Abgelöste Chefin des Landessenders SWR-Direktorin grüßt mit Drink vom Strand

„Auf Ihr Wohl!“Mit diesem Foto verabschiedete sich Simone Schelberg von der Mainzer SWR-Belegschaft . Foto: Screenshot

Erst wurde sie hoch gelobt. Nun kann sich der SWR nicht schnell genug von seiner Mainzer Senderchefin trennen. Viele Fragen bleiben offen – auch die, ob sie nun Geld fürs Nichtstun erhält.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Eigentlich wollte sich Simone Schelberg (52) bei einem winterlichen Glühwein im Parkhaus von ihren Kolleginnen und Kollegen beim Südwestrundfunk (SWR) verabschieden. Doch Corona durchkreuzte die Pläne der seit 2007 für die Berichterstattung aus Rheinland-Pfalz zuständigen Landessenderdirektorin. Also wandte sie sich per Mail an die Belegschaft am Standort Mainz, wo sie zwanzig Jahre gewirkt hatte. „So, Ihr Lieben, jetzt wird es langsam ernst…“

 

Ihr letzter Arbeitstag nahe, nach Silvester werde sie „in die Freistellung bis Juni“ starten. So sehr sie sich auf ihren Neubeginn freue, so sehr sei sie „auch traurig, fast melancholisch, ,meinen‘ SWR zu verlassen“, bei dem man so viel miteinander erreicht habe. Das angefügte Foto aber wirkte ganz anders: Da saß Schelberg im schulterfreien Sommerkleid am Strand, einen orangefarbenen Drink in der Hand, und lachte dem Betrachter fröhlich entgegen.

Erst hoch gelobt, dann abgelöst

Dolce Vita statt Termindruck und Konferenzen, aber noch fünf Monate in Diensten des SWR – mancher Adressat fühlte sich von dieser Botschaft leicht provoziert. Im Mainzer Funkhaus lieferte die Mail jedenfalls reichlich Gesprächsstoff, als vorläufig letzter Akt einer Trennung, die viele Fragen offen lässt. Staunend wird der Abgang der promovierten Juristin verfolgt, die schon in jungen Jahren beim Sender Karriere machte und zudem mit dem Personalchef Thomas Schelberg verheiratet ist. Am Ende, so scheint es, konnte man sie gar nicht schnell genug loswerden.

Dabei war der SWR voll des Lobes, als er im Juni per Pressemitteilung Schelbergs Abschied zum Sommer 2022 ankündigte. Sie habe „das Haus exzellent aufgestellt“, die Modernisierung vorangetrieben und die Beschäftigten mit ihrem kommunikativen Führungsstil motiviert. Für ihre „herausragenden Leistungen“ verdiene sie Dank und Anerkennung, ließ sich der Intendant Kai Gniffke zitieren. Warum die Landessenderdirektorin aufhört, wurde mit keiner Silbe erwähnt – auch die beliebte, oft allenfalls halb wahre Formel „auf eigenen Wunsch“ fehlte. Sie werde, hieß es nur, „neue berufliche Aufgaben übernehmen“.

Der Wechsel kann nicht schnell genug gehen

Erst nach der Pressedepesche verschickte Schelberg eine Rundmail, die keineswegs nach freiwilligem Abgang klang. Sie wolle das nun eben letzte Amtsjahr nutzen, um nochmals durchzustarten und das Funkhaus „perfekt … in neue Hände zu übergeben“. Gemeinsam werde man sich die nächsten zwölf Monate dafür engagieren. Doch es sollte anders kommen.

Schon im Juli bestellte der Landesrundfunkrat eine Nachfolgerin, die Sprecherin des Bundesfamilienministeriums und frühere SWR-Journalistin Ulla Fiebig (47); sie solle das Amt zum 1. Juni 2022 antreten. Drei Monate später galt auch das nicht mehr: Schon zur Jahreswende, hieß es nun, vollziehe man den Wechsel. Dies hätten Gniffke und Schelberg dem Landesrundfunkrat mitgeteilt. In der nächsten Sitzung werde die Direktorin das Gremium „über ihre weitere berufliche Perspektive informieren“.

Noch keine Angaben zum neuen Job

Auch diese Ankündigung blieb bisher uneingelöst. Schelberg befinde sich derzeit „in Gesprächen zu beruflichen Optionen“, teilt eine SWR-Sprecherin mit, daher könne sie nichts dazu sagen. Zeitdruck dürfte sie indes keinen haben, denn beim Sender ist die Direktorin nach eigenen Angaben nur freigestellt, also ohne Arbeitspflichten noch bis Juni unter Vertrag.

Der Flurfunk in Mainz geht davon aus, dass sie bis dahin auch ihre Bezüge als Mitglied der zehnköpfigen SWR-Spitze weiter erhält. Insgesamt drei Millionen Euro pro Jahr bekommt die Führungsriege ausweislich des Geschäftsberichts. Bei der Landessenderdirektorin dürfte das mindestens so viel sein, wie die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verdient – mit der das Ehepaar Schelberg eng bekannt ist. Das würde bedeuten, dass der Sender fast ein halbes Jahr lang zwei Direktorinnen für den gleichen Job bezahlt, eine davon fürs Nichtstun. Wie passt das zum Gebot, sparsam mit Gebührengeldern umzugehen? Zumal bei einer Anstalt, die gerade ein dreistelliges Millionendefizit auswies? Die SWR-Sprecherin schweigt dazu, „weil wir uns zu vertraglichen Angelegenheiten grundsätzlich nicht äußern“. Ob die Direktorin noch irgendwelche Leistungen für den Sender erbringt, bleibt ebenso unbeantwortet.

Schelbergs Abschiedsmail endete übrigens passend zum Foto mit dem Drink am Strand: „…auf Ihr Wohl!“

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