Wahl zum DFB-Präsidenten Fritz Keller – für was er steht, was ihn erwartet
An diesem Freitag wird Fritz Keller zum neuen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gewählt. Auf den bisherigen Präsidenten des SC Freiburg wartet eine Menge Arbeit. Wir haben uns angeschaut, auf welchen Feldern – und wofür Keller bislang steht.
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Bisher Clubchef beim SC Freiburg, bald Präsident des DFB: Fritz Keller
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Keller, der Genussmensch und NetzwerkerEin vielfach ausgezeichneter Winzer, Gastronom und Hotelier aus Oberbergen am Kaiserstuhl tritt an die Spitze des größten deutschen Sportverbandes. Sohn Friedrich prägt seit einigen Jahren eine prämierte Stilistik von „Keller-Weinen“. Das Restaurant „Schwarzer Adler“, ein eigenes Weingut oder die dazugehörige „Kellerwirtschaft“ belegen, dass Gaumenfreuden bei ihm genau wie gemütliche Abende im Dreiländereck hoch geschätzt sind. Und dabei verbindet der eher konservativ geprägte Hausherr oft das Angenehme mit dem Nützlichen: Dass er als Gastgeber des Kaiserstühler Gesprächskreises selbst die Kanzlerin Angela Merkel vor ihrer Wiederwahl nach Freiburg lockte, zeigt seine gute Vernetzung, die bis in die Fußballbranche reicht. Auf den gerne unterschätzten Keller hatte sich bekanntlich kein Männerzirkel bei einer fröhlichen Wirtshausrunde verständigt, sondern ihn hatte die sechsköpfige Findungskommission von DFB und DFL gemeinsam mit einer Personalberatungsagentur auserkoren.
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Keller, der UnabhängigeFritz Keller (re./mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann) hat wie Grindel Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung und Verdienstausfallpauschale in Summe von 14 400 Euro monatlich. Glücklicherweise ist der 62-Jährige wirtschaftlich unabhängig. Kaum anzunehmen, dass er arglos eine Goldene Uhr aus der Ukraine annimmt, wie es Grindel angeblich passierte. Zudem soll ohnehin der gesamte wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in die DFB GmbH ausgelagert werden, um bei einem Haushaltsvolumen von 371 Millionen Euro in 2018 die Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden. Und auch die auseinander driftenden Interessen zwischen DFB, Uefa und Fifa münden für ihn nicht in unlösbare Konflikte, weil sich die Ämter künftig nicht mehr in einer Person bündeln; Keller wird die Jobs in den internationalen Gremien den DFB-Vize Rainer Koch machen lassen. Daran war ja vor allem der CDU-Mann Grindel gescheitert. In der Politik geht es eigentlich auch nicht, drei Partien von links nach rechts zu dienen – es sei denn, man ist Angela Merkel.
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Keller, der TemperamentvolleIm internen Umgang ist der eher als konfliktscheu geltende Keller (li./mit Ex-VfB-Präsident Bernd Wahler) gut beraten, sein bisweilen überschäumendes Temperament und eine dann zu schroffe Tonart zu zügeln. Der harmoniebedürftige Präsident des SC Freiburg kann auch sehr aufbrausend sein. Bei einer angeblichen Benachteiligung seiner Mannschaft kam – speziell gegenüber den Schiedsrichtern – schon mal sein Hang zum Cholerischen durch. Hinterher war ihm das selbst oft peinlich. Aber auch im Umgang mit Mitarbeitern ist das auf der Geschäftsstelle schon vorgekommen, selbst mit Bundesligatrainer Christian Streich hat er sich schon gefetzt. Ist das der Grund, warum nach der Strukturreform beim Sportclub seine Befugnisse beschnitten wurden? Wutausbrüche sollten jedenfalls in der Otto-Fleck-Schneise während seiner Anwesenheit unterbleiben, denn davon haben die mehr als 400 Mitarbeiter unter Grindels Regentschaft genug, obwohl die Verbandszentrale beileibe keine Schlangengrube mehr ist. Aber sehr wohl noch eine Großbaustelle.
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Aufgabe 1: Gräben zuschüttenFritz Kellers (li./mit Bundestrainer Joachim Löw) Aufgaben erinnern ein bisschen an das 150 Millionen Euro teure Leuchtturmprojekt mit der großen Baugrube auf dem Gelände der ehemaligen Frankfurter Galopprennbahn, wo die neue DFB-Akademie entsteht: Keller soll tiefe Gräben zwischen Amateur- und Profilager schließen. Und ein tragfähiges Fundament für die Zukunft legen. Der WM-Skandal 2006, das WM-Desaster 2018 oder die unglückliche Außendarstellung des mit der Ämterfülle überforderten Reinhard Grindel sollen nicht länger den Verband belasten. Dass Keller den Kulturwandel nicht alleine bewerkstelligen kann, versteht sich von selbst. Aber seine Vorstellung bei den Vertretern der Regional- und Landesverbänden kam gut an. „Eine One-Man-Show wird es nicht geben. Es geht für den Verband vor allem darum, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückzugewinnen.“ In allen Bereichen.
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Aufgabe 2: Bodenständig bleibenDie Liga-Vertreter reagierten auf diesen Kandidaten – gemessen am Feedback auf die Beförderung des damaligen Schatzmeisters Grindel – beinahe euphorisch. Der weitgehend unbelasteten Persönlichkeit wird zugetraut, den krisengeschüttelten Verband wieder in ruhiges Fahrwasser zu führen. Die Grundbedingungen dürften es ihm anfangs einfacher machen. Der oberste Dienstherr wird mit einer neuen Paragrafenfassung die Gesamtverantwortung und Richtlinienkompetenz los. Statt dessen „leitet er die Verhandlungen des Präsidiums und koordiniert die Arbeit der Mitglieder des Präsidiums“. Ein deutlicher Unterschied. Dazu ist der Präsident nicht mehr für die Belange der Nationalmannschaft zuständig. Angenommen, Bundestrainer Joachim Löw würde auch die EM 2020 früh in den Sand setzen, müsste Oliver Bierhoff als künftiger Geschäftsführer Sport der DFB GmbH die Folgen verantworten. Keller kann sich also auf die Basis konzentrieren – das macht ihn automatisch glaubwürdiger. Er muss nur aufpassen, dass er nicht nur als Repräsentant und Grüß-August, sondern auch als Entscheider und Macher rüberkommt.
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Aufgabe 3: Frauen und JugendSchwierig könnte es bei der Machtbeschneidung werden, dauerhafte Akzente zu setzen. Das Patenkind des 54er-Weltmeisters Fritz Walter – ein Originaltrikot hängt in seinem Sternerestaurant in Oberbergen am Kaiserstuhl – wird schnell die Lizenzvereine an ihre Verantwortung für den Frauenfußball erinnern. Der SC Freiburg macht schließlich vor, dass ein ähnlich geartetes Nachwuchskonzept für einen Männer- und Frauen-Bundesligisten sehr wohl funktionieren kann. Am Rande einer DFB-Ehrungsveranstaltung für die besten Jugendkicker erklärte der designierte DFB-Boss sehr deutlich, dass er vor einer Verpflichtung im Rahmen der Lizenzierung nicht zurückschreckt. Vereine wie Borussia Dortmund, FC Schalke 04 oder VfB Stuttgart müssten sich dann um eine Frauen-Abteilung kümmern. „Manchmal muss man die Clubs zu ihrem Glück zwingen“, sagt Keller. Er sieht Eintracht Frankfurt als beispielhaft an, die zur Saison 2020/2021 das Spielrecht vom Frauen-Rekordmeister 1. FFC Frankfurt übernehmen.