Die Zukunft des Wohngebäudes Wagenburgstraße 149-153 in S-Ost ist nach wie vor offen. Der Bau- und Heimstättenverein hat fertige Pläne für einen Neubau und würde lieber heute als morgen abreißen, im Gemeinderat wird dagegen über eine Erhaltungssatzung für das Gebiet nachgedacht. Dann würde der Verein allerdings keinen Cent in den Altbau investieren.

S-Ost - Dem Gebäude Wagenburgstraße 149-153 an der Ecke Talstraße/Wagenburgstraße in Gablenberg droht der langsame Verfall. Durch die anhaltenden Diskussionen über den Abriss oder Erhalt des Wohnhauses sind dem Bau- und Heimstättenverein als Eigentümer zurzeit die Hände gebunden. Eigentlich will der Verein den aus seiner Sicht maroden Gebäudekomplex abreißen und dort neue, zeitgemäße Wohnungen bauen. Allerdings wollen einige Fraktionen im Gemeinderat eine Erhaltungssatzung für das Gebiet durchsetzen, wodurch lediglich eine Sanierung des Gebäudes möglich wäre. Ulrich Goeser, der geschäftsführende Vorstand des Vereins, sagt dazu aber: „Wir werden in diese Substanz nicht investieren.“ Sollte die Erhaltungssatzung tatsächlich kommen, will der Verein prüfen, ob er gerichtlich dagegen vorgeht. „Dann wird sich dort drei bis fünf Jahre lang nichts tun, das Gebäude wird vor sich hin verfallen.“

 

Kaltmiete 8,50 Euro pro Quadratmeter angestrebt

Hintergrund der Diskussionen ist, dass das von 1928 bis 1930 errichtete Gebäude von dem bekannten Architekten Karl Beer entworfen wurde. In der von einem Anwohner ausgelösten Debatte geht es um Schlagwörter wie den Erhalt stadtbildprägender Gebäude, um die Denkmalschutzwürdigkeit des nicht geschützten Hauses – und auch um bezahlbaren Wohnraum.

Der Bau- und Heimstättenverein, dessen Vorsitzender Karl Beer einst war, hatte schon vor einigen Jahren ein Gutachterverfahren für das Areal durchgeführt, zu dem fünf Architekturbüros eingeladen worden waren. Der Neubau sollte 28 zumindest zum Teil barrierefreie Wohnungen mit bis zu 70 Quadratmetern Wohnfläche, zeitgemäßen Grundrissen und einer Kaltmiete von 8,50 Euro pro Quadratmeter bieten. Das waren die Vorgaben. Damals gab es auch eine Anfrage der Stadt wegen einer möglichen Kindertagesstätte, eine Tiefgarage war und ist ebenfalls geplant.

Eine Sanierung des Gebäudes ist aus Sicht des Vereins weder sinnvoll möglich noch wirtschaftlich darstellbar. Der Einbau von Aufzügen ist laut Goeser schwierig und teuer, die Wohnungen seien halbetagenweise versetzt, der damals verwendete einhäuptige Beton – es gab nur auf einer Seite eine Schalung – ziehe Feuchtigkeit, die Keller haben teilweise nur einen Stampflehmboden.

Im Keller kann man den Beton mit den Fingern wegkratzen

Goeser sagt, man können den Beton in manchen Kellern mit dem Finger abkratzen. Bei einer Sanierung des nach dem Krieg ohnehin schon stark veränderten Altbaus nach den heutigen gesetzlichen Vorgaben bliebe von der Fassade wegen des erforderlichen Wärmeschutzes nichts übrig, auch nicht die für Beer typischen kleinen, kaum nutzbaren Balkone. Deswegen tut sich der Vorstand des Bau- und Heimstättenvereins schwer mit den Forderungen nach einer Erhaltung des Gebäudes. An anderer Stelle, im Stuttgarter Norden, saniert der Verein dagegen gerade ein anderes, geschütztes Beer-Gebäude.

Ein Hauptargument des Vereins in seinem Kampf für den Abriss und einen Neubau sind die Mietpreise. Während eine Kaltmiete von 8,50 Euro pro Quadratmeter in einem Neubau in etwa der Durchschnittsmiete in Stuttgart-Ost entspricht, würde die Miete für die dann ebenfalls praktisch neuen Wohnungen in dem sanierten Altbau deutlich höher liegen. Nach Angaben des Vereins müsste er dann etwa 12 Euro verlangen. Goeser: „Eine solche Miete gibt der Standort aber nicht her.“ Und die Klientel, die eine solche Miete bezahlen könnte, würde nicht so nahe an die viel befahrene Talstraße ziehen.

Keine Kita, kleinere Tiefgarage

Inzwischen steht der Gebäudekomplex an der Wagenburgstraße zu zwei Dritteln leer. Die meisten der Mieter seien in andere Wohnungen des Bau- und Heimstättenvereins im Stadtbezirk Stuttgart-Ost gezogen, den Umzug hat der Verein bezahlt. Sollte der Neubau verwirklicht werden, haben sie den ersten Zugriff auf die Wohnungen.

Durch die veränderte politische Stimmungslage musste der Verein die ursprünglichen Pläne schon mehrfach ändern. Eine Kindertagesstätte wurde wieder gestrichen, weil die Stadt kein Interesse mehr hat, die Tiefgarage wird deutlich kleiner, weil ein bereits vereinbarter Grundstückshandel mit der Stadt ebenfalls nicht mehr aktuell ist. Entsprechend können auch den anderen Mietern im Gesamtquartier keine Stellplätze angeboten werden.

Ein Verkauf des Gebäudes an die Stadt, wie ebenfalls zum Teil gefordert, kommt für Goeser nur dann in Betracht, wenn die Stadt innerhalb von drei Jahren sachgerecht saniert. Das will er für den Fall vertraglich festschreiben – und einen Verkauf an einen anderen Investor ausschließen.