Handball-Bundesliga Acht Köpfe für eine spannende Saison
Die Handball-Bundesliga startet an diesem Donnerstag in ihre 54. Saison mit vielen interessanten alten und neuen Köpfen. Wir haben acht davon herausgepickt.
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Filip Jicha: Mit dem neuen Trainer beginnt beim Rekordmeister THW Kiel eine neue Ära.
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Uwe Gensheimer: Der König der Löwen feiert sein Comeback auf der deutschen Handball-Bühne. Nach seinem dreijährigen Abenteuer beim französischen Spitzenclub Paris Saint-Germain will der gebürtige Mannheimer dafür sorgen, dass sein Heimatverein nach einer unbefriedigenden Vorsaison (Platz vier) wieder ein ernsthafter Meisterschaftskandidat wird. Der „Mann mit dem Gummi-Handgelenk“ gilt auch mit 32 Jahren immer noch als weltbester Linksaußen. Der Nationalmannschafts-Kapitän (172 Länderspiele, 828 Tore) ist ein Wirbler mit unerschöpflichen Wurf-Repertoires, ein Zwirbler mit eingebautem Zauberkasten, dazu ein sicherer Siebenmeterschütze. Er ist immer noch das Gesicht des deutschen Handballs. Er ist der Superstar der Branche. Auf seine Auftritte freut sich die gesamte Liga – aber einer ganz besonders: Kristjan Andresson, der neue Trainer der Rhein-Neckar Löwen: „Mit solch einem tollen Spieler zusammenzuarbeiten, ist ein Genuss.“
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Filip Jicha: Es ist eine Zäsur: Mit dem neuen Trainer Filip Jicha beginnt beim Rekordmeister THW Kiel eine neue Ära. Nach vier titellosen Jahren in der Meisterschaft wollen die Zebras endlich wieder den nationalen Thron besteigen. Sie gehen als Favorit in die Saison. Die Erwartungen an den tschechischen Trainer-Novizen sind groß, die Fußstapfen seines Vorgängers Alfred Gislason sind riesig. In seinen elf Jahren beim THW holte der Isländer sechs deutsche Meisterschaften, sechs DHB-Pokalsiege, zwei Champions-League-Siege und den EHF-Cup. Jetzt kommt also Jicha, der als Anführer und Kapitän zwischen 2007 und 2015 mit den Kielern alles gewann, was es zu gewinnen gibt. Er wurde verehrt wie die großen Schweden Wislander, Olsson und Lövgren. Zuletzt ging Jicha ein Jahr lang als Assistent bei Gislason in die Lehre. Aber der Cheftrainer ist eben neu für ihn. Ganz Europa wird beobachten, wie sich der 37-Jährige bei seiner Premiere anstellt. Das Risiko, dass das vielleicht schief geht, lässt sich nicht ausschalten. Doch es gibt auch ermutigende Beispiele für vergleichbare Laufbahnen. Talant Dushebajew steigt bei Ciudad Real nach dem Karriereende in den Trainerjob ein und gewann sofort mehrmals die Champions League. Auch seine Schüler Roberto Garcia Parrondo (Champions-League-Sieger mit Vardar Skopje 2019), David Davis (Finalist 2019 mit KC Veszprém) und Paul Gonzales Gutierez (Champions-League-Sieger 2017 mit Vadar Skopje) feierten umgehend riesige Erfolge. Jicha hält den Ball flach: „Wenn ich einen Meister tippen soll, dann würde ich die SG Flensburg-Handewitt nennen.“
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Holger Glandorf: Seit 2001 spielt der stille Star der SG Flensburg-Handewitt in der Bundesliga. In 519 Spielen hat der Linkshänder 2400 Tore erzielt. Seine große Titelsammlung umfasst den WM-Gewinn 2007, den EHF-Cup-Triumph 2008 und die beiden deutschen Meisterschaften 2018 und 2019 mit Flensburg. Eigentlich ist die Handball-Bundesliga ohne den Rückraumspieler undenkbar. Doch für den 36-Jährigen bricht die letzte Saison als Profi an. Er ist handballmüde. Die Reisestrapazen und die fehlende Regeneration will sich der Familienvater nicht noch länger antun. Wie und wo es dann weitergeht? Fest steht: Der gebürtige Osnabrücker wird im Norden sesshaft bleiben. Bereits jetzt wird Glandorf von der SC einbezogen, wenn es um wichtige Termine um die Mannschaft mit Sponsoren geht. Der 1,95-m-Mann ist ein Aushängeschild der Region und Vorbild für talentierte Jugendliche. Mit der erneuten Titelverteidigung die aktive Karriere zu beenden, wird sehr schwer: Meister-Trainer Maik Machulla muss die Abgänge von Abwehrchef Tobias Karlsson (Karriereende)und Rückraum-Ass Rasmus Lauge (Telekom Veszprém) verkraften.
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Sebastian Heymann: Der 21-jährige Rückraumspieler von Frisch Auf Göppingen ist die große Nachwuchshoffnung im deutschen Handball. Das Ausnahmetalent bringt alles für eine große Karriere mit. Er hat mit 1,98 Metern Gardemaß, er wiegt 97 Kilogramm, seit er vor drei Jahren den Drittligisten TSB Heilbronn-Horkheim verlassen hat, legte er über sieben Kilogramm an Muskelmasse zu. Die körperliche Robustheit ist für seine Spielweise ungemein wichtig. Denn Heymann bringt auf der Königsposition im linken Rückraum nicht nur eine gute Spielfähigkeit mit. Er kann sich auch nicht nur aus neun Metern Distanz in die Höhe schrauben und den Ball mit 120 Kilometern pro Stunde aufs Tor wuchten. Nein: Er geht mit seiner Dynamik auch explosionsartig in die Schnittstellen der Deckung und sucht mutig den Körperkontakt in Eins-gegen-Eins-Situationen. Was den Mann, der bis 2022 bei Frisch Auf unter Vertrag steht, auf dem Weg ganz nach oben stoppen kann? Vor allem Verletzungen. Davon hatte er in jungen Jahren schon mehr als genug. Eine Kapselverletzung, eine Gehirnerschütterung, ein Mittelfußbruch. Später trat ihm bei der Junioren-Nationalmannschaft ein Gegenspieler auf den Fuß. Die Folge: Ein geprellter Knochen, ringsherum Flüssigkeit und Schmerzen rund um die eingesetzte Platte. Jetzt ist er fit – und Heymann muss in der neuen Saison den nächsten Schritt machen. Wie? Indem er im Team von Frisch-Auf-Trainer Hartmut Mayerhoffer noch mehr Konstanz in seine Leistungen bringt. Dann werden zu seinen bisher drei A-Länderspielen garantiert weitere folgen.
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Martin Strobel: Aufsteiger HBW Balingen-Weilstetten braucht seinen Kapitän auf dem Spielfeld, um das Ziel Klassenverbleib zu erreichen. Bundestrainer Christian Prokop sehnt das Comeback seines Spielmachers spätestens für die Mission Olympiasieg 2020 herbei. Martin Strobel wird nach seinem im Januar 2019 im WM-Spiel gegen Kroatien erlittenen Kreuzbandriss sehnsüchtig zurückerwartet. Wenn alles gut läuft, wird er im Oktober wieder auf der Platte stehen. Doch der 33-Jährige wird nichts überstürzen. „Steuerung verträgt keine Hektik“, lautet einer seiner Leitsätze. Und das gilt auch für Genesung.
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Kai Häfner: Die MT Melsungen startet den Großangriff auf das Bundesliga-Establishment. Dauerhaft möchte man sich unter den besten fünf Mannschaften etablieren. Ausflüchte wären ohnehin sinnlos. Sich kleiner zu machen, als man ist – das kauft dem Club aus dem 13700-Einwohner-Ort keiner mehr ab. Seit Sommer 2017 tragen die deutschen Nationalspieler Finn Lemke, Tobias Reichmann und Julius Kühn (Vertrag bis 2024) den MT-Dress. Nun kam der gebürtige Schwäbisch-Gmünder Kai Häfner hinzu, der aus seinem bis 2020 laufenden Vertrag bei der TSV Hannover-Burgdorf herausgekauft wurde. Der Linkshänder unterschrieb bis 2023. Und ab der Saison 2020/21 kommt dann auch noch Silvio Heinevetter von den Füchsen Berlin hinzu, und der Nationalkeeper bringt dann gemeinsam mit Lebensgefährtin Simone Thomalla auch noch reichlich Glamour mit in dieses „Nirgendwo zwischen Kassel und Bad Hersfeld“ („Frankfurter Allgemeine Zeitung“). „Wir haben eine richtig starke Mannschaft“, sagt Häfner. Ob die „MT Deutschland“ schon reif für die Meisterschaft ist? „Wir müssen uns vor keinem verstecken, aber das wäre vielleicht auch noch zu hoch gesteckt.“
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Žarko Peševski: Handball ist ja so etwas wie moderner Gladiatorensport. Die Körper der Profis fungieren vor allem am Kreis als Waffen im Kampf um die entscheidenden Zentimeter. Žarko Peševski ist solch ein Kraftwerk, das auf Volldampf tourt. Der Mann misst 1,95 Meter und wiegt 120 Kilogramm. Er ist eine imposante Erscheinung. Seine Statur gleicht der eines Möbelpackers. Auf dem Mannschaftsfoto wirken seine Mitspieler wie Jugendspieler. „Die Gegner werden sich schwer mit ihm tun“, prognostiziert Jürgen Schweikardt. Schön hat der Trainer des TVB Stuttgart das ausgedrückt. Denn der Nachfolger von Simon Baumgarten wird es mit seiner Wucht ordentlich krachen lassen. Vom Champions-League-Teilnehmer HC Motor Zaporozhye/Ukraine hat ihn der TVB nach Stuttgart geholt. Davor war der Koloss am Kreis in seiner Heimat, beim HC Metalurg Skopje, am Ball. Bei der WM im vergangenen Januar zeigte der 28-Jährige für die mazedonische Nationalmannschaft starke Leistungen und erzielte 24 Tore.
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Carsten Lichtlein: Im November wird er 39 Jahre alt, dann befindet sich der Torwart-Dauerbrenner mittendrin in seiner 20. Saison in der Handball-Bundesliga. Und irgendwie schließt sich für den gebürtigen Würzburger der Kreis. Nach dem Abstieg seines VfL Gummersbach stellt er sich noch einmal einem Neuanfang in der fränkischen Heimat: Beim HC Erlangen. „Ich habe noch immer einen Riesenspaß am Handball, ich bin gesund und bisher von größeren Verletzungen zum Glück verschont geblieben“, sagt der Europameister von 2016 (beim WM-Titel 2007 war er nominiert, spielte aber nicht). Nun hat der Marathon-Mann neue Ziele: Dem einzigen bayerischen Bundesligisten will er zum nächsten Entwicklungsschritt in Richtung vorderes Tabellendrittel verhelfen und persönlich den Bundesliga-Rekord knacken. Den hält derzeit Jan Holpert mit 613 Spielen, Lichtlein kommt auf 609 Spiele. Im Heimspiel gegen den TBV Lemgo Lippe am 15. September könnte er ihn einstellen.