Am Mittwochabend laufen die letzten Folgen der mehrfach preisgekrönten US-Serie „Desperate Housewives“. Vor acht Jahren schickte der Produzent Marc Cherry die Frauen auf einen Kreuzzug gegen die konservative Familienpolitik der Regierung Bush.

Stuttgart - Drei Dinge braucht die Frau. Eine Frisur, die jedem Tornado trotzt. Die Fähigkeit, eine dreistöckige Torte zu backen. Eine Smith & Wesson unterm Kopfkissen und keine Angst davor, sie zu benutzen. Hausfrauen leben eben gefährlich. Fragen Sie Bree van de Kamp (Marcia Cross). Sie ist der Liebling der US-Fernsehserie „Desperate Housewives“, eine Frau, der jedes Mal Epauletten auf den Schultern wachsen, bevor sie zum Wischmob greift, immer ein Lächeln auf den Lippen. Anti-bakteriell.

 

Heute Abend schlägt ihre letzte Stunde. Dann gehen die Lichter aus in der „Wisteria Lane“, einer Straße, die nach dem giftigen Blauregen benannt wurde, der in den Vorgärten wächst. Seit 2006 läuft die Serie auch im deutschen Fernsehen, bei Pro Sieben. Heute Abend zeigt der Sender das Finale als Doppelfolge. Höchste Zeit, zu fragen, wie es so weit kommen konnte: Eine Meisterin Propper als Serienheldin?

Bree Von De Kamp hat etwas geschafft, was hierzulande noch keiner vor ihr geschafft hat, nicht die CSU mit ihrer Familienpolitik, nicht der Papst und eine kindliche Kaiserin, die sich Schröder nennt, schon gar nicht. Den Hausfrauen wird ja gerne nachgesagt, sie würden aus Überzeugung das Haus hüten, um die Brut mit selbstpürierter Pastinake zu päppeln. Blödsinn.

Die balancieren ohne Netz aber mit doppeltem Boden

In der „Wisteria Lane“ ist nichts so, wie es scheint. Und so drastisch wie Bree & Co. hat uns das noch keiner gezeigt. Die verzweifelten Hausfrauen- schon der Titel der Serie lässt den Abgrund erahnen, über den sie balancieren, ohne Netz zwar, aber mit doppeltem Boden. So will es die Dramaturgie.         Der Autor und Produzent Marc Cherry prangerte die bizarren Auswüchse der konservativen Familienpolitik des US-Präsidenten George W. Bush (2001–2009) an, als er die „Desperate Housewives“ 2004 auf ihren Kreuzzug schickte – halb Drama, halb Comedy. Die Welt der Hausfrauen, das ist ein Knast, eine Kleinstadthölle, ein goldener Käfig. Sie leben Tür an Tür in einem fiktiven Kaff namens Fairview. Musterhäuser aus dem Katalog, chromglänzende Mittelstandslimousinen vor der Tür, der Rasen manikürt. Hier kennt jeder jeden. Hier wird alles geteilt, ob man will oder nicht. Lügen, Leid und Laster. Bree kann ein Lied davon singen. Ihr Ehemann Nummer eins neigte zum Sado-Masochismus und verstarb an einer Überdosis eines Herzmedikamentes.

Sein Nachfolger war Apotheker. Auch er wurde entsorgt, wie all die anderen Männer. Bree wechselte sie häufiger als den Filter ihrer Dunstabzugshaube. Ihr Sohn outete sich als schwul und sie selbst griff zum Alkohol.

Es liegt in der Natur dieser Satire, dass ausgerechnet die Sauberfrau am Ende der achten Staffel im Untersuchungsgefängnis landet für einen Mord, den sie gar nicht begangen hat. Gute Mädchen kommen eben in den Himmel, böse Mädchen überallhin. Das ist die Moral der Serie. Marc Cherry hatte zuvor als Drehbuchautor für die „Golden Girls“ gearbeitet, bevor er sie in seine ersten eigene Dramedy vertiefte.

Selbstverwirklichung unter extremen Bedingungen

Der Legende nach soll ihn eine wahre Geschichte dazu inspiriert haben. Der Fall Andrea Yates. 2001 ertränkte die psychisch kranke Hausfrau aus Houston (Texas) ihre fünf Kinder in einer Badewanne. Zuvor hatte sie mehrere Selbstmordversuche überlebt. Warnsignale, die ihre Familie   anscheinend   übersah.

Tatsächlich erinnert Bree van de Kamp in ihrer mechanischen Puppenhaftigkeit an Kathleen Turner in ihrer Rolle als mordende Mutter, in John Waters tödlich-heiterer Satire „Serial Mom“ aus dem Jahr 1994. Sie bewegt sich wie ferngesteuert durch einen Kosmos, den die Kameras in grell-giftige Farben tauchen. Dazu passt die Musik von Danny Elfman („American Beauty“). Er klingt nach einer Spieluhr. Die Hausfrauen leben in einer künstlichen Welt, das erleichtert es den Zuschauerinnen, sich mit den Frauen zu identifizieren. Bree, Susan, Gabrielle und Lynette – diese Frauen sind perfekt gestylte Mode-Puppen und wahre Heldinnen. Denn sie schaffen es noch unter extremen Bedingungen, sich zu verwirklichen – als Rabenmütter, Ehebrecherinnen oder, ja doch, als Mörderinnen.

Der amerikanische Traum? Hier wird er zum Albtraum. Sein Schrecken verblasste jedoch in dem Maße, wie die unausgesprochene Anklage der Hausfrauen ins Leere lief, weil sich der Wind im Weißen Haus gedreht hatte. Seit dem Amtsantritt von Barack Obamas 2009 ging es mit den Quoten der mehrfach preisgekrönten TV-Serie in den USA rapide bergab. Auch hierzulande schrammte sie zuletzt mit knapp zwei Millionen Zuschauern haarscharf am Senderschnitt von ProSieben vorbei. Nach knapp 180 Folgen war die Serie auserzählt. Spätestens als die knackfrischen Mütter Susan und Lynette erfuhren, dass sie Oma werden, war es Zeit, Abschied zu nehmen.

Marc Cherry arbeitet schon an der nächsten Serie

Fans können sich jedoch trösten. Die nächste Serie hat Marc Cherry schon im Block. Nach den „Desperate Housewives“ kommen die „Devious Maids“. Es sind lateinamerikanische Mädels, die sich als Hausangestellte für die Reichen und Schönen in Beverly Hills krumm machen und dabei vom großen Glück träumen.

 Produziert  wird die Serie  von Eva Longoria, der Frau, die Gabrielle war. Derzeit trommelt sie im  US-Wahlkampf für die Wiederwahl Obamas.

Es scheint, als habe die Serie aus Versehen doch noch einen Beitrag zur Emanzipation geleistet: Bye-bye, Housewifes.

Was wird aus den Hauptdarstellerinnen?

Teri Hatcher (47)
Sie spielte die tapsige Susan Mayer. Ihr sei der Abschied besonders schwergefallen, sagte sie. Das frühere Bondgirl, heute Mutter einer 14-jährigen Tochter, macht Extremsport. Zurzeit bekommt sie nur Nebenrollen.

Marcia Cross (50)
Sie verkörperte die perfekte Bree Van De Kamp. Privat ist sie Mutter der Zwillingsmädchen Eden und Savannah. Finanziell hat sie ausgesorgt: Mit zehn Millionen Dollar war sie laut „Forbes“ im Jahr 2011 auf Platz drei der Liste der bestverdienenden Schauspielerinnen.

Eva Longoria (37)
Sie war acht Jahre Gabrielle Solis und rangiert in der „Forbes“-Liste noch vor Cross. Longoria kam auf 13 Millionen und Platz eins, weil sie eine gefragte Werbefigur ist. Privat ist sie zwei Jahre nach der Trennung vom Basketballspieler Tony Parker mit dem New Yorker Football-Quarterback Mark Sanchez zusammen.

Felicity Huffman (49)
Die Supermutter Lynette Scavo hat privat nur zwei Töchter. Im März bekam sie einen Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood. Huffman verkauft Fitnessvideos und hat die Mütter-Website whattheflicka.com kreiert.