Wohin mit dem Abendgymnasium? Diese Frage bewegt nicht nur deren Lehrer- und Schülerschaft, sondern auch die Politik. SÖS/Linke und SPD haben jetzt einen Vorschlag gemacht.

Stuttgart - Wohin mit dem Abendgymnasium? Diese Frage bewegt nicht nur deren Lehrer- und Schülerschaft, sondern auch die Politik. So stellen die Ratsfraktionen von SÖS/Linke und SPD jetzt den Antrag, das Abendgymnasium vom Schuljahr 2014/15 an in dem derzeit noch leer stehenden Gebäude der Neckar-Realschule nahe dem Hauptbahnhof unterzubringen. Dort sollen nach den Vorstellungen der beiden Antragsteller zudem nicht nur die Leitung und Verwaltung des Abendgymnasiums Platz finden, sondern auch eine Schule für Erwachsene entwickelt werden. Die Stadt möge die notwendigen Räume entsprechend vorbereiten, heißt es in dem Antrag.

 

Wie berichtet, muss das Abendgymnasium bis in einem Jahr aus dem Gebäude des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums ausgezogen sein, da dieses als Musikgymnasium die Räume dann selber benötigt. Die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann ist über den Antrag von SÖS/Linke und SPD verwundert. Denn die Neckar-Realschule sei aus drei guten Gründen von ihrem Standort an der Willy-Brandt-Straße ausgezogen: Erstens sei der Sanierungsbedarf immens und liege im „deutlich zweistelligen Millionenbereich“. Zweitens würde auch das Thema Lärmschutz im Blick auf den Bau von S 21 einen hohen Investitionsbedarf mit sich bringen. Drittens sei das Gebäude zu klein gewesen. Doch dies gelte für das Abendgymnasium. „Wir haben uns die Neckar-Realschule schon vor vielen Monaten angeschaut, aber der Standort ist zu klein, selbst für das Abendgymnasium.“

Die Schulbürgermeisterin wundert sich

Und die nächste Frage, die sich stelle, sei, „wer denn diesen deutlich zweistelligen Millionenbetrag investiert“. Denn, so die Bürgermeisterin im Blick auf die private Trägerschaft des Abendgymnasiums durch die Volkshochschule: „Auch hier würde man einen Präzedenzfall schaffen.“ Dass die Stadt hierzu nicht gewillt ist, hatten Eisenmann und ihr Bürgermeisterkollege Michael Föll bereits in der Sitzung des Verwaltungsausschusses vor den Sommerferien deutlich gemacht. Und noch mit einem weiteren Punkt in dem rot-roten Antrag ist Eisenmann nicht einverstanden: „Weshalb sollte die Stadt mit dem Land darüber verhandeln, das Abendgymnasium und die Schule für Erwachsene politisch und finanziell zu unterstützen?“, fragt sich die Bürgermeisterin. „Zunächst müsste das doch die VHS selbst tun.“

Auch im Liegenschaftsamt wundert man sich über den Antrag. Das Amt ist für die ehemalige Immobilie der Neckar-Realschule zuständig und hat sie an das Kolping-Bildungswerk vermietet – zur Zwischennutzung. Dieses ziehe dort am 1. September für zwei Jahre ein. Danach werde die Stadt das Gebäude voraussichtlich aufgeben und es an das Land veräußern. „Das Abendgymnasium war für mich kein Thema“, sagt Amtsleiter Thomas Zügel – die VHS suche doch einen dauerhaften Standort.

Kolping-Bildungswerk will mit der Volkshochschule kooperieren

Klaus Vogt, der Vorstand des Kolping-Bildungswerks, ist froh über den Zuschlag für die Zwischennutzung: „Der Vertrag ist unterschrieben. Wir ziehen für die nächsten zwei Jahre dort mit unseren ganzen Wirtschaftsschulen ein.“ Diese habe man durch die Übernahme des Bildungsparks der privaten Fachschule für Betriebswirtschaft und Datenverarbeitung (FBD) dazubekommen.

Vogt räumt aber ein: „Ich habe kein Problem, mit dem Abendgymnasium zu kooperieren. Wir sind morgens drin, da kann das Abendgymnasium abends rein.“ Ein entsprechendes Angebot liegt auch der VHS vor. Aktueller Anlass war ein StZ-Bericht vom 28. August. Darin hatte VHS-Vizechefin Ingrid Münnig-Gaedke ihre Hoffnung auf den Standort Neckar-Realschule geäußert. Allerdings, so Vogt, könne man dort nur mit zwölf Klassenzimmern dienen. Das Abendgymnasium benötigt aber 20 – plus Räume für Lehrer und Verwaltung.

Wäre für das Kolping-Bildungswerk auch eine Übernahme der Trägerschaft des Abendgymnasiums interessant? „Wir haben uns vor drei Jahren eine Abfuhr geholt“, so Vogt. Von der VHS war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten: weder zum Thema Übernahme noch zum Thema Kooperation bei der Nutzung des Gebäudes Neckar-Realschule.

Inzwischen betreibt durch die Übernahme von FBD auch das Kolping-Bildungswerk ein eigenes Abendgymnasium mit rund 60 Schülern und eine Abendrealschule mit 200 Schülern. Im Abendgymnasium der VHS sind es 550 Schüler.