Frühlingsgefühle in Stuttgart, blutiger Terror in Ägypten – am Palmsonntag trat die Gespaltenheit der Welt einmal mehr krass hervor, meint Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Hier Frühlingssonne, Ferienstimmung, Fußballderby mit einem 2:0-Sieg für den VfB Stuttgart als krönendem Abschluss. So ein Sonntag, so wunderschön wie gestern . . .

 

Anderswo, in Ägypten, eine gänzlich andere Szenerie: Bilder der Zerstörung und der Trauer über Dutzende Tote und Verletzte bei zwei Bombenanschlägen auf Kirchen in den Städten Tanta und Alexandria, wo sich koptische Christen am Vormittag zum Gottesdienst versammelt hatten. So ein Sonntag, so grausam wie gestern . . .

Das Nebeneinander von Unbeschwertheit und Beschwernis, von Leben und Tod, ist tägliche Realität. Im Hintergrund läuft der Krieg in Syrien und im Irak wie ein endloser Horrorfilm. Wenn sich, wie am Freitag in Stockholm, der Terror dann räumlich nähert, wirkt das wie ein Magnet. Die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich – kurzfristig – darauf. Auch gestern war das der Fall.

Nicht nur Christen sind betroffen

Gestern war zudem Palmsonntag, der Auftakt der Karwoche, an dem an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert wird. Gläubige füllten die Kirchen – hier wie dort. Der Angriff an diesem Datum – eine Woche vor dem Osterfest – enthüllt eine perfide Logik: Die Attentäter wollten möglichst viele Menschen töten. Zugleich zielen sie darauf ab, Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen gegeneinander aufzubringen. Dieses böse Kalkül ist weltweit an vielen Schauplätzen festzustellen. Nicht nur Christen sind betroffen.

Was die Ferne solcher Ereignisse betrifft: Auch bei uns wurde gestern getrauert. Auch hier leben Kopten. 300 Familien zählt die koptisch-orthodoxe Gemeinde, die Pater Johannes Ghali von Stuttgart aus betreut. So klein ist die Welt.

jan.sellner@stzn.de