Es ist wieder Volksfest-Zeit. Auf dem Wasen und in der Innenstadt. Klar, dass der Wasenhocker wieder mit dabei ist. Heute berichtet er von der Artistenfamilie Weisheit. Und plädiert für schulfrei während des Volksfests.

Stuttgart - Sie heißen Weisheit, aber der WASENHOCKER zweifelt, ob ihre Berufswahl wirklich von so viel Weisheit getragen war. Ihr Arbeitsplatz ist ein wahrhaft luftiger, ihnen droht ständig der Absturz. Die 13 Mitglieder der Familie Weisheit balancieren dreimal täglich in vier Meter Höhe auf einem Drahtseil über den Schlossplatz. Für die Weisheits ist das ein Klacks, fahren sie doch sonst mit einem Motorrad in 40 Meter Höhe übers Seil, oder machen einen Handstand in 62 Meter Höhe.

 

Für das Historische Volksfest treten sie auf wie anno 1900, als Urvater Friedrich Weisheit die Truppe im thüringischen Zella-Mehlis gründete. Seit 118 Jahren sind sie Artisten. Momentan führt Peter Weisheit die Truppe und sagt sie an über die Flüstertüte. Patron Rudi Weisheit hat in Monte Carlo vor einigen Jahren Abschied genommen vom Leben auf dem Seil. Das ihm nicht nur Ruhm, sondern auch seine Frau Edeltraud beschert hat. Der WASENHOCKER hat von den Weisheits folgende Geschichte gehört.

Die Kindergärtnerin Edeltraud Pohl schaut 1960 in Stollberg bei einem Auftritt der Weisheits zu. Als die Artisten eine mutige Frau suchen, die sich auf den Schultern übers Seil tragen lässt, meldet sie sich. Sie steigt Rudi ins Genick, der trägt sie, als sie wieder auf festem Boden sind, schnappt Rudi die junge Frau, geht zu Edeltrauds Mutter und sagt: Ich heirate ihre Tochter. Gesagt, getan. 1961 kommt Sohn Peter auf die Welt. Natürlich wird er alsbald Seiltänzer. Obwohl alle Weisheits einen Handwerksberuf lernen. Peter ist Elektriker, Schlosser gibt es unter ihnen, Mechaniker, Schneiderinnen. Praktisch ist das, falls man nicht mehr balancieren mag oder kann, aber auch weil sie als Truppe Selbstversorger sind, kaum Hilfe brauchen.

Doch natürlich sind sie alle zuerst Seiltänzer, das liegt ihnen im Blut. Der jüngste Akrobat ist fünf Jahre alt. Andreas Weisheit hat übrigens dem WASENHOCKER zuliebe einen Trick gezeigt: Er hat sich auf dem Seil auf einen Stuhl gesetzt. Ohne Wackeln und Zittern verharrt er darauf. Der Mann hat Sitzfleisch.

Das Kasperle ist einsam und verlassen

Jetzt muss der WASENHOCKER noch eine Vermisstenanzeige aufgeben. Liebe Kinder, Ihr werdet verzweifelt gesucht. Und zwar vom Kasperletheater auf dem Schlossplatz. Voll ist es auf dem Platz, aber die meisten Besucher sind älteren Semesters. Klar, die Kinder sind bis zum Nachmittag in der Kita und in der Schule, aber das Kasperle fühlt sich schon etwas einsam.

Deshalb plädiert der WASENHOCKER für schulfrei, Volksfest-Ferien. Sie lachen? In München hat die Grüne und Rosa Liste dieses Jahr einen solchen Antrag gestellt. Um auf dem Oktoberfest Heimatkunde und Stadtgeschichte aus erster Hand zu erleben. Das Kasperle als Lehrer? Das könnte Schule machen.