Der Gemeinderat hat entschieden, einen Antrag beim Land zu stellen, um ein selbstständiger Stadtkreis zu werden. Bei dem Vorhaben geht es um Status und Geld. Die Entscheidung trifft der Landtag – es wird mit einem mehrjährigen Verfahren gerechnet.

Reutlingen - Die Stadt Reutlingen möchte Stadtkreis werden und sich aus dem Landkreis Reutlingen lösen. Die Entscheidung darüber muss der Landtag mit der Zustimmung zu einem dementsprechenden Gesetz fällen. Am Donnerstagabend entschied sich der Gemeinderat mit 30 gegen zehn Stimmen dafür, beim Land Baden-Württemberg einen Antrag auf die so genannte Auskreisung zu stellen. Einen Rechtsanspruch darauf hat die Stadt nicht, es ist mit einem mehrjährigen Verfahren zu rechnen.

 

Oberbürgermeisterin Barbara Bosch (parteilos) argumentierte mit einem „Zugewinn an Demokratie, Selbstverwaltung und Bürgernähe“. Die Kluft zwischen der 112 000-Einwohner-Stadt und dem ländlich geprägten Landkreis Reutlingen sei zu groß geworden. Von seiner Leistungsfähigkeit sei Reutlingen in jeder Hinsicht vergleichbar mit anderen Stadtkreisen wie Heilbronn, Pforzheim oder Ulm. „Reutlingen erwartet eine Gleichbehandlung“, führte sie aus.

Gegner des Antrags sahen in ihren Stellungnahmen die finanziellen Vorteile als unbestimmt an, fürchteten die Schaffung von Doppelstrukturen in der Verwaltung und eine emotionale Spaltung zwischen dem Landkreis und der Stadt Reutlingen. Landrat Thomas Reumann ist ein erbitterter Gegner der Abspaltung.

In Reutlingen wurde seit 25 Jahren immer wieder über den Stadtkreis diskutiert, zu einem Antrag ans Land kam es bisher nie. Die letzten Auskreisungen dieser Art liegen 76 Jahre zurück, damals wurden Baden-Baden und Pforzheim kreisfrei.