Stuttgarter setzen Christo-Spektakel um Wie verpackt man den Pariser Triumphbogen?
Die Ingenieure von Schlaich Bergermann Partner aus Stuttgart haben das Tragwerk für Christos posthumes Kunst-Event entwickelt. Bis zum 18. September soll die Verhüllung des Arc de Triomphe vollendet sein.
21 Bilder
Foto AFP/ANDRE GROSSMANN
1 / 21
Der Arc de Triomphe verschwindet 16 Tage unter einem Stoffkleid – die Aufnahme zeigt eine von Christo angefertigte Zeichnung.
Foto Imago
2 / 21
Der Arc de Triomphe de l’Étoile in Paris wurde von 1806 bis 1836 im Zentrum des Place Charles-de-Gaulle (bis 1970 Place de l’Étoile) errichtet zum Gedenken an siegreiche Schlachten der Grande Nation.
Foto Imago
3 / 21
Unter dem Bogen liegt das Grabmal des unbekannten Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg mit der täglich gewarteten „Ewigen Flamme“. Von 18. September bis 3. Oktober wandelt sich das Monument in ein monumentales Päckchen.
Foto AFP Photo / Christo and Jeanne-Claude - 2019 Christo / Andre Grossmann
4 / 21
„L‘Arc de Triomphe, Wrapped“ ist das Kunstspektakel des Jahrzehnts. Fast sechzig Jahre ist es her, dass der junge Christo Wladimirow Jawaschew, vor dem bulgarischen Kommunismus nach Paris geflüchtet, in seiner Mansardenkammer Objekte zu Bündeln schnürte und dabei auch den Gedanken gebar, den Triumphbogen einzupacken. Mit den Skizzen und Zeichnungen, die Christo anfertigte und verkaufte, wird die Verhüllung finanziert.
Foto AFP Photo / Christo and Jeanne-Claude - 2018 Christo / Andre Grossmann
5 / 21
Die Pont-Neuf in Paris 1985, zehn Jahre später der Reichstag in Berlin – auf diese legendären textilen Verpackungs-Aktionen konnten die Ingenieure zurückgreifen, als sie 2019 mit der Tragwerksplanung für die Triumphbogenverhüllung beauftragt wurden. Trotzdem haben sie eine fulminante Pionierleistung vollbracht
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
6 / 21
Die Konstruktion aus vorgespannten Stahlseilen, die die Ingenieure entwickelten, sichert das monumentale Wickelpaket gegen Windlasten. Durch die punktuell am Gebäude befestigte Stahlseilstruktur werde das Paket „diskret ertüchtigt“, erklärt Mike Schlaich; an ihr können der mit Aluminium beschichtete Polypropylen-Stoff und die Seile verankert werden - unsichtbar für den Betrachter. In einem Pariser Vorort wurde ein Mock-Up im Maßstab 1:2 gebaut,
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
7 / 21
Der Ingenieur Mike Schlaich (Mitte) vor dem Mock-Up mit Christo (1935-2020) und dessen Neffen und engsten Vertrauten Vladimir Yavachev (rechts)
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
8 / 21
Die Bauingenieurin und Projektleiterin Anne Burghartz packte bei der Verhüllung des Triumphbogen-Modells mit an.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
9 / 21
„Wer hat schon mal den Triumphbogen verpackt?“ fragt Schlaich rhetorisch und schwärmt für die Bandbreite des Ingenieurberufs: „Tragwerk steckt überall drin – vom Solarkraftwerk bis zur Skulptur“.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
10 / 21
Die Tragwerklösung von sbp gibt dem verhüllten Monument genau das Aussehen, das sich der Künstler wünschte. Aus der Spannung zwischen der quasi bildhauerisch bearbeiteten, neuen Form und dem zu ahnenden Ursprungsgegenstand beziehen alle Verhüllungsprojekte Christos ihres Reiz.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
11 / 21
Der Polypropylen-Stoff werde lediglich an den Kreuzungspunkten der 36 Millimeter dicken roten Seile an der Unterkonstruktion befestigt, verrät Projektleiterin Burghartz. Das sei Christo sehr wichtig gewesen, „damit die Verpackung natürlich aussieht.“
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
12 / 21
Mit Hilfe solcher Seilklemmen ist der Stoff am Tragwerk aus vorgespannten Stahlseilen befestigt. „Mit Hilfe einer Seilklemme fassen wir den Knotenpunkt der Seile und verankern ihn durch einen Schlitz im Stoff hindurch nach hinten am gespannten Stahlseil“, erklärt Anne Burghartz.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
13 / 21
Die Herausforderung für die Ingenieure bestand darin, das Wahrzeichen so wenig wie möglich zu verletzen, zumal es schon von Hunderten Bohr- und Einschusslöchern übersät ist. Eine Gerüst-Lösung, die die Ingenieure ebenfalls berechnet hatten, wurde verworfen. 700 neue Bohrlöcher wären nötig gewesen, Form und Proportionen des Monuments hätten gelitten. „Wir wollten, dass auch ,drunter‘ Baukultur herrscht“, betont der Ingenieur Mike Schlaich.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
14 / 21
Als „neuralgischen Punkt“ bezeichnet Anne Burghartz die Taille, also jene Stelle, an der der Stoff nach innen durch den Bogen gezogen werden muss. „Hier wirken die größten Windlasten, muss die größte Stofffläche verankert werden, gleichzeitig befinden sich hier besonders viele Schmuckelemente.“ Deshalb klemmen sie in dieser Zone Holzboxen unterschiedlicher Höhe unter die Stahlseilspange und verpassen ihr so eine leichte Krümmung – so werden die Seile stärker belastbar.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
15 / 21
Die Pläne zeigen Position und Anordnung der roten Polypropylen-Seile nach Christos Entwurf.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
16 / 21
Wie setzt man Christos kühne künstlerische Vision ingenieurtechnisch um? Zwei Jahre lang haben Mike Schlaich und die Projektleiterin Anne Burghartz an der Tragwerkslösung getüftelt. In grüner Farbe ist die Stahlseilstruktur zu sehen, an der Gewebe und Seile verankert sind. „Da ist nichts dem Zufall überlassen, alles ist auf den Zentimeter genau mit Christo abgesprochen“, versichert Mike Schlaich.
Foto Imago
17 / 21
Engel und Trompeten, Krieger und Schwerter: Um die Fassadenornamentik zu schützen, konstruierten die Ingenieure Stahlkäfige, zwanzig Meter hoch, acht Meter breit, die vor die filigranen Skulpturen gestellt wurden.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
18 / 21
Hier sind die Stahlkäfige zu sehen, die vor die Reliefs gestellt wurden.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
19 / 21
Das Dach ertüchtigten die Ingenieure mit einem Stahlgitter aus sogenannten Z-Trägern, um es zunächst als Arbeitsbühne und dann auch Aussichtsplattform für Besucher zu nutzen. Von hier haben sich die Fassadenkletterer abgeseilt, wurden die Stoffbahnen abgerollt. Am 14. Juli begannen die Bauarbeiten.
Foto Schlaich Bergermann Partner sbp
20 / 21
Dieses Modell aus Holz ist 1,50 Meter groß, die grünen Stahlbau-Elemente wurden mit dem 3-D-Drucker gedruckt.
Foto Imago
21 / 21
„L’Arc de Triomphe, Wrapped“ wird die ganze Welt in den Bann ziehen.