Vor allem Fiebersaft wird angesichts der Krankheitswelle bei Kindern derzeit arg vermisst. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht eher Probleme in der Verteilung als in der Liefermenge.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

In der aktuellen Aufregung über die Nachschubprobleme bei Medikamenten sticht die Sorge über den Mangel an Fiebersaft besonders hervor. Denn dieses Mittel wird vor allem für kleine Patienten benötigt. Es sei ein „Armutszeugnis, dass so simple Medikamente häufig nicht mehr verfügbar sind“, ärgert sich der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach. Es gebe zu wenige Anbieter, weil die Festpreisregelung in Deutschland zu einem Abwandern der Produktion in Billiglohnländer wie Indien und China geführt habe. Dort gebe es nun Schwierigkeiten mit den Lieferketten. Die Kinderärzte fordern Sofortmaßnahmen der Bundesregierung.

 

„Kein Rückschluss auf einen Lieferabriss“

Doch stimmt das – warum ist gerade der Fiebersaft vom Mangel betroffen? Nach Ansicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hat dies nicht nur mit der erhöhten Nachfrage wegen der hohen Zahl an Atemwegsinfektionen bei Kindern zu tun. Vielmehr würden sich manche Apotheken und Großhändler das Lager zu voll machen, was anderswo zu Lücken führe.

In einer „dringenden Empfehlung“ hat der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe des Instituts Anfang der Woche zu den Engpässen bei paracetamol- und ibuprofenhaltigen Kinderarzneimitteln (Säfte und Zäpfchen) festgestellt, dass aus den vorliegenden Daten „kein Rückschluss auf einen Lieferabriss“ gezogen werden könne – es würden vielmehr „kontinuierlich Arzneimittel in den Markt gebracht“. Dennoch sei deutlich ersichtlich, dass der Mehrbedarf durch die erhöhte Atemwegsinfektionsrate bei Kindern „derzeit nicht im vollen Umfang kompensiert werden kann“.

Apotheken haben verstärkt eingekauft

Bereits zwischen Ende Juni und Anfang Juli dieses Jahres sei bekannt geworden, dass einer der größten Anbieter der fraglichen Produkte die Winterbevorratung abgesagt habe. In der Folge sei ein deutlicher Anstieg der Einkäufe von Apotheken beobachtet worden, der vornehmlich den Fiebersaft mit Ibuprofen und Zäpfchen mit Paracetamol betroffen hätte. Die Verfügbarkeit der Produkte habe daraufhin erneut merklich abgenommen. Gleichzeitig hätten die stark gestiegenen Einkäufe zu regionaler Ungleichverteilung und Bevorratung mit den verfügbaren Beständen geführt. Daher sei nun auch von einer Verteilproblematik auszugehen.

Von unüblicher Bevorratung wird abgeraten

Laut dem Bundesinstitut bestätigten die aktuellen Daten, dass die verfügbaren Bestände und Produktionsplanungen dem Bedarf vor der Corona-Pandemie entsprächen, der aktuellen Nachfrage allerdings nicht gerecht werden könnten. Der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe empfiehlt daher dringend, „ eine Bevorratung, die über das Maß eines wöchentlichen Bedarfs hinausgeht, sowohl in Apotheken als auch im vollversorgenden pharmazeutischen Großhandlungen zu unterlassen“. Eine Bevorratung im üblichen Umfang oder gar darüber hinaus sei mit den aktuellen Beständen nicht realisierbar und führe zu einer Unterversorgung an anderer Stelle.

Tabletten statt Saft als Option empfohlen

Geprüft werden solle nun die Abgabe einer „festen oralen Darreichungsform“, also von Tabletten – Saft sollte an Kinder und Jugendliche ab neun Jahren ausschließlich auf Rezept abgegeben werden, wenn die Einnahme fester Darreichungsformen nicht möglich sei, rät der Beirat des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.

In etlichen baden-württembergischen Apotheken war Fiebersaft schon im Sommer ausverkauft, weshalb einige mit der aufwendigen Eigenzubereitung streng nach Rezept begonnen haben. Diese Maßnahme sei allerdings nur für Einzelfälle gedacht, heißt es noch immer.