Manager Achim Agostini Von der Allgaier-Spitze ins „Schöck-Lädle“

Steffi Opitz ist regelmäßig im Laden anzutreffen, den Achim Agostini als Investor verantwortet. Foto: Geronimo Schmidt

Nach dem Aus beim Automobilzulieferer Allgaier, hat dessen früherer Geschäftsführer Achim Agostini in einen kleinen Laden in seinem Wohnort Schöckingen investiert. Flächenmäßig ist das Projekt wohl das kleinste, das er je verantwortete, die Bedeutung aber ist nicht minder gering.

Früher war Achim Agostini der Chef von mehr als 1700 Mitarbeitern, heute ist er sein eigener. Aus Sicht der einen backt er nun vermutlich kleine Brötchen. Aus Sicht der Schöckinger – und möglicherweise auch aus seiner ganz persönlichen Warte – ist das Schöck-Lädle aber unbestritten das wichtigste Projekt von Agostini. Der frühere Geschäftsführer des Autozulieferers Allgaier aus Uhingen hat mit seiner Investition die Nahversorgung in dem kleinsten Ditzinger Stadtteil gesichert.

 

Ob es sich um den 85 Quadratmeter großen Einkaufsmarkt handelt oder aber um eine 40 000 Quadratmeter große Fabrik, die er in seinem Berufsleben auch geplant und gebaut hat – die Themen sind doch dieselben, wenn es um Lieferketten und Lieferantentreue geht.

Leben auf der Überholspur

Den Selbstbedienungsladen einzurichten, war für ihn vor dem beruflichen Hintergrund deshalb keine Schwierigkeit. Agostini formuliert es anders: „Es hat mich nicht in Ehrfurcht erstarren lassen.“ Seine Augen lachen bei diesen Worten, er hadert nicht mit dem Vergangenen. „Ich bin mir sicher, das hätte man anders lösen können“, sagt er zwar über den Einstieg des chinesischen Investors bei Allgaier. Aber „alles hat seine Zeit im Leben.“ Denn während sein Aus bei Allgaier besiegelt wurde, wurde er mit einem Schicksalsschlag in seiner Familie konfrontiert. Dieser habe ihm vor Augen geführt, wie wichtig die Nahversorgung, also die Versorgung mit dem täglichen Bedarf, in Wohnortnähe sei, sagt er.

Seit drei Wochen ist das Schöck-Lädle geöffnet. /Geronimo Schmidt

Sein Leben wandelte sich. Seit seinem 16. Lebensjahr war er nach eigenem Bekunden stets auf der Überholspur unterwegs gewesen. Im Job war er sieben Monate im Jahr auf Achse, der soziale Mittelpunkt für seine Frau und seine beiden Söhne sei in dieser Zeit stets Schöckingen gewesen, sagt der 53-Jährige. Das war nun plötzlich anders. Mitte 2022 wurde Allgaier vom chinesischen Investor Westron übernommen. Agostini legte alle Ämter nieder.

Nach dem Aus des Selbstbedienungsladens Tante M reifte dann die Idee in ihm, in die Nahversorgung im Ort zu investieren – ganz abseitig war der Gedanke nicht, seine Verwandtschaft hatte einst im selben Metier ihr Geld verdient. Seine Söhne halfen bei der Einrichtung des Ladens mit, weshalb Agostini auch von einem „Familienprojekt“ spricht – mit Optionen der Erweiterung.

Jetzt gibt es in den Räumen der ehemaligen Volksbank seit drei Wochen wieder einen Einkaufsmarkt. Der Slogan „Regionales. Reines. s’Nötigste.“ verweist auf lokale Erzeugnisse von den heimischen Landwirten und Mühlen, ebenso auf regionale Fleisch- und Wurstwaren, Eier oder etwa Honig. Gleichwohl deckt das Sortiment den täglichen Bedarf ab. Anders als im Tante M gibt es darüber hinaus Alkohol. Der Zugang in den abgetrennten Bereich des videoüberwachten Ladens ist nur mit EC-Karte oder Personalausweis möglich. Für Agostini, der sich beruflich mit Automatisierungstechnik beschäftigt hatte, nichts Ungewöhnliches. Um überhaupt Zutritt zum Laden zu bekommen, ist zudem eine Kundenkarte erforderlich. Sie kann bei Bedarf auch mit Geld aufgeladen werden. Im Schöck-Lädle kann nur bargeldlos bezahlt werden.

Ob der Laden letztlich funktioniere, liege an den Schöckingern, sagt Agostini. Steffi Opitz, die zu den Servicezeiten im Laden anzutreffen ist, um etwa die Regale aufzufüllen, ist offen für Anregungen zur Sortimentserweiterung. „Wir schauen dann, was machbar ist“, sagt der promovierte Maschinenbauer Agostini über die Verhandlungen mit Lieferanten, wie etwa Edeka und Utz. Ihm schwebt zudem vor, Ehrenamtliche zu gewinnen, die das soziale Miteinander im Ort stärken, etwa durch Einkaufshilfen im Schöck-Lädle. Unweit vom Schöck-Lädle entfernt, so der Plan, will Agostini mit einem Weinhandel eine kleine Genusswelt schaffen, die zum Treffpunkt für alle werden soll.

Eine funktionierende Nahversorgung benötigt ihre Kunden

Der Plan
Achim Agostini war zuletzt Geschäftsführer des Uhinger Automobilzulieferers Allgaier, der Firma des früheren Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt. Nach dem Einstieg eines chinesischen Investors legte Agostini alle Ämter nieder und investierte in die Nahversorgung an seinem Wohnort Schöckingen.

Der Ort
Das „Schöck-Lädle“, wie der Lebensmittelmarkt nun heißt, befindet sich in einem ehemaligen Bankgebäude. Unmittelbar zuvor war dort ein Tante M, ebenfalls ein Selbstbedienungsmarkt. Zutritt ist nur mit einer Kundenkarte möglich. Das erhöhe das Sicherheitsgefühl der Kunden im Laden, sagt Achim Agostini. Die Entwicklung
Der kleinste Ditzinger Ortsteil Schöckingen hatte kurzzeitig weder Nahversorger noch Bäcker, nachdem nicht nur Tante M, sondern auch die Bäckerei Diefenbach ihre Filiale geschlossen hatte. Inzwischen gibt es in denselben Räumen „Derya’s Backstüble“, das mit Backwaren beliefert wird.

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