach wie vor Geld, um die Kredite für Salem zu bedienen. Schlussendlich sprang ihm die Landesregierung erneut zur Seite und kaufte Salem mit der Begründung, es dürfe nicht in ausländische Hand fallen. Der Familie wurde ein repräsentativer Gebäudeteil überlassen. 2009 tat Oettinger kund, er wolle im Schloss eine jährliche Konferenz etablieren – keine Massenware, sondern etwas, das es mit der Münchner Sicherheitskonferenz oder dem Weltwirtschaftsforum in Davos aufnehmen könne. Nur solle sie sich nicht mit Militärfragen oder Ökonomie beschäftigen, vielmehr seien „Werte und Kultur“ das Thema. Aber auch diese Idee erwies sich am Ende als Luftblase.