Seit fast 50 Jahren ruht die Sägmühle im Kaisersbacher Weiler Weidenhof im Dornröschenschlaf. Nun hat der Fellbacher Volker Kaiser das rund 200 Jahre alte, völlig zugewucherte Anwesen gekauft und will es wieder auf Vordermann bringen.

Kaisersbach - Der Fellbacher Reifenhändler Volker Kaiser kennt sich nicht nur mit Pneus aus, er versteht auch etwas von VW-Oldtimern, die er mit Vorliebe sammelt. Als er eines schönen Tages nach Waiblingen-Beinstein fuhr, um sich mit einer älteren Dame zu treffen, die einen von Liebhabern sehr begehrten VW-Bus T1, Baujahr 1963, besaß, da ahnte er noch nicht, wie sein Besuch bei der Seniorin enden würde. Der Reifenfachmann wurde damals, vor drei Jahren, mit der Rentnerin rasch handelseinig. Doch nach den Verhandlungen gehörte ihm nicht nur das vierrädrige Objekt seiner Begierde, sondern auch eine Sägmühle im Schwäbischen Wald –zwei Oldtimer auf einen Schlag.

 

Denn die Dame hatte auch diverse Immobilien im Angebot, unter anderem besagte Mühle im Kaisersbacher Weiler Weidenhof. Weil er ein Technikfreak und von allem begeistert ist, was surrt, rattert und sich irgendwie bewegt, vermochte Kaiser einfach nicht zu widerstehen, als ihn die Beinsteinerin zum Kauf ihrer Mühle animierte.

Fast 50 Jahre im Dornröschenschlaf

Den Schwäbischen Wald kann man sich nicht vorstellen ohne seine historischen Mühlen. Im Bereich von Welzheim und Murrhardt gibt es ein gutes Dutzend dieser Technikveteranen. Nun also ist Nachwuchs für die Mühlen-Oldies in Sicht: Volker Kaiser will die schon seit fast 50 Jahren stillgelegte Weidenhofer Sägmühle aus ihrem Dornröschenschlaf wecken und so den illustren Kreis der Waldmühlen um ein weiteres Exemplar bereichern.

Eines ist sicher: der Neueinsteiger hat jede Menge Mut, denn die wacklige Liegenschaft, die er sich da zugelegt hat, befindet sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Dass seine Pläne womöglich in eine Sisyphosarbeit ausartet, von solchen Gedanken lässt sich der frischgebackene Mühleneigner nicht schrecken.

Die Sägmühle steht im Wald am tief in den Stubensandstein eingeschnittenen Weidenbach. Die erste Begegnung war freilich nicht sonderlich romantisch, der Mann aus Fellbach fand seinen neuen Besitz kaum, denn ein fast undurchdringlicher Wildwuchs umzingelte das Anwesen. Im Inneren des Sägewerks wartete die nächste Überraschung: Dort musste er erst mehrere Container Müll und Gerümpel beseitigen, ehe er sich einen Überblick über das Interieur verschaffen konnte. Ähnlich sah es in dem zur Mühle gehörenden Wohnhäuschen aus, in dem einst der Sägknecht sein Dasein fristete, zu dessen Pflichten es auch gehörte, Holzdiebe zu verscheuchen.

Die Weidenhofer Sägmühle ist vor rund 200 Jahren entstanden und von drei Landwirten gemeinschaftlich betrieben worden. Der Rohstoff Holz war in der Umgebung reichlich vorhanden. Ausgestattet war das Bretterwerk mit einer Gattersäge, angetrieben von einem Wasserrad, später kam ein Dieselmotor dazu. Schon lange dreht sich kein Rad mehr in der Mühle, in dem Anwesen hausen Vögel, Mäuse und Waschbären. Für Kaiser ist es ,,das vorrangige Ziel“, die Sägemaschinerie wieder zum Laufen zu bringen. Dabei ist für ihn ein rauschendes Mühlrad ein ,,absolutes Muss, das gehört einfach dazu“. Das Ganze ist als Anschauungsprojekt gedacht für Leute, die wissen wollen, wie Technik zu Urgroßvaters Zeiten funktionierte.

Wasser für den Mühlteich

Doch zunächst ist einiges zu regeln. Kaiser hofft darauf, dass er den ausgetrockneten Mühlteich wieder aufstauen darf. Das ist noch nicht entschieden. Jedenfalls ist ihm schon bedeutet worden, dass er das Wasser des Weidenbachs nicht mit Karacho, sondern nur in moderatem Fließtempo übers geplante Mühlrad rauschen lassen darf. Sonst könnten im Teich lebende Amphibien weggespült werden und zu Tode kommen. Nicht zuletzt muss der 48-Jährige aufpassen, dass die Kaisersbacher Trinkwasserquellen unterhalb der Sägmühle nicht gefährdet werden. Mittlerweile sind es nach seiner Aussage neun Ämter, die bei der Reaktivierung der Mühle mitmischen.

Kaiser ist klar, dass sich sein Vorhaben über mehrere Jahre hinziehen wird – da gibt er sich keinen Illusionen hin. Anfangs, so erzählt er, waren die Kumpels Feuer und Flamme und boten sich als Mitschaffer an. Doch die Begeisterung habe schnell nachgelassen. ,,Sich regen bringt Sägen“, mit diesem Kalauerspruch hofft Kaiser nun noch Mitstreiter gewinnen zu können.