Sieben Jahre hat Rihanna nicht mehr auf der Bühne gestanden. Als musikalischer Pausenfüller gab sie beim Super Bowl ihr Comeback. Ihre Performance war im Vergleich zu den Halftime Shows der vergangenen Jahre eher mittelmäßig. Dafür gab es einen ganz besonderen Überraschungsgast.
Halbzeitpausen bei Sportveranstaltungen sind normalerweise dafür da, dass Spieler und Zuschauer kurz durchatmen und sich erholen können. Doch wer nach dem zweiten Viertel des Super Bowls die Waschräume aufsucht oder sich Snacks und Getränke organisiert ist selbst schuld: man verpasst das Beste. Beim größten Sportfest seit Erfindung des American Football trafen heuer übrigens die Kansas City Chiefs auf die Philadelphia Eagles. Doch bei dem Spektakel gerät der Sport und auch der Sieg für Kansas fast zur Nebensache. Die Darbietungen in der Halbzeit wurden im Laufe der Jahre ebenso aufregend wie das Spiel selbst – wenn nicht noch spannender.
Ein Auftritt bei der Halftime-Show gilt als große Ehre
Wenn die National Football League, kurz NFL, zum Superbowl ruft, lassen sich auch Weltstars nicht lange bitten. Die Liste der musikalischen Akteure der Halftime Show liest sich wie ein „Who is Who“ der Gesangsbranche: Paul McCartney, Bruce Springsteen, Cher, Aerosmith, Phil Collins – und nun war die Reihe an Robyn Rihanna Fenty alias Rihanna. Es gibt keine größere Plattform, die man als Musiker bespielen kann. Beim Finale der Football-Saison werden traditionell Einschaltquotenrekorde erzielt, ein 30-Sekunden-Werbeeinspieler kostet 7 Millionen Dollar, und ein Auftritt gilt als große Ehre.
2023 wurde der Super Bowl im State Farm Stadium in Glendale ausgetragen. Die Arena steht in einem der zahlreichen Vororte der Stadt Phoenix im US-Bundesstaat Arizona. Und wie es sich für die Wüste gehört ging es heiß her. Die von der Karibikinsel Barbados stammende R&B- und Pop-Sängerin Rihanna brannte ein musikalisches Feuerwerk ab. Nach mehr als sieben Jahren Pause stand der Superstar zum ersten Mal wieder auf der Bühne. Ihr letztes Album stammt aus dem Jahr 2016. In der Zwischenzeit wurden Rihanna und ihr Partner, der US-Rapper Asap Rocky („Praise the Lord“), Eltern. Ihr Junge kam am 13. Mai 2022 in Los Angeles auf die Welt.
Baby im Bauch als Überraschungsgast
Rihanna schwebt auf einer fliegenden Bühne ein, natürlich gesichert, sie trägt eine Art roten Arbeitsanzug und Handschuhe. Um die Hüfte wird das Gewand von einem Gürtel nur notdürftig zusammengehalten. Darüber wölbt sich ein deutliches Bäuchlein. Nach der Show bestätigt die Königin des Pop ihre zweite Schwangerschaft. So einen Überraschungsgast gab es beim Super Bowl noch nie: ein Baby im Bauch. Umzingelt wird die 34-Jährige von einem Heer von Tänzern in weißen Ganzkörperanzügen, die in ihrem Kostüm auch im Corona-Testzentrum oder bei der Abteilung Spurensicherung bei der Polizei arbeiten könnten.
Bei „Diamonds“ funkelt das Stadion
Die neunmalige Grammy-Gewinnerin enttäuschte die Fans bei der Musikauswahl nicht und spielte einige ihrer größten Hits: „Bitch better have my money“, „Where have you been“, „We found love“, „Work“, Pour it up“, „Run this town“, „Umbrella“ und „Diamonds“. Dazwischen streute sie eine Cover-Version von „All of the Lights“ von Kanye West ein. Die Fans fanden’s toll: Model Cara Delevingne postete auf Instagram ein Foto von sich im Stadion, auf dem sie ein Motto-T-Shirt trägt. Die Aufschrift: „Ein Rihanna-Konzert, unterbrochen von einem Football-Spiel. Seltsam, aber egal.“
Der 15-Minuten-Auftritt wird mit obligatorischen Lichteffekten und Feuerwerk begleitet, am Schluss gab es passend zum Song „Diamonds“ ein funkelndes Lichtermeer. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen und Vorgängern bei der Super Bowl Halftimeshow erspart sich Rihanna aufwendiges Gehopse. Sie trippelt wie beim Seniorentanz nur ein bisschen auf der Stelle, was angesichts ihrer Schwangerschaft verzeihlich ist. Für die optischen Effekte sind die Statisten zuständig. Da es die erste Halftime Show von Neu-Sponsor Apple Music war hatten sich die Fans da mehr erwartet. Bei der Pressekonferenz im Vorfeld des Super Bowl hat die Pop-Queen verraten, dass es 39 verschiedene Pläne bezüglich der Songs gegeben habe.
30 Jahre Spektaktel
Die Halbzeitshow war viele Jahre einfach nur eine Bühne für Cheerleader, Laienchöre und Blaskapellen der lokalen Universitäten – bis 1991 mit den New Kids on the Block zum ersten Mal ein Top-Act den Pausenfüller spielte. 1992 folgte Gloria Estefan. Doch die entscheidende Duftmarke setzte Michael Jackson: Der King of Pop trat 1993 mit großem Brimborium im Rose Bowl Stadion in Pasadena auf und sang als Höhepunkt gemeinsam mit rund 3500 Kindern die von viel Pathos getragene Hymne „Heal the World“.
Pop statt Pinkelpause
Was da auf dem kalifornischen Kunstrasen geschah war fortan stilprägend. Pop statt Pinkelpause: Seitdem gilt die Show als weltweites Ereignis. Die Stars überlegen sich wilde Performances, marschieren mit Heerscharen von Tänzern und Musikern auf und destillieren aus ihren größten Erfolgen mithilfe spektakulärer Inszenierungen eine Essenz ihres Könnens. Und das alles in 15 bis 30 Minuten – ganz schön sportlich. Eine so große Bühne ist immer auch politisch, daher gibt es immer wieder mehr oder weniger offen transportierte Botschaften. 2017 in Houston sang Lady Gaga erst das vaterländische Lied „God bless America“ und seilte sich dann fliegend vom Stadiondach ab – die musikalische Dosis Patriotismus traf auf eine Nation, die sich unter Präsident Trump zu spalten drohte.
2002, wenige Monate nach den Anschläge vom 11. September, wurden hinter U2-Frontmann Bono zum Song „Where the streets have no name“ die Namen der Opfer eingeblendet.
Rihanna wurde schon einmal gefragt, ob sie beim Super Bowl auftreten möchte. Das war 2019. Doch sie sagte ab, um so gegen den Umgang mit dem schwarzen Quarterback Colin Kaepernick zu protestieren. Kaepernick hatte mit seinem Kniefall bei der US-Hymne im August 2016 eine Protestwelle in der NFL gegen Polizeigewalt und die Unterdrückung schwarzer Mitbürger ausgelöst. Seit seinem Abschied von den San Francisco 49ers im März 2017 nahm ihn kein Team mehr unter Vertrag. Im Februar 2019 kam es zu einer außergerichtlichen Einigung mit der NFL. Über die Höhe der Abfindung wurde Stillschweigen vereinbart. Auch Pink und die Rapperin Cardi B erteilten der NFL damals eine Absage. Stattdessen spielten Maroon 5.
Was war die beste Show ever?
In Fankreisen wird gerne diskutiert: Welches war die beste Halftime Show ever? Ziemlich weit vorne ist Jennifer Lopez. 2020 in Miami tanzte sie in einem Hauch von silbernem Nichts erst an einer Poledance-Stange und intonierte dann im Duett mit der ganz in Gold gewandeten Shakira „Let‘s get loud“. Oder war es die gemeinsame Version von „Uptown Funk“, 2016 im Levi’s-Stadion im kalifornischen Santa Clara gesungen von Coldplay-Sänger Chris Martin, Bruno Mars und Beyoncé? Oder der prunkvolle Auftritt von Madonna 2012 in Indianapolis? Rihannas Darbietung wirkte im Vergleich leider eher brav. Dafür hat sie in anderer Hinsicht Maßstäbe gesetzt: als erste Schwangere auf der NFL-Bühne.